JFK-Library in Boston: Der Mythos Kennedy hautnah

25.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:33 Uhr

Was für eine Inszenierung: John F. Kennedy bei einer Fernsehansprache in einem originalgetreuen „Oval Office“. Auch der legendäre Schaukelstuhl, der JFKs Markenzeichen wurde, darf nicht fehlen. −Fotos: Schoplocher

Von Petra Schoplocher

Beim Besuch in der JFK-Library in Boston wird (Welt-)Geschichte lebendig und greifbar. Empfehlenswert auch für diejenigen, die erst nach Kuba-Krise und Mondmission geboren sind. So geht Museum.

Ich muss Sie warnen, es könnte persönlich werden. Dabei gehöre ich zu denjenigen, die einen lebenden Präsidenten John F. Kennedy nicht mehr erlebt haben. Dennoch – und das wird an keinem anderen Ort so deutlich wie in der John F. Kennedy Library in Boston: Wenn man dieses Kapitel der Geschichte erleben will, dann da. Und so.

Wenn die Amerikaner eines können, dann Museen. Gilt für das 9/11-Memorial in New York, das Newseum in Washington und viele kleine: Stets ist es diese Mischung aus Informationen und dem Gefühl, mittendrin zu sein. Mein persönliches Highlight in der Library: Das Nach- und Nach-Eintrudeln der Ergebnisse aus den Bundesstaaten an jenem denkwürdigen 8. November 1960, an dessen Ende der junge Senator John Fitzgerald Kennedy als 35. Präsident der Vereinigten Staaten feststand. Das Ergebnis damals: 49,7 zu den 49,6 Prozent, die Richard Nixon verbuchte (die Zahlen erklären sich durch das amerikanische Wahlmänner-Prinzip).

Die Ausstellung unterscheidet immer wieder zwischen Privatem und Politischen, wohl auch deshalb ist der Besuch in dem imposanten Gebäude an der Massachusetts Bay keinen Moment langweilig.

„Der junge Jack“, der Wahlkampf, die Amtseinführung, Geschenke anderer Staatsoberhäupter, das Raumfahrtprogramm. Natürlich die Kubakrise – auch in einem Film zu erleben –, inszeniert als der Thriller, der sie war.

Auch Bruder Robert und First Lady Jackie verewigt

Neben Bruder Robert wird First Lady Jacqueline gewürdigt, ihre Rolle als Kulturbotschafterin, ihr Engagement bei der Renovierung des Weißen Hauses. Ihr prägender Modestil. Die Abteilung „Staatsbesuch in Europa“ lohnt sich schon alleine wegen der Filmausschnitte und Fotografien von seinem historischen Auftritt an der Berliner Mauer: Gänsehaut pur.

Doch noch einmal Robert, dessen Bedeutung (er war leidenschaftlicher Bekämpfer der organisierten Kriminalität) wahrscheinlich unterschätzt wird. Er war Berater, Vertrauter und Diplomat – nicht zuletzt ihm ist es zu verdanken, dass die Kuba-Krise ein friedliches Ende nahm. In der Ausstellung werden Filmmaterial und persönliche Habseligkeiten auf seinem Schreibtisch gezeigt, wie sie an einem Septembertag 1962 zu sehen gewesen wären. Schriftstücke und: seine Brille.



Zwischen Kuba-Krise und Wiedervereinigung


Während die Kuba-Krise ein Begriff sein dürfte, überrascht ein anderes Thema, das ich nicht mit John F. Kennedy in Verbindung gebracht hätte: Das Friedenskorps geht auf seine Initiative zurück. Seine Beweggründe sind heute aktuell wie damals: In Entwicklungsländern gegen Armut, Krankheiten oder Analphabetismus zu kämpfen. Mit Hilfe zur Selbsthilfe, Seite an Seite mit den Menschen. Noch einmal „Nicht- oder Halb-Wissen“: John F. Kennedy war der erste amerikanische Präsident, der Live-Pressekonferenzen abhielt. Die erste am 25. Januar 1961 sahen rund 65 Millionen Menschen. Auf einem Display kann man sich „tagesaktuell“ von Beratern über die wichtigsten Themen des Tages informieren lassen. Um dann Antworten auf die wichtigsten Fragen zu bekommen, die Präsident Kennedy gestellt wurden.

Dass ein Flur dem des Weißen Hauses nachempfunden ist: grandios. Ebenso dass wir wissen, was Jackie Kennedy getragen hat, als der oder der Gast zum Dinner ins Weiße Haus geladen war.

Es sind die kleinen und großen Dinge, die das Museum wunderbar machen. Ein Notizzettel hier, ein Zeitungsausschnitt da. An den Wänden immer wieder Zitate. Die ganz berühmten, aber auch andere: „Ich glaube, dass die Wiedervereinigung eines Tages Realität sein wird. Die Lehren der Geschichte stützen diesen Glauben.“

Am spannendsten? Neben all dem, was man zur Geschichte noch lernen kann, dann tatsächlich der Wahlkampf. Die Euphorie, die Kampagnenschilder, die Kleider, die die Anhängerinnen trugen. Vielleicht auch, weil dies alles für uns und bei uns unvorstellbar wäre. Und am schönsten? Kurz Teil dieses Lebens und der Weltgeschichte gewesen zu sein.


Redakteurin Petra Schoplocher war privat in den USA. Ein Besuch auf Cape Cod bot sich für einen Tagesausflug in die JFK Library an.


Die John F. Kennedy Library ist Bibliothek und ein Museum zugleich. Sie liegt der Tradition folgend in Boston, der Heimatstadt des 35. US-Präsidenten, direkt neben der Universität von Massachusetts. Eingeweiht wurde sie im Oktober 1979. In Boston, Amerikas zehntgrößter Stadt (knapp fünf Millionen Einwohner), vereinen sich Geschichte und Moderne. Die Ostküsten-Metropole ist berühmt für ihre reiche Kulturszene und sehr wohlhabend. Eine der Attraktionen ist der „Freedom Trail“, der 16 historische Stationen der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung verbindet.

ANREISE
Die Bibliothek ist von Boston mit dem Auto über die Interstate 93, mit Shuttlebussen oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.

GUT ZU WISSEN
Außer mittwochs ist das Museum von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Bis 14.30 Uhr können Tickets online reserviert werden, was sich in Ferienzeiten und rund um amerikanische Feiertage empfiehlt.

www.jfklibrary.org  www.bostonusa.com  www.visittheusa.de