„Meine Flügel sind verbrannt“

04.09.2023 | Stand 04.09.2023, 8:00 Uhr

Im Wiener Schloss Schönbrunn lebte das Kaiserpaar. Sisi war dort aber nicht glücklich und flüchtete später in Jagdschlösser und andere Länder. Foto: dpa

Es ist ein tragischer Treppenwitz der Weltgeschichte: Als der fanatische Anarchist Luigi Lucheni – einst glühender Anhänger der Krone – eine Symbolfigur der Ausbeutergesellschaft töten wollte, suchte er sich ausgerechnet die heimliche Republikanerin Elisabeth von Österreich aus. Die unabhängig denkende Kaiserin hielt Monarchien für überlebt und wollte Leistung an die Stelle von Adelsprivilegien setzen.
Was sollte denn schon anderes herauskommen als eine Tragödie, wenn man zwei so unterschiedliche Charaktere zusammenspannte? Ein fünfzehnjähriges Landmädchen, das zwar den Titel einer Herzogin führte, aber noch nie etwas von höfischer Etikette gehört hatte, das schwamm, ritt und in den Bergen herumkraxelte wie ein Bub und bayerischen Dialekt sprach – und einen dreiundzwanzigjährigen, seit fünf Jahren die Regierungsgeschäfte ausübenden Kaiser, als Autokrat selbstbewusst, als Regent pflichteifrig, aber im goldenen Käfig ohne Kontakt zu „normalen“ Menschen und ohne richtige Freunde aufgewachsen, unfähig, Gefühle zu äußern und auf die Interessen einer jungen Frau einzugehen? Halbe Kinder noch, wurden die beiden Hals über Kopf verlobt (drei Tage, nachdem sie sich zum ersten Mal gesehen hatten) und verheiratet (acht Monate später), weil das an den Fürstenhöfen so üblich war. Zehneinhalb Monate nach der Hochzeit bekam die siebzehnjährige Ehefrau das erste Kind, sechzehn Monate später das zweite. Auch das war üblich. Normal war freilich auch, dass die Verliebtheit der ersten Zeit schnell erkaltete und einem gleichgültigen Arrangement wich, mühsam die äußere Form wahrend, durchaus von Respekt getragen, aber ohne Seele und wohl ohne viel Freude.Dabei waren sie anfangs so herzlich einander zugetan gewesen, der fesche Kaiser Franz Joseph vom Wiener Hof und seine quecksilbrige, blutjunge Cousine Sisi (wie Elisabeth in der Familie genannt wurde; die Romanautoren machten fälschlicherweise „Sissi“ daraus) vom Starnberger See in Bayern. „Ich habe den Kaiser so lieb!“, gestand der Backfisch seiner Mutter unter Tränen, fügte aber – sein ganzes Elend voraussehend – hinzu: „Wenn er nur kein Kaiser wäre!“ Franz Joseph wiederum vertraute seiner Mutter am Morgen nach der ersten Begegnung mit strahlender Miene an: „Nein, wie süß Sisi ist! Sie ist frisch wie eine aufspringende Mandel – und welch herrliche Haarkrone umrahmt ihr Gesicht! Was hat sie für liebe, sanfte Augen und Lippen wie Erdbeeren.“ Sympathie und Achtung bewahrten sich die beiden ungleichen Partner ihr ganzes Leben. Franz Joseph trat seiner Frau auch nach Jahrzehnten, als er sie kaum mehr zu Gesicht bekam, noch mit schüchterner Bewunderung und grenzenloser Verehrung entgegen, ohne an ihren Kapriolen Anstoß zu nehmen; mit „Dein Kleiner“ unterschrieb er seine zahllosen Briefe devot. Elisabeth ihrerseits richtete ihre scharfzüngige Kritik stets nur gegen die Institution der Monarchie, die sie für überlebt hielt, und gegen die Wiener Hofschranzen; Person und Amtsauffassung ihres Mannes respektierte sie.

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