60 Prozent der Neuen hören wieder auf: Schiri-Problem in Niederbayern – und eine düstere Prognose

26.09.2019 | Stand 19.09.2023, 1:17 Uhr

Schiedsrichter-Silhouette beim Bundesliga-Spiel: Der Amateurbereich leidet unter Mangel an ausgebildeten Spielleitern. Eine Tendenz, die sich verstärken wird, wie die Verbandsverantwortlichen prognostizieren. −Foto: Imago Images

Die Zahlen sind eindeutig: Zehn bis 20 Fußball-Schiedsrichter fehlen jeder der acht SR-Gruppen in Niederbayern, sagt Robert Fischer (53), der Bezirksobmann der Referees. Die Folgen dieser Entwicklung sind spürbar. Seit dieser Saison müssen fünf Reserve-Ligen im Kreis Niederbayern Ost ohne ausgebildeten Schiedsrichter auskommen. Es ist zu befürchten, dass dies nur der Anfang ist. Der Bayerische Fußballverband (BFV) und die Schiedsrichter selbst haben zwar diesem Trend den Kampf angesagt – und tun sich doch sehr schwer, Einsteiger zu finden.

Die Gründe für den Mitgliederrückgang bei den Schiedsrichtern sind vielfältig. Der demografische Wandel hat ohnehin den Fußball insgesamt erreicht. Außerdem sorgen Fußballer, Trainer und Fans für Abschreckung. Dazu hat Robert Fischer ein aktuelles Beispiel parat: "Zwei Trainer einer D-Junioren-Mannschaft haben einen jungen Schiedsrichter nach dem Spiel so heftig bedroht, dass er am nächsten Tag gleich seinen Ausweis abgegeben hat", beschreibt der 53-Jährige aus Kirchberg im Wald. "Sowas tut uns brutal weh." Kein Einzelfall. Fischer rechnet vor, dass etwa 60 Prozent der Schiedsrichter-Neulinge binnen der ersten zwei Jahre wieder aussteigen. Sechzig Prozent! Natürlich sind nicht nur die Beleidigungen und Anfeindungen schuld. Viele stellen einfach auch fest, dass die Schiedsrichterei doch nichts für sie ist. Meistens sehr schnell sogar: "Von 15 Teilnehmern unseres diesjährigen Neulingslehrgangs pfeifen lediglich drei", erzählt Roland Schrank (48), stellvertretender Obmann der Gruppe Bayerwald.

Dabei mussten er und seine Kollegen viel Zeit und Kraft aufbringen, um überhaupt Teilnehmer (ab 14 Jahren) für den Ausbildungskurs (ca. sieben Lehrabende) zu gewinnen. Immer kreativer und intensiver müssen SR-Gruppen für sich werben – bei Vereinen, in sozialen Medien oder an Schulen. Im Juli hielt die Gruppe Bayerwald einen Kurs an einer Schule im Landkreis Regen ab. Anstelle des Unterrichts konnten sich Jugendliche kurz vor den Ferien zum Fußball-Referee ausbilden lassen. 15 Teilnehmer, einer pfeift tatsächlich. Ein bescheidenes Ergebnis. Die Gruppe Bayerwald hat bereits eine weitere Idee ausgetüftelt: einen Schuppertag. Interessierten soll einen Tag lang (Samstag, 12. Oktober) das Hobby Schiedsrichter schmackhaft gemacht werden. Mit Gratis-Essen, Spielbeobachtung und Erläuterungen von aktiven Unparteiischen. "Die Teilnehmer können unverbindlich reinschnuppern", merkt Roland Schrank aus Tittling an. "Wir müssen sowas einfach versuchen", schiebt er nach.

Auch, weil der Tiefpunkt noch gar nicht erreicht ist, wie Bezirksobmann Robert Fischer anmerkt: 50- bis 75-Jährige bilden nämlich mehr oder weniger die Basis der niederbayerischen Schiedsrichter. Darunter sind viele Referees, die im Jahr 70 bis 80 Spiele leiten. "Ein Großteil davon wird uns in den nächsten fünf Jahren wegbrechen und dann haben wir die Misere", mutmaßt Fischer. Neben Reservespielen dürften dann Unparteiische für Juniorenspiele fehlen. "Dieser Punkt ist nah", befürchtet der Funktionär.

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