Premiere am 10. Dezember
Barockoper „Rinaldo“ wird in Passau zum Fantasy-Spektakel

09.12.2022 | Stand 17.09.2023, 21:16 Uhr

Das Publikum sieht die Handlung doppelt: Unten auf der Bühne spielen und singen vor einer blauen Leinwand (v.l.) Kyung Chun Kim (Mago cristiano), Juliane Wenzel (Goffredo) und Sabine Noack (Rinaldo) – siehe zweites Foto. Auf der oberen Bühnenhälfte werden die Akteure in eine virtuelle Realität eingebettet. −Fotos: Peter Litvai/Landestheater Niederbayern

„Barock“ und „Oper“ in einem Wort klingt für manche maximal abschreckend. Sie könnten in der nächsten Premiere am Landestheater Niederbayern in Passau eine große Überraschung erleben. Georg Friedrich Händels „Rinaldo“ wird in den Händen des südafrikanischen Regisseur, Ausstatters und Videokünstlers Kobie van Rensburg zu einer Multimedia-Fantasy-Zauber-Show. Was da Spektakuläres zu erleben ist ab Samstag, 10. Dezember, erklärt van Rensburg im Interview.

Herr van Rensburg, zum siebten Mal führen Sie Regie in Passau. Ist das nun Action, Fantasy oder ein politischer Thriller?
Kobie van Rensburg: Es ist reine Fantasie! Händel wollte keine reale Welt zeigen und keinen historischen Konflikt zwischen Christen, Sarazenen und Muslimen – im Gegenteil! Es geht um die barocken Werte Pflicht gegen Liebe. Händel wollte mit seinem ersten Stück in London unbedingt Eindruck machen, und dass „Rinaldo“ zu seinen Lebzeiten über 40-mal gespielt wurde, das ist im 18. Jahrhundert ganz enorm.

Sie arbeiten mit dem Bluescreen-Verfahren – was ist das und wie sieht das auf der Bühne aus?
Rensburg: Wenn wir alle Regieanweisungen umsetzen wollten, dann wäre das viel, viel zu teuer. Deshalb agieren unsere Darsteller vor einer blauen Wand, die von statischen Kameras erfasst wird. Im Rechner wird die blaue Farbe ausgeschnitten, und ich habe die Gelegenheit, die Darsteller in eine virtuelle Welt hineinzufügen und dieses Bild wieder auf die Bühne zu projizieren – so dass das Publikum die Fantasiewelt und das Making-of gleichzeitig sehen kann.

Das heißt, unten auf der Bühne ist alles immer blau, oben sehe ich das Geschehen doppelt?
Rensburg: So ist es. Wir haben im Theater immer die freie Perspektivwahl. Anders als im Film kann ich wählen, wo ich hinschaue. Ich habe diese Art von Inszenierung schon in mehreren Theatern gemacht, „Rinaldo“ vor fünf Jahren in Chemnitz. Für Passau haben wir das weiterentwickelt. Dass wir heute mehr Rechenpower haben als damals, kommt uns jetzt in Passau sehr zugute.

Sie haben diesmal auch die Kostüme entworfen – in welcher Zeit sind sie angesiedelt?
Rensburg: Wir haben uns tatsächlich an den Kreuzzügen orientiert mit einer reduzierten Linienführung des 10. und 11. Jahrhunderts, damit haben wir auf dem Bluescreen das optimale Ausschneideverfahren. Dagegen würden Stoffe aus Wolle oder Filz auf dem Bluescreen Schwierigkeiten machen.

Der Kreuzritter ist heute längst keine positive Figur mehr – wie sehen Sie den Charakter Rinaldo?
Rensburg: Genau mit dieser Problematik haben wir viel Zeit verbracht: Wir zeichnen Rinaldo als zwar sehr fähigen Krieger, aber nicht unbedingt motiviert, einen blutrünstigen Vernichtungskrieg in Jerusalem zu führen. Während Goffredo als Anführer der Ritter das unbedingt möchte. Er erpresst Rinaldo, dass er seine Tochter nur heiraten darf, wenn er im Krieg aktiv wird. Ich habe das in Goffredos erster Arie etwas hervorgehoben. Damit ist Rinaldo als Charakter dann auch nicht so statisch wie im Libretto.

Ist diese Inszenierung technisch so anspruchsvoll, wie sie klingt?
Rensburg: Es ist ein sehr riskantes Unterfangen! Nicht nur technisch, auch für alle Darsteller. Sie müssen mit einer viel größeren Präzision arbeiten als sonst, bezogen darauf, wo genau sie sich platzieren und in welchem Winkel sie ins Publikum schauen. Wenn ich normalerweise fünf oder sechs Grad mehr nach rechts schaue, ist das nicht das Ende der Welt, aber in der Projektion kann das die Wirkung enorm verändern. Aber wir haben gut geprobt!

Raimund Meisenberger


•Premiere am Samstag, 10. Dezember, um 19.30 Uhr. Weitere Vorstellungen am 11. und 23.12, am 6., 7.1., am 5., 12., 25., 26.2. sowie am 8. und 10.4. Karten: 0851/9291913 und auf landestheater-niederbayern.de