Laufende Tarifverhandlungen
Gewerkschaft droht Südzucker mit Streik: Kommt es nach Ostern zur Zuckerknappheit?

22.03.2024 | Stand 22.03.2024, 19:47 Uhr

Scheitern die Tarifverhandlungen mit der NGG erneut, könnten in der Zuckerfabrik in Plattling die Bänder stillstehen. − Foto: Laitinen

Kommt es nach Ostern zu einer Zucker-Knappheit im Land? Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) droht das zumindest an, sollten die laufenden Tarifverhandlungen mit der Zuckerindustrie erneut scheitern. Dann würde auch die Produktion im Werk Plattling still stehen.





Die NGG will die „Zucker-Bremse“ ziehen: „Es kann in den kommenden Wochen ein gewisses ‚Zucker-Defizit‘ geben“, warnt NGG-Geschäftsführer Kurt Haberl. Grund dafür ist ein Tarifstreit mit der Zuckerindustrie. Dabei geht es vor allem auch um die rund 240 Beschäftigten des Südzucker-Werks in Plattling. Für sie fordert die NGG ein Lohn-Plus von 9,8 Prozent. Außerdem sollen Azubis 190 Euro mehr pro Monat fürs Portemonnaie bekommen.

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Südzucker will sich zu Streikandrohung nicht äußern

Das Angebot der Arbeitgeberseite beträgt 4 Prozent plus eine Inflationsprämie. Das bestätigt Dr. Dominik Risser von der Südzucker AG in Mannheim auf Nachfrage unserer Zeitung. Weiters wolle sich Südzucker zu einer möglichen Störung der Betriebsabläufe durch einen Warnstreiks nicht äußern oder den Aufruf dazu kommentieren, hieß es.

Das Angebot der Arbeitgeberseite „reicht bei weitem nicht, um die Inflation auszugleichen. Die hat nämlich in den letzten beiden Jahren gewaltig auf den Lohn gedrückt: Die Kaufkraft ist seitdem regelrecht weggerutscht“, so Haberl. Dagegen habe die Zuckerindustrie „im Sog der Inflation kräftig die Preisspirale nach oben geschraubt“: „Sie hat ein enormes Umsatzplus gemacht und satte Gewinne eingefahren. Davon haben zwar auch die Zuckerrübenbauern der Region profitiert – vor allem aber die Südzucker AG selbst“, sagt Kurt Haberl. Der 62-jährige Osterhofener weiß, wovon er spricht. Er selbst startete seine berufliche Karriere bei der Südzucker in Plattling, hat dann aber die Seiten gewechselt und kämpft seit Jahren für die Belange der Beschäftigten in der Lebensmittelherstellung und Gastronomie. Etwa für das Bäckerhandwerk, für das er 2022 einen erfolgreichen Tarifabschluss erzielen konnte.

Bei den letzten Tarifverhandlungen in der Zuckerindustrie wurden am 28.Februar 2023 für 12 Monate eine Lohnsteigerung von insgesamt 7,5 Prozent, verteilt auf zwei Stufen, erzielt. Haberl weist aber gegenüber unserer Zeitung darauf hin, dass damals harte Zeiten hinter der Zuckerindustrie lagen. Das habe sich im vergangenen Jahr aber geändert. Der Südzucker-Konzern meldete von März bis Dezember eine Steigerung des operativen Ergebnisses von 536 auf 860 Millionen Euro, der Konzernumsatz wuchs um 10 Prozent.

Warnstreiks drohen ab April in allen Zuckerfabriken

„Sind die Arbeitgeber nicht bereit, deutlich mehr in die Lohntüten zu packen, dann wird das auch für den Südzucker-Standort in Plattling Konsequenzen haben: Ab April drohen Warnstreiks in allen Zuckerwerken. Wenn es dazu kommt, dann werden weder Tüten- noch Würfelzucker verpackt. Und auch die Produktion von Zuckersticks für die Gastronomie steht dann vorübergehend still“, so Kurt Haberl. Anders als bei früheren Streiks werde es diesmal nicht nur um ein paar Stunden gehen. „Dieser Streik wird länger gehen.“

Auch die Lebensmittelindustrie müsse sich dann auf einen „Zucker-Engpass“ einstellen. „Das hätte dann Folgen für eine ganze Palette an Produkten, die ohne Zucker nicht funktionieren: von der Schokolade über die Marmelade bis zur Limonade“, so der Geschäftsführer der NGG Niederbayern.

Niederbayern konsumiert 42,295 Tonnen Zucker pro Jahr

Zucker ist eines der wichtigsten und beliebtesten Grundnahrungsmittel in Deutschland. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt nach aktuellen Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bei 91 Gramm am Tag beziehungsweise 33,2 Kilogramm im Jahr. Umgerechnet auf das ganze Jahr wären das allein im Landkreis Deggendorf 4.054 Tonnen Zucker, die konsumiert werden. Auf Niederbayern hochgerechnet sind es gar 42.295 Tonnen im Jahr. Zur Veranschaulichung: Das wäre ein Berg aus 14,1 Milliarden Zuckerwürfel.

Kurt Haberl sieht allerdings noch keinen Grund für „spontane Hamsterkäufe“ im Supermarkt: Am 27. März gebe es noch eine dritte Tarifrunde. „Dann entscheidet sich, ob die Zuckerindustrie bereit ist, beim Lohn nachzulegen“, so Haberl. Die Beschäftigten des Zuckerwerks in Plattling erwarteten jedenfalls, dass die Arbeitgeber bei der Bezahlung „noch kräftig nachsüßen“.