Südostbayern
Kostenpflichtige Notaufnahmen? Das sagen die Kliniken in der Region

17.07.2018 | Stand 18.09.2023, 2:57 Uhr

Immer wieder sind die Notaufnahmen auch in den Kliniken der Region überfüllt. Aber soll man von Patienten, die keine Notfälle sind, deshalb jetzt eine Gebühr verlangen? Darüber ist ein Streit entbrannt. − Foto: dpa

Schmerzen im Rücken, unerklärliches Kopfweh oder ein Zeckenbiss, der anschwillt – es gibt viele Gründe, warum Menschen in die Notaufnahme von Krankenhäusern fahren. Nicht immer sind sie dort richtig: Ein Besuch beim Hausarzt oder ein Anruf beim ärztlichen Notdienst hätte es auch getan. Deshalb hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung KBV jetzt eine neue Gebühr für Notaufnahme-Patienten vorgeschlagen: 50 Euro aus eigener Tasche sollen sie bezahlen, wenn sie nicht wirklich ein medizinischer Notfall sind.

Auch in den Kliniken in der Region sind die Notaufnahmen immer wieder mal arg überfüllt. Deshalb wollte die PNP wissen: Was halten die Kliniken von dem Vorschlag? Oder gibt es vielleicht Alternativen? Wir haben uns umgehört.

- Die Arberlandkliniken in Zwiesel und Viechtach sehen den Vorschlag "sehr kritisch". "Die Kliniken werden allein gelassen, der Kommunikationsaufwand bleibt am Klinikum", bemängelt Sprecherin Stephanie Blüml. Denn wer soll entscheiden, ob der Patient wirklich ein "Notfall" ist oder ob er die 50 Euro bezahlen muss?

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- Auch die Kliniken am Goldenen Steig in Freyung, Grafenau und Waldkirchen sehen den Vorschlag der KBV eher kritisch. "Wenn sich Patienten bei uns vorstellen, müssen und wollen wir diese behandeln. Dies von einer Zahlung abhängig zu machen, entspricht nicht unserer Vorstellung von einer qualitativen und vertrauensvollen guten Versorgung unserer Patienten", erklärt Geschäftsführer Helmut Denk.

- Am DonauIsar Klinikum Deggendorf glaubt man, "dass eine solche Erziehungsmaßnahme mehr Schaden als Nutzen anrichtet, da vielleicht auch jene Patienten abgeschreckt werden, die ins Krankenhaus müssen, aber nicht genug Geld haben", erklärt Sprecher Jürgen Stern. Er erklärt aber auch: "Der Gesetzgeber hat klar formuliert, dass die niedergelassenen Ärzte für die Versorgung von leichteren Erkrankungen und Verletzungen zuständig sind. Die Notaufnahmen hingegen für lebensbedrohliche und ernste Ereignisse. Dennoch kommen viele Patienten mit grippalen Infekten oder Zeckenbiss in die Notaufnahme. Dies führt zu langen Wartezeiten und Unmut bei allen Beteiligten."

- "Ich halte davon nichts", sagt auch Stefan Nowack, Werkleiter am Klinikum Passau. "Wenn man meint, Gebühren eintreiben zu müssen, darf man nicht bei den Patienten anfangen, die in eine Notaufnahme kommen", erklärt er. Er befürchtet, dass dann nur noch die Patienten, die es sich leisten können, in die Notaufnahme kommen – und nicht mehr die, die wirklich Hilfe brauchen.

- Hinter die Frage, ob eine Notaufnahme-Gebühr für Patienten, die keine Notfälle sind, sinnvoll ist, setzt der Vorstandsvorsitzende der Kliniken Südostbayern, Dr. Uwe Gretscher, "ein großes Fragezeichen". Er sagt: "Da geht es eher wieder um das Schaffen von administrativem Aufwand." Für die Patientenversorgung bringe es nichts, ist sich Gretscher sicher.

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Lesen Sie dazu auch ein Interview mit Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte und Vizevorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, mit PNP Plus.