Deggendorf
Raddemo: Für eine Verkehrswende in Deggendorf

Forderung nach besseren Bedingungen – Gegen weitere Straßenbrücke

25.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:08 Uhr
Diana Millgramm

In Niederbayern gibt es eine deutliche Unterversorgung an Fahrradwegen, stellte Andrea Zellner, Ortsvorsitzende der Grünen Metten/Offenberg fest. −Foto: Diana Millgramm

Eine Fahrraddemo für die Verkehrswende in Deggendorf hat am Wochenende stattgefunden. Los ging es am Oberen Stadtplatz vor dem Alten Rathaus.

Nach einer kurzen Begrüßung radelten die Teilnehmer über die Friedenseiche, die Hans-Krämer-Straße und die Edlmairstraße bis zum Spielplatz „Donauspiel“ in den Deichgärten im ehemaligen Donaugartenschaugelände, wo eine neue Donaubrücke im Gespräch ist.

„Es bedarf einer Mobilitätswende für den Umweltschutz, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen“, stellte bei den Redebeiträgen Rolf Sihr, Kreisvorsitzender der ÖDP, fest. „Hierbei hat das Fahrrad als umweltfreundlichstes Fahrzeug ein großes Potenzial.“ Bereits 2017 sei von der bayerischen Staatsregierung beschlossen worden, den Radverkehrsanteil auf 20 Prozent zu verdoppeln. Lediglich ein Prozent Anstieg habe man bisher verzeichnen können. „Alles nur heiße Luft“, kritisierte er die Versprechen der CSU. Aus diesem Grund fordere das Bürgerbegehren „Radentscheid Bayern“ nunmehr ein Gesetz, mit dem die Bedingungen für Radfahrer deutlich verbessert werden sollen. Das Gesetz sei notwendig, um Radfahren sicherer zu machen, da immer noch notwendige Infrastruktur vielerorts fehle. „Ich selbst wurde auf der neuen Umgehung von Plattling, wo ein Radweg komplett fehlt, im Dezember von einem Kraftfahrzeug vom Rad gefahren“, berichtete er.

Im ländlichen Raum fehle es auch an einem guten Verbund von Fahrrad und Nahverkehr sowie sicheren Abstellmöglichkeiten. Verschmutzungen durch Wege, die gleichzeitig von der Landwirtschaft genutzt werden, und schlecht befahrbare Untergründe seien weitere Dinge, über die man sprechen müsse. „Unter diesen Bedingungen ist es keineswegs verwunderlich, dass der Radverkehrsanteil nicht gesteigert werden konnte“, fasste Sihr, der gleichzeitig als lokaler Vertreter des Radentscheids fungierte, zusammen. Sein Fazit: „Wir benötigen ein Radgesetz für eine gute Radinfrastruktur.“

Zweitschlechteste Rad-Infrastruktur in Deutschland

In ganz Deutschland sei Deggendorf der Landkreis mit der zweitschlechtesten Infrastruktur für Radfahrer. „In ganz Niederbayern gibt es eine deutliche Unterversorgung an Fahrradwegen“, stellte auch Andrea Zellner, Ortsvorsitzende der Grünen Metten/Offenberg fest. Dies stelle eine ernsthafte Herausforderung für die Sicherheit und Mobilität von Fahrradfahrern dar – „die dazu führen kann, dass die Menschen das Rad nicht als Transportmittel nutzen“. Es sei dringend erforderlich, dass die Entscheidungsträger die Bedeutung von Fahrradwegen als integralen Bestandteil eines modernen Verkehrssystems erkennen. „Es ist wichtig zu betonen, dass eine nachhaltige Verkehrspolitik, die den Radverkehr fördert, nicht nur positive Auswirkungen auf die Umwelt hat, sondern auch auf die Gesundheit, Lebensqualität und Verkehrssicherheit von uns allen.“ Aber auch die Idee, ein leistungsfähiges und klimafreundliches Schienennetz in Niederbayern zu schaffen, könne einen Schritt in die richtige Richtung darstellen, ging sie auf das S-Bahn-Konzept der Grünen im Landtag ein.

Das Konzept würde zeigen, dass auch die Menschen in Niederbayern es wert seien, Öffentlichen Personennahverkehr zur Verfügung gestellt zu bekommen, „der es uns ermöglicht, auf ein Auto oder gar Zweitauto zu verzichten“, so Zellner. „Dieser Ausbau würde uns auch eine neue Brücke in Deggendorf ersparen, die sicher wieder viele Millionen verschlingen wird – und wer Straßen sät, der wird Verkehr ernten“, warnte sie. „Die Deggendorfer CSU täte gut daran, nicht nur für Senioren die Busfahrt umsonst anzubieten, sondern auch für die Kinder, Jugendlichen und deren Familien.“

Stadtrat Christian Heilmann von den Grünen berichtete von den Problemen im Stadtrat, Tempo-30-Zonen in Deggendorf durchzusetzen. „Außer es haben 130 Anwohner dafür unterschrieben, dann geht das.“ Hauptargument dagegen sei stets, dass dann Rechts-vor-Links gelten würde. Planer hätten außerdem festgestellt, dass ein 30-Minuten-Takt bei den Bussen am sinnvollsten wäre, um den ÖPNV in Deggendorf zu beleben und sinnvoll nutzbar zu machen . „Das wären Mehrkosten von 700000 Euro im Jahr – die könnten wir vom Geld für die geplante Brücke über 100 Jahre finanzieren.“ Da manch Mitglied im Stadtrat diese Zahlen nicht habe nachvollziehen können, habe man das Verkehrskonzept, auf das vier Jahre hingearbeitet worden sei, dann nicht beschlossen, sondern nur zur Kenntnis genommen, kritisierte er.

Begeistert zeige man sich im Stadtrat auch immer bei Besuchen in anderen Innenstädten. „Aber wenn ich eine Fußgängerzone für Deggendorf fordere, dann will man das nicht – die Menschen müssen mit den Autos bis vor die Geschäfte fahren können, dabei haben wir mehr Parkhäuser als überall anders.“ Auch die fehlende Busanbindung an das elypso ärgerte ihn.

Radwegenetz mit Vorrang finanzieren

„Für die Stadt entsteht gerade die Planung für ein hochwertiges Radwegenetz, mit einem durchgängigen Radwegesystem. Wir wollen uns mit der Raddemo dafür einsetzen, dass diese Planung mit Vorrang finanziert und umgesetzt wird. Denn im Vergleich zum aktuellen Radwegenetz lassen sich für das Fahrrad schon mit wenig Aufwand gewaltige Sprünge nach vorn machen. Zusammen mit der überfälligen Verlagerung von Gütertransporten von der Autobahn auf die Schiene schafft das die Voraussetzungen, um auf eine zusätzliche Brücke über die Donau verzichten zu können“, erklärt Georg Kestel, Vorsitzender des Bund Naturschutz Deggendorf. Die Stadt bemühe sich außerdem um die Auszeichnung als fahrradfreundliche Kommune. „Darum hoffen wir, dass künftig mehr Geld in die Infrastruktur für Radfahrer gesteckt wird, statt neue Großprojekte wie den Bau einer neuen, überflüssigen Kfz-Brücke zu finanzieren.“ Während sich jeder Euro im Radwegenetz mehrfach lohne, brauche es zig Millionen Investitionen, um überhaupt noch Verbesserungen beim Straßenbau erreichen zu können.

Auf das geplante Brückenprojekt ging dann noch einmal Cornelia Vogl-Dobler ein. „Damit würde das Erbe der Gartenschau zerstört und der Freizeit- und Erholungswert massiv beeinträchtigt.“

− mil