Investoren wollen planen
Bier aus Passau: Steigt die Innstadt-Brauerei aus der Asche hervor?

Investoren gründen Projekt-Firma, die Chancen und Risiken einer Sanierung mit Teil-Neubau des Brau-Baus am Inn untersucht

01.12.2023 | Stand 01.12.2023, 6:24 Uhr

Die Brauerei gehört zur Innstadt-Silhouette wie Mariahilf, das darüber thront. Der Komplex ist nicht in einem Stück gebaut, sondern über lange Zeit organisch gewachsen, innen extrem verwinkelt. Das ist nur eine von vielen Herausforderungen für eine eventuelle Neugeburt.  − Fotos: Danninger

Zehn Jahre ist es her, dass in der Innstadt-Brauerei das letzte Bier gebraut worden ist, Ende 2013 war Schluss. Eine neu gegründete Projekt-Firma beginnt jetzt, so konkret wie nie zuvor zu untersuchen, ob der Komplex am Inn-Ufer eine Chance hat, als Phönix aus der Asche zu steigen oder ob er einer der größten „lost places“ Passaus bleibt.



Zwei Jahre gibt sich die „Innstadt Brauhaus Projekt GmbH & Co. KG“, um zu den entscheidenden Antworten zu kommen: Lohnt sich eine Sanierung? Was muss und was darf man abreißen und neu bauen? Über welche Straße wird es erschlossen? Wie kann es geheizt werden? Und und und...

Die beiden Köpfe hinter dem Vorhaben sind alte Hasen im Geschäft: Johann Baumann und Rudolf Ramelsberger. Ersterer arbeitet seit 1986 für die Ottakringer Brauerei, der Anteile der Innstadt AG gehören. Die Brauerei hat einen Kooperationsvertrag geschlossen mit der Kapfinger Vermögensverwaltung, vertreten durch Geschäftsführer Ramelsberger.

Untersuchungen und Denkmodelle rund um den Brau-Bau



Sie gehen nun zusammen an, das 9500 Quadratmeter große Grundstück zu entwickeln. Dabei müssen sie nicht bei Null anfangen, sie stützen sich auf zahlreiche Untersuchungen und Denkmodelle rund um den Brau-Bau. „Neue Wege“ hat beispielsweise die Tochter von Johann Baumann, Nina Baumann, ihre Architektur-Diplomarbeit betitelt.

„Die letzten konkreten Planungen und Kostenschätzungen stammen vom Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz“, blickt Ramelsberger auf die jüngste Vergangenheit zurück. Seinen Plan, Studentenwohnungen einzubauen, habe das Werk vor drei Jahren beerdigt.

Umbau-Überlegungen gibt es seit Jahrzehnten, weit vor 2012, als die Brauerei Hacklberg den Konkurrent in der Innstadt übernahm und die Produktion dort bis Ende 2013 auslaufen ließ.

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Seitdem dämmert das Giga-Gemäuer im Dornröschenschlaf vor sich hin und lädt natürlich zu Gedankenspielen ein. „Eine Neubelebung ist eine große Herausforderung, bietet aber auch eine Riesenchance für die Innstadt“, sagt beispielsweise Friedrich Brunner, Vorsitzender des Forums Passau. 20 Forums-Mitglieder haben den Komplex vor einiger Zeit besichtigt, geführt von Rudolf Ramelsberger und dessen designiertem Nachfolger Dominik Metzler. „Öffentlichkeitsbeteiligung ist uns enorm wichtig, sie kann wertvolle Ideen liefern“, spricht Ramelsberger aus der Erfahrung von Großprojekten wie der Neuen Mitte, den mbc-Komplexen in Kohlbruck oder dem Inn-Viertel. „Was wir jetzt vor uns haben, das ist wesentlich komplexer als all das bisherige“, ist sich Ramelsberger sicher.

Viele Gebäude als Einzeldenkmal eingestuft



Gründe für diese Einschätzung gibt es viele: 70 Prozent der ehemaligen Brauerei-Gebäude sind als Einzeldenkmal eingestuft oder unterliegen Ensembleschutz. Bislang wird der Komplex vorwiegend über die Schmiedgasse angefahren, die ist aber schon jetzt extrem dicht befahren und eng – mit einem Bürgersteig, der teilweise nur 60 Zentimeter breit ist. „Deshalb favorisieren wir derzeit eine künftige Erschließung über die Löwengrube“, sagt Baumann.

Weitere Herausforderung: Teile liegen unter der Hochwasserlinie für ein 100-jähriges Hochwasser. Dann führen direkt davor die Gleise der Granitbahn vorbei... „Wir müssen mit vielen Leuten reden“, blicken Baumann und Ramelsberger voraus.

Zu den wichtigsten Entscheidungsträgern gehören in ihren Augen das Rathaus Passau und das Landesamt für Denkmalpflege. Im Februar 2024 wollen sie mit dem Rathaus beginnen.

Städtebaulicher Workshop



Nach den Grundsatz-Gesprächen soll ein städtebaulicher Workshop folgen mit sechs bis acht Architekturbüros. „Da geht’s aber nicht um Fassadengestaltung oder so, sondern um die Einbindung in die Innstadt“, sagt Ramelsberger. Und wenn dann am Ende ein belastbarer Plan steht mit einer seriösen Kostenschätzung, dann entscheiden die Investorengruppen Ottakringer und Kapfinger, ob sie das Wagnis angehen wollen oder nicht.

Die künftige Hauptnutzung sehen die beiden Projektanten eindeutig in der Schaffung von Wohnraum: „Gewerbe ist schwierig in diesem Umfeld. Freilich kann man sich eine Arztpraxis und eine Anwaltskanzlei dazu gut vorstellen, aber was Nichtstörendes eben“, stellt Baumann klar. Die jetzige Gastro-Nutzung durch das „Venti Tre“ wollen sie fortführen bzw. vielleicht Richtung Inn ausweiten.

Das erscheint als Kleinigkeit angesichts echter Brocken wie einem zubetonierten Innenleben, das Silos enthält, einen alten Heizöltank mit 50000 Litern, lichten Höhen bis zu acht Metern und vielem mehr.

Insgesamt werden noch fünf bis acht Jahre ins Land ziehen bis zur Realisierung, schätzt das Projekt-Duo. Es wird also noch viel Wasser den Inn hinunterfließen bis dahin.