Durchatmen in der Länderspielpause
Austria-Ergebniskrise „hoffentlich überstanden“ – jetzt freut sich Michael Wimmer auf den Heimatbesuch

13.10.2023 | Stand 13.10.2023, 16:04 Uhr
Andreas Forster

Schwierige Zeiten in Violett: Michael Wimmer. Den Humor hat der Cheftrainer aus Dingolfing nicht verloren. − Foto: Imago Images

Nach einer starken Rückrunde steckte Austria Wien in den vergangenen Wochen in der Krise. Das ging natürlich nicht spurlos am 42-jährigen Dingolfinger Michael Wimmer vorbei, der seit neun Monaten Cheftrainer beim österreichischen Traditionsverein ist. Nach dem 4:0-Sieg gegen Blau-Weiß Linz hat sich die Lage ein wenig beruhigt. Im Interview der Heimatzeitung spricht Wimmer über das schwierige erste Saisondrittel, die Ziele für die weitere Spielzeit, über seine Freude an und mit seinem Ex-Klub VfB Stuttgart – und worauf er sich beim bevorstehenden Heimatbesuch ganz besonders freut.

Herr Wimmer, kurz vor der Länderspielpause hat Austria Wien einen 4:0-Sieg gegen Linz gefeiert. War das der erhoffte Befreiungsschlag?
Michael Wimmer: Ob es der Befreiungsschlag war, wird sich in den nächsten Spielen herausstellen. Grundsätzlich ist es so, dass wir schon im Derby gegen Rapid Wien eine deutliche Reaktion gezeigt haben. Wie die Mannschaft in Zwei-Mann-Unterzahl das eigene Tor verteidigt und sich damit das Unentschieden erkämpft hat, war schon herausragend. Diese positive Energie haben wir gegen Linz auf den Platz gebracht und hochverdient gewonnen. Mit diesem Gefühl lässt es sich in der Länderspielpause gut arbeiten.

Vorher gab es sechs sieglose Spiele in der österreichischen Ersten Liga. Bei vielen Spielen fehlte das Glück oder ist dies auch eine Qualitätsfrage?
Wimmer: Die negative Serie dauerte natürlich lange an. Und das macht auch etwas mit den Köpfen. Nichtsdestotrotz waren wir in vier von den sechs sieglosen Spielen die klar bessere Mannschaft. Wir haben die Spiele dominiert, aber jeder Fehler ist letzten Endes brutal bestraft worden. Ferner kamen auch noch unglückliche Schiedsrichterentscheidungen dazu. Es war keine Formkrise, sondern ich würde es tatsächlich als Ergebniskrise bezeichnen. Hoffentlich haben wir diese Phase nun überstanden.

War das unglückliche Ausscheiden in der Conference-Quali, nach einem mitreißenden Duell gegen Legia Warschau, für den Kopf der Spieler vielleicht ein bisschen zu viel?
Wimmer: Die Mannschaft hat in beiden Duellen eine sehr gute Leistung gezeigt. In Warschau haben wir, nach einer sensationellen Leistung, verdient mit 2:1 gewonnen. Man darf auch nicht vergessen, dass Legia eine Spitzenmannschaft in Polen ist. Das haben sie unlängst bewiesen, als sie Aston Villa besiegen konnten. Das Heimspiel war sehr emotional.

Natürlich war die Enttäuschung, nach dieser Achterbahnfahrt, sehr groß. Das kann man auch als Spieler nicht so leicht abschütteln. Wir wollten die Gruppenphase erreichen, obwohl wir alle wussten, dass es nicht einfach wird. Trotzdem steckt man sich als Sportler immer das maximale Ziel. Auch wenn wir uns nicht qualifiziert haben, kann man trotzdem sehr stolz sein auf die Leistungen im Europacup. Wir haben drei von vier Spielen gewonnen.

Apropos Qualität: Mit Lukas Mühl und den alles überragenden Stürmer Haris Tabakovic haben Sie zwei Leistungsträger verloren. Vor allem der Last-Minute-Abgang von Tabakovic wird auch Sie sehr überrascht haben, oder?
Wimmer: Mit Lukas haben wir den Kapitän verloren und Haris hat in der vergangenen Saison 20 Tore erzielt. Wir sind letztes Jahr Fünfter geworden und haben nun 20 Tore verloren. Da ist es klar, dass es nicht von heute auf morgen sofort besser wird. Da muss man die Ziele auch ein wenig nach unten korrigieren, das ist klar. Wie gut Haris ist, zeigt er in Berlin, wo er nahtlos seine Torjägerqualitäten unter Beweis gestellt hat. Ich persönlich freue mich für Haris, dass er bei einem guten Verein in Deutschland spielt. Nun müssen eben andere in die Bresche springen und mit Andi Gruber haben wir einen Offensivspieler, der nun ganz oben in der Torjägerliste steht. Letzten Endes geht es im Fußball ja immer weiter und die Wechsel sind schon lange für mich abgehakt.

Sie müssen jetzt noch mehr auf junge Spieler setzen. Könnte Fisnik Asllanni, ein 21-jähriger Deutsch-Kosovare, die Lösung im Sturmzentrum sein?
Wimmer: Da muss man noch vorsichtig sein. Fisnik ist aus der Regionalliga zu uns gekommen. Natürlich hat er auch bei den Profis in Hoffenheim mittrainiert. Wichtig ist, dass er ehrgeizig ist und sehr gute Anlagen hat. Den Druck, dass er Tabakovic ersetzen soll, will ich ihm sicherlich nicht machen. Wir haben auch weitere gute Jungs. Nun gilt es mit den Spielern zu arbeiten und sie auf ein Level zu bringen, damit sie dem Verein kurz- und mittelfristig auch helfen können.

Die Saison ist noch lang. Plant die Austria ab dem 1. Januar noch einmal auf dem Transfermarkt zuzuschlagen, um den sechsten Platz zu erreichen?
Wimmer: Wir wollen den sechsten Platz erreichen, obwohl wir momentan fünf Punkte Rückstand auf diesen wichtigen Platz haben. Dieses Ziel können wir auf jeden Fall erreichen. Zudem wollen wir im ÖFB-Cup so weit wie möglich kommen. Demzufolge werden wir die Augen offen halten nach Verstärkungen. Wenn wir das Gefühl haben, dass uns ein Spieler qualitativ weiterbringt, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass wir auf dem Transfermarkt zuschlagen werden.

Ihr Ex-Club VfB Stuttgart surft auf der Erfolgswelle. Serhou Guirassy ist einer der Topstürmer in Europa. Freuen Sie sich mit?
Wimmer: Ich freue mich tierisch für ihn. Er hat schon vorher unter Beweis gestellt, dass er ein Stürmer auf Weltklasseniveau ist. Ich habe generell noch sehr guten Kontakt nach Stuttgart, weil wir damals im Guten auseinandergegangen sind. Deshalb hoffe ich, dass die Fans endlich wieder eine sorgenfreie Saison erleben. Bis jetzt schaut es sehr gut aus.

In Dingolfing findet der Kirta statt. Werden Sie die Länderspielpause nutzen, um in ihre Heimatstadt zu kommen?
Wimmer: Die Zeit werde ich definitiv nutzen, um in meine Heimatstadt zu kommen und vor allem meine Familie zu sehen. Selbstverständlich ist auch ein Besuch auf dem Kirta geplant. Ich freue mich, viele Freunde und Bekannte auf ein Bierchen wieder zu sehen. Und meine Frau und mein Kleiner freuen sich, wenn sie mit mir übers Volksfestgelände flanieren können. Ich muss ehrlich sein: das wird auch ein Highlight für mich werden.