„Kreuzzüge“ der stolzen Bauern

21.08.2023 | Stand 21.08.2023, 8:00 Uhr

Fridolfing, St. Johann-Straße: Dieser Bundwerkstadel ist noch bewirtschaftet und ein gutes Beispiel für die Erhaltung historischer Bausubstanzen. −Foto: Josef A. Standl

Sie war einst und ist auch heute noch der Stolz der Bauern: die Zimmermannskunst der Bundwerke an den Stadeln und Häusern. Die Baukultur ist der Ausdruck des barocken Empfindens der Bayern und macht einen gewissen Wohlstand des bäuerlichen Standes sichtbar. Bundwerkstadel finden sich vorwiegend im Rupertiwinkel und im Chiemgau, vermehrt nördlich von Laufen bis an die Linie Burghausen und Altötting und auch darüber hinaus. Der aktuelle Bayerische Denkmalatlas zählt in dieser Region 503 Objekte auf, 287 davon befinden sich im Landkreis Traunstein, 176 im Landkreis Altötting, 40 im Landkreis Berchtesgadener Land. Darüber hinaus finden sich einzelne weitere Objekte in Bayern, aber auch in leicht abgewandelter Form im oberösterreichischen Innviertel und im salzburgischen Flachgau − alle grenznah zu Bayern. Ein weiterer Schwerpunkt des Bundwerks liegt im Werdenfelser Land und im mittleren Tiroler Inntal mit Ausläufern bis zum schweizerischen Unterengadin, dem Vinschgau oder auch dem Pustertal in Südtirol.
Die Blütezeit der Errichtung des Bundwerkes fällt in die Jahre 1830 bis 1870. Neben dem Fachwerk und dem Blockbau ist das Bundwerk eines der am meisten verbreiteten Holzbautechniken. Es entwickelten sich im 19. Jahrhundert viele Schmuckelemente, und die Zimmerleute übertrafen sich förmlich darin, Balkenformen zu erfinden. Viele von ihnen waren statisch gar nicht notwendig und dienten der Zierde, letztlich auch dem Stolz der Besitzer, die ihren Reichtum anderen gegenüber unterstreichen wollten. Beim Bundwerk werden Balken teilweise in Gitterform oder schräg über Kreuz verbunden. Die Zimmerleute bringen so gleich mehrere ineinandergeschobene Andreaskreuze an. Solch ein Ziergitterbund wird von den älteren Zimmermännern auch „Kreuzzug“ genannt. Auch Maler und Schnitzer haben einst das Bundwerk künstlerisch gestaltetet, oft mit Fabelwesen oder christlichen Symbolen.

Das Bundwerk erlebt seit einigen Jahrzehnten eine Renaissance. Viele Bauern sind stolz auf diese Tradition und verhelfen dieser Handwerkskunst zu einer Wiedergeburt. Einer, der sich auf Bundwerkbauten spezialisiert hat, ist Zimmermeister Josef Lechner senior aus Kay bei Tittmoning. Er kennt alle Formen, wie kaum ein Anderer, und kann sein Wissen auch glühend formulieren. „Vor allem die mächtigen Bundwerkstadel in dieser Gegend sind der Ausdruck des Bauernstolzes, weil sie landschaftsprägend sind und der Stolz über Generationen hinweg besteht. Viele dieser Zeugnisse aus vergangenen Tagen stehen seit nahezu 200 Jahren und werden heute noch gepflegt. Die bäuerliche Identität stiftende Wirkung führt dazu, dass sich heute wieder vermehrt junge Bauern dazu entscheiden, Bundwerke anfertigen zu lassen“, sagt Lechner.

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