Kundgebung in Passau
Streik in ganz Bayern: Auch an Uni Passau, THD und bei Polizei wird Arbeit niedergelegt

20.11.2023 | Stand 20.11.2023, 19:20 Uhr

Verdi ruft am Donnerstag die Beschäftigten der Länder zum Warnstreik auf. Die zentrale Kundgebung findet in Passau statt. − Foto: dpa

10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Das fordern die Beschäftigten der Länder von ihren Arbeitgebern. Um ihre Forderung zu untermauern, rufen unter anderem Verdi, die Gewerkschaft der Polizei und die IG Bau am Donnerstag zum Warnstreik auf. Die zentrale Kundgebung dazu findet in Passau statt.



„Wer beim Staat angestellt ist, braucht sich keine Sorgen mehr zu machen“ - über dieses gängige Vorurteil kann man bei Verdi nur müde lächeln. „Viele der Beschäftigten liegen mit ihrem Gehalt nur knapp über dem Mindestlohn“, sagt Josef Ilsanker vom Verdi-Bezirk Niederbayern. Vor allem in der Verwaltung, etwa bei Hausmeistertätigkeiten, sei der Verdienst so schlecht, dass viele dieser Arbeitnehmer einen zweiten Job ausüben müssten. Besonders an sie denken die Gewerkschafter, wenn sie von der Arbeitgeberseite mindestens 500 Euro mehr im Monat fordern. Andernfalls sei eine Abwanderung der Arbeitskräfte kaum aufzuhalten. „Bei den Kommunen bekamen die Beschäftigten im Tarif öffentlicher Dienst (TVöD) bis zu 3.000 Euro Inflationsausgleich und 11,5 Prozent mehr ab März 2024,“ so Islanker, und weiter: „Wenn die Länder nicht massiv Personal verlieren wollen, müssen sie daran anknüpfen.“ Aussagen der Arbeitgebervertreter, wenn das Gehalt nicht reiche, dann sollten die Betroffenen eben Wohngeld beantragen, seien in diesem Zusammenhang kaum nachvollziehbar. „Ein Hohn und einem öffentlichen Arbeitgeber einfach unwürdig.“

Ihre Forderungen untermauern wollen die Gewerkschaften mit einem Warnstreik am Donnerstag. Betroffen davon unter anderem die Uni in Passau und die Technische Hochschule in Deggendorf. Auch an der Uni und der Hochschule in Regensburg wird die Arbeit niedergelegt. Die Hochschulleitungen wurden davon am Montag in Kenntnis gesetzt. In Verwaltungen, Mensen und Cafeterien werde die Arbeit niedergelegt. Unter anderem Hochschulbeschäftigte, aber auch Kulturschaffende an Staatstheatern, Konzerthäusern und Museen, Angestellte von Uni-Kliniken, Straßenbauer, Erzieher, Sportplatzwarte, Flussmeister und Sozialarbeiter sind aufgerufen, am Donnerstag die Arbeit niederzulegen und sich ab 12 Uhr im Passauer Klostergarten zur zentralen Kundgebung von Verdi zu versammeln.

Am Montagnachmittag äußert sich die Uni Passau auf Nachfrage der Mediengruppe Bayern und bestätigt den Warnstreik: „Für die Universität Passau sind die Tarifautonomie und das Recht zu streiken hohe verfassungsrechtlich geschützte Güter, die einen wichtigen Bestandteil unseres gesellschaftlich-demokratischen Miteinanders bilden. Wir respektieren das Recht der Gewerkschaft Verdi und ihrer Mitglieder, im Rahmen dieser Verhandlungen ihre legitimen Interessen durch Arbeitskampfmaßnahmen zu vertreten“, heißt es u.a. in der Stellungnahme des Kanzlers Dr. Achim Dilling.

Und weiter: „Die Universität Passau befindet sich in einem laufenden und konstruktiven Dialog sowohl mit der Streikleitung als auch mit dem Personalrat. Wir schätzen den Austausch und die offene Kommunikation, die uns die Möglichkeit gibt, die Anliegen und Sorgen der Beschäftigten zu verstehen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.“ Die Uni möchte betonen, „dass es unser Ziel ist, trotz des Warnstreiks einen Grundbetrieb aufrechtzuerhalten, insbesondere in den Bereichen Forschung und Lehre“. Die Situation sei für alle Beteiligten herausfordernd. Die Auswirkungen auf Studierende und den universitären Betrieb sollen so gering wie möglich gehalten werden.

„Die Universität Passau bekennt sich zu einem fairen und respektvollen Miteinander und hofft auf eine zügige Einigung im Rahmen der laufenden Tarifverhandlungen“, so Dr. Achim Dilling.

Auch Polizei darf „streiken“ - in der Freizeit, aber dafür in Uniform

Mit dabei auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Zwar dürfen verbeamtete Polizisten nicht streiken. „Aber sie dürfen natürlich in ihrer Freizeit an einer Streikkundgebung teilnehmen“, erklärt Andreas Holzhausen von der GdP Niederbayern. Und das dürfen sie einem Gerichtsbeschluss zufolge sogar in Uniform. Ansonsten werden - Stand Montagvormittag - rund 150 Angestellte der niederbayerischen Polizei in Passau vor Ort sein. Dann werden sie dort unter anderem den stellvertretenden GdP-Landesvorsitzenden Reinhard Brunner sprechen hören.

Ein zentralen Anliegen der Forderungen für die Tarifverhandlungen wird eine Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten bei der zeitlichem Umsetzung der Ergebnisse sein. Bislang hatten hier Beamte oftmals das Nachsehen. Zudem will man endlich auch einen Tarifvertrag für die rund 300.000 studentischen Hilfskräfte in Deutschland einrichten.

Mehrbelastung von 19 Milliarden

Insgesamt sind es 2,5 Millionen Beschäftigte der Länder in Deutschland, für die die Gewerkschaften 10,5 Prozent, mindestens aber 500 Euro mehr Lohn beziehungsweise Sold fordern. Seitens der Arbeitgeber, die in den Verhandlungen redeführend von Dr. Andreas Dressel, Finanzsenator von Hamburg, vertreten werden, liegt bislang kein Angebot vor. In einer Pressemitteilung verweisen die Arbeitgeber auf die schwierigen Haushaltslagen seit 2020, begründen dies mit Corona, Ukraine-Krieg und Energiekrise. 2023 sei mit einem Rückgang der Steuereinnahmen von einem Prozent, das entspricht 4 Milliarden Euro, zu rechnen. Die Gewerkschaftsforderung würde die Länder um rund 19 Milliarden Euro zusätzlich je Jahr belasten, heißt es. Das sei „nicht leistbar, denn die für 2024 prognostizierten knapp 18 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen würden damit vollständig für die Lohnerhöhung der Landesbeschäftigten ausgegeben.“

Die bisherigen zwei Verhandlungsrunden waren ergebnislos, die Arbeitgebervertreter hätten sämtliche Forderungen abgelehnt, aber im Gegenzug kein Angebot als Verhandlungsgrundlage gemacht. Am kommenden Donnerstag wollen die Arbeitnehmer daher den Druck verstärken. Holzhausen: „Das ist nur der erste Warnstreik.“