Experimentelle Musikperfomance
Die Klangschelmin: Limpe Fuchs begeistert beim Noise & Arts Festival in Passau

14.05.2023 | Stand 16.09.2023, 22:08 Uhr
Gabriele Blachnik

Höhepunkt der Erstausgabe des Festivals Noise & Arts in Passau – der Auftritt der oberbayerischen Klangkunst-Ikone Limpe Fuchs. −F.: Blachnik

Sie ist 83 Jahre alt und tourt mit ihrem speziellen Instrumentarium durch die Lande, spielt in Brüssel, Glasgow oder Holland. „Und in Passau spiele ich auch“, sagte sie lachend bei ihrem Auftritt beim ersten Noise & Arts Festival in der Dreiflüssestadt. Limpe Fuchs gilt als Pionierin experimenteller Musikperfomance in Deutschland, spielte unter anderem mit der Klavierlegende Friedrich Gulda und dem Jazzposaunisten Albert Mangelsdorf und beschreibt sich selbst als „Komponistin akustischer und visueller Ereignisse“. So galt für die Konzertbesucher im Passauer Kulturmodell schlichtweg: Ohren und Augen auf und einfach hören und schauen, was passiert.

Was passiert, ist wohltönend, spannend, überraschend, auch groovend und unterhaltsam. An ihren Standtrommeln schwingt sich die zierliche Frau mit krausem Lockenkopf auf den Raum ein, untermalt das Trommeln plötzlich mit schrillen Rufen wie Vogelschreie aus einer fernen Welt. Ebenso unerwartet gesellen sich elektronische Töne dazu. Die holt Limpe Fuchs aus dem KORG LM 20, einem kleinen Analogsynthesizer aus den späten 1970er Jahren.

Während sich Fuchs durch die selbst erzeugten Klänge treiben lässt, schaut sie immer wieder resonanzsuchend ins Publikum. Zwischen ihren instrumentalen Improvisationen überrascht sie mit originellen Klangkörpern. So erzeugt sie mit einer Art großem Tamburin, in dem sich Haselnüsse bewegen, Meeresgeräusche. Oder lässt eine steinere Kugel über die Bodenfliesen rollen. „Eine durstige Kugel“, bemerkt sie verschmitzt, als diese eine am Boden stehende Flasche umstößt. Kindliche Freude scheint die Künstlerin an ihren Klangvorführungen zu haben. Immer wenn sie eine Performance beendet hat, entfährt ihrem konzentrierten Gesicht ein schelmisches Lächeln, als wollte sie zu ihrem Publikum sagen: na, damit hättet ihr nicht gerechnet, oder?

Auch bei ihren Zuhörern provoziert Fuchs gelegentlich ein Lachen. Zum Beispiel, als sie mit dem Stockende ihrer Klöppel über ihr lose gelegtes Xylo-Litho-Phon streift und damit quietschende Laute erzeugt. Oder mit zwei Kupferblechen am Schnürl durch den Raum läuft, die ein waberndes Scheppern von sich geben. Der aufbrausende Schlussapplaus animiert Limpe Fuchs zu einer nochmals überraschenden Zugabe. „Musik summt im Gehölz am Nachmittag“ beginnt das Gedicht „Der Spaziergang“, das sie in klanglich untermaltem Sprechgesang vorträgt. Als hätte es der österreichische Dichter Georg Trakl eigens für sie geschrieben.

Gabriele Blachnik