Eltern schickten sie los
Schleuser auf A93 gefasst: Zwei junge Syrer berichten Polizei von monatelanger Flucht

29.06.2023 | Stand 14.09.2023, 22:18 Uhr

Polizisten kontrollieren Schleuser auf der A93 bei Kiefersfelden und fand in seinem Auto zwei syrische Migranten. −Foto: Bundespolizei

Die Bundespolizei hat am Mittwoch bei Grenzkontrollen an der Inntalautobahn (A93) bei Kiefersfelden (Landkreis Rosenheim)einen mutmaßlichen Schleuser gefasst. Er hatte zwei syrische Migranten in seinem Auto.



Die zwei Migranten, ein 19-jähriger Syrer und sein Cousin im Alter von 15 Jahren, die der Mann nach Deutschland geschleust hatte, berichten von ihrer zerstörten Heimat, einer monatelangen Flucht und bezahlten Schleusern.
Auf Höhe Kiefersfelden haben Bundespolizisten drei Insassen eines Kleinwagens mit italienischem Kennzeichenkontrolliert. Am Steuer saß ein 52-jähriger Marokkaner, der sich mit einer italienischen Aufenthaltserlaubnis auswies. Seinen Angaben zufolge sollte die Fahrt nach München gehen. Seine beiden Begleiter gaben an, sich künftig in Deutschland aufhalten zu wollen, konnten aber nicht die erforderlichen Papiere vorweisen.

Keine Perspektive zu Hause in Syrien


Laut Polizei nahmen die Beamten den jungen Mann und seinen minderjähriger Cousin in Gewahrsam und brachten sie zur Bundespolizei-Dienststelle nach Rosenheim. Dort erklärte die beiden Männer, dass sie schon seit rund drei Monaten unterwegs waren. Ursprünglich stammen sie aus dem syrischen Distrikt Dar‘a im Südwesten des Landes.Da die Eltern keine Perspektiven mehr für ihre Kinder gesehen hätten, borgten sie sich Geld, um die Schleuser bezahlen zu können. Die erste der Schleusungsetappen führte von Syrien in den Libanon. Von dort aus brachte sie ein Flugzeug nach Ägypten. Die nächste Zwischenstation war in Libyen. Dort mussten die beiden warten, bis ein Boot für die Überquerung des Mittelmeers bereitgestellt wurde. Die lebensgefährliche Überfahrt endete auf Lampedusa, von wo aus sie mit einem Schiff ans italienische Festland gefahren wurden. Dort irrten sie mit Bussen und Zügen tagelang umher, bis sie schließlich in Turin mit ihrem marokkanischen Fahrer zusammentreffen konnten. Dieser habe ihnen für seine „Dienste“ ihr letztes Geld abgenommen. Noch vor Fahrtantritt verlangte er 1.400 Euro.

Ermittler gehen von organisierter Aktion aus



Die Rosenheimer Bundespolizei geht von einer organisierten Schleusungsaktion aus. Dabei müsse erfahrungsgemäß von einem Schleuserlohn von insgesamt mehreren Tausend Euro pro Person ausgegangen werden, so die Ermittler. Der festgenommene Marokkaner, der in der Region Piemont gemeldet ist, will sich den Beamten gegenüber zum Tatvorwurf des Einschleusens von Ausländern nicht näher äußern. Den Wagen, den er für die Schleusung der beiden Syrer benutzte, hatte er sich ersten Erkenntnissen zufolge erst kurz zuvor bei einer Verwandten geliehen. Die Bundespolizisten führten ihn beim Rosenheimer Amtsgericht vor. Der zuständige Ermittlungsrichter ordnete die Untersuchungshaft des Mannes an. Am Mittwochnachmittag wurde er in die Justizvollzugsanstalt Traunstein eingeliefert.
Der 19-jährige Syrer hat einen Asylantrag gestellt. Er wurde an eine Aufnahmestelle für Flüchtlinge in München weitergeleitet. Um seinen minderjährigen Cousin kümmert sich das Jugendamtes.

− sk