Über 200 Besucher in Untergriesbach
Eine Demo für den „wichtigsten Beruf der Welt“

Landwirte, Gastronomen und Handwerker scharen sich um das „Feuer der Gemeinschaft“

29.01.2024 | Stand 29.01.2024, 5:00 Uhr

Über 200 Leute versammelten sich in der Samstagnacht an den Ständen und Feuertonnen auf dem Untergriesbacher Festplatz im Rahmen des „Feuers der Gemeinschaft“, veranstaltet von Bauern aus der Region mit Unterstützung des Vereins „Landwirtschaft verbindet Bayern“. Mit dabei waren auch Gastronomen und Handwerker, um gegen die gegenwärtige Politik zu demonstrieren. − Fotos: Riedlaicher

Sie wünschen sich Planungssicherheit und Anerkennung für ihre Arbeit, von der Politik und von der Gesellschaft gleichermaßen. Das waren einige der Anliegen des „Feuers der Gemeinschaft“ in der Samstagnacht am Untergriesbacher Festplatz, veranstaltet von Landwirten aus der Region mit Unterstützung des Vereins „Landwirtschaft verbindet Bayern“.

Geladen und gekommen seien nicht nur Bauern, sagte Moderator Daniel Kainz zu Beginn von der Lkw-Bühne aus, sondern auch Gastronomen und Handwerker, Vertreter des Mittelstands. Und diese fühlten sich durch unterschiedliche Entscheidungen der Regierung in Berlin benachteiligt.

Kainz verwies vor über 200 Besuchern auf die nächste Aktion: Am gestrigen Sonntag waren einige Landwirte aus der Region mit dem Bus nach München gefahren zur Großkundgebung auf der Theresienwiese unter dem Motto „Hand in Hand – Der Mittelstand steht auf“.

„Arbeit und Fleiß werden bestraft“

„Landwirt – der wichtigste Beruf der Welt“, formulierte ein Plakat auf der Bühne. An diesen Gedanken knüpfte der Untergriesbacher Hotelier und Gastronom Wolfgang Obermüller in seiner Rede an. Ohne die Bauern und ihre Produkte gäbe es keine Bäcker und Metzger – und natürlich auch keine Wirte. Alle seien verbunden. Die regionalen Betriebe zögen an einem Strang.

Obermüller kritisierte erneut die Erhöhung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf den alten Satz von vor Corona, 19 statt sieben Prozent. Gastronomen müssten die Preise erhöhen, es kämen weniger Gäste. Bei diesem Punkt beklagte Obermüller eine große Ungerechtigkeit. In Gasthäusern „mit Messer und Gabel“ gelten 19 Prozent. Gastronomische Lieferdienste mit Wegwerfverpackungen und hohem Müllaufkommen zahlten weiter den niedrigen Steuersatz. Und das bei einer Regierung, „die angeblich so viel Wert auf Umweltschutz legt“. Obermüller beklagte, wie auch die Landwirte, die überbordende Bürokratie für den Mittelstand allgemein. Die mittelständischen Betriebe zahlten vor Ort ihre Steuern. Sie könnten nicht, wie Großkonzerne, ihr Geld trickreich in Steueroasen in Übersee verstecken. Er habe oft den Eindruck, „Arbeit und Fleiß werden bestraft“, schloss Obermüller.

Als weitere Redner traten die CSU-Politiker MdL Josef Heisl und Kreisrat Hans Koller auf. Beide merkten vor ihren scharfen Angriffen auf die Ampel-Regierung einleitend in ihren Beiträgen an, dass in den Jahren von Bundeskanzlerin Angela Merkel zwischen 2005 und 2021 mit durchgehender CSU-Beteiligung in der Bundesregierung auch nicht alles optimal und richtig gelaufen sei, was die Landwirtschaftspolitik betreffe. Auch die CSU habe da in diesen 16 Jahren und den Jahrzehnten davor nicht alles richtig gemacht.

„Wir stehen zu euch“, rief Josef Heisl den Besuchern zu. Er berichtete von Gesprächen mit Bauernfamilien aus den letzten Wochen, vor allem mit jungen Bauern. Alle hätten nur einen Wunsch: dass ihr Beruf eine sichere Zukunft habe, dass auch die nächsten Generationen ein gutes und sicheres Auskommen mit der Landwirtschaft hätten. Die Regierung in Berlin habe kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem, wiederholte er. Gespart werde an der völlig falschen Stelle, auf Kosten des Mittelstands, auf Kosten der Gastronomen und des Handwerks. Es werde Politik gemacht gegen die arbeitende Bevölkerung. Heisl erinnerte an das falsche Versprechen des jetzigen Bundeskanzlers Scholz in einer „TV-Wahlarena“ vor der jüngsten Wahl. Mit ihm als Kanzler werde es beim niedrigen Steuersatz für die Gastronomie bleiben, hatte der damalige Kanzlerkandidat erklärt. Scharf kritisierte er auch Finanzminister Christian Lindner, der sich für Bauern überhaupt nicht interessiere.

„Populisten sind keine Antwort“

Hans Koller sprach auch aus der Warte als Gastronom und Landwirt. Man habe in den letzten Jahrzehnten die Bedeutung der Bauern als Produzenten von Nahrungsmitteln kaum mehr wahrgenommen, berichtete er. Man habe Landwirte oft nur in einem negativen Licht gesehen, zum Beispiel bei der Debatte um Spritzmittel zum Pflanzenschutz. Mit dem Krieg in der Ukraine habe sich das Bild gewandelt. Die jüngsten Entscheidungen in Berlin gegen die Bauern trügen dazu bei, die Hand abzuschlagen, welche die Gesellschaft füttere.

Bei aller Kritik an Berlin bat Koller nicht jenen zu vertrauen, „die auf alles eine einfache Antwort“ hätten. „Populisten sind keine Antwort“, bekräftigte er.

Nach Ende der offiziellen Kundgebung versteigerten die Veranstalter Tretbulldogs, von ortsansässigen Firmen gespendet. Der Erlös kommt den umliegenden Kindergärten zugute. An Ständen und Feuertonnen konnten sich die Besucher bis in die Nacht weiter austauschen.