München
Die Stimme aus dem Untergrund

22.04.2024 | Stand 22.04.2024, 8:00 Uhr

Der Soufflierkasten ist der Arbeitsplatz von Michael Mader: „Wir dirigieren mit, geben alle Einsätze, notfalls singen wir auch einfach los“, sagt der 50-Jährige, der es gewohnt ist, Bühnenstars zu retten, ohne selbst im Rampenlicht zu stehen. − Foto: Marion Brucker

Sein Reich ist das Untergeschoss. Wenn oben die Stars die Bretter, die die Welt bedeuten, betreten, sitzt Michael Mader zu ihren Füßen. Er sorgt seit fast 15 Jahren dafür, dass die Texte den Sänger und Sängerinnen auf der Bühne der Bayerischen Staatsoper fließend über die Lippen kommen.
„Ich bin nur fürs Publikum unsichtbar“, sagt der 50-jährige Chefsouffleur. Gerade kommt er von einer Probe zu „Parsifal“. Ein Stück, das er aus dem EffEff kennt. Mader klappt die Partitur zu, klemmt sie sich unter den Arm und zeigt, wo er bei der rund fünfstündigen Aufführung sitzen wird: mitten auf der Bühne, in direkter Sichtlinie der Sänger zum Dirigenten, verborgen vor den Zuschauern unter einem rund 20 Zentimeter hohen Kasten. Er duckt sich etwas, zwängt sich durch den schmalen Eingang und geht gebückt die sechs Stufen hinauf, die in sein Reich führen. Dort macht er es sich auf einem Bürostuhl bequem, richtet den Notenständer auf Augenhöhe ein und stellt die beiden Monitore in die gewünschte Position, um Bühne und Dirigent im Blick zu haben.

Konzentration von Anfang bis Ende ist gefragt, wenn die Vorstellung läuft. Das wird von ihm erwartet, darauf verlassen sich die Sängerinnen und Sänger, die im Rampenlicht auf der Bühne stehen. „Unsere Anwesenheit ist das Netz und der doppelte Boden, der sie sofort auffängt, wenn sie einen Texthänger haben, wenn etwas daneben geht“, sagt Mader, der auch schon Anna Netrebko begleitet und mit Jonas Kaufmann häufig zu tun hat. Er ist nicht nur Souffleur, der den Text mitliest, wie im Theater, sondern als Leiter der Abteilung der so genannten „Maestros suggeritore“ (siehe Kasten) mit fünf Mitarbeitenden auch musikalisch gefordert. „Wir dirigieren mit, geben alle Einsätze, notfalls singen wir auch einfach los“, erklärt der Diplom-Dirigent seine Aufgabe. Dabei nützt ihm seine Erfahrung als Chormitglied. Bass ist seine Stimmlage.

Im Schauspiel verursache ein Hänger nur eine Kunstpause, doch in der Oper geht die Musik weiter: Mader oder seine Kollegen sorgen dann dafür, dass der Sänger oder die Sängerin auf der Bühne wieder einsetzen kann. „Es ist oft nur der Einstieg in den Satz“, meint Mader, den er dem strauchelnden Akteur vorgibt.

Normalerweise könne das Publikum den Souffleur oder die Souffleuse nicht hören. Im Notfall werde er aber auch lauter, wenn ein Sänger oder eine Sängerin nicht mehr weitermacht. Das passiert auch mal an Stellen, bei denen Mader es nicht erwartet hat, weil die Akteure bisher dort nie ein Problem gehabt hätten.

Seine Mitarbeitenden und er notieren sich schon während der Proben in der Partitur, wer an welcher Passage unterstützt werden muss. So wüssten auch andere Souffleure, wo sie besonders aufmerksam sein müssen. In der Staatsoper sei sogar ein rund 35 Jahre alter Auszug von La Bohème aufbewahrt, in dem die Schwachstellen der ganz großen Opernstars vermerkt seien: Achtung − Domingo hier, Pavarotti dort.

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