Leidenschaftliche Sammler
Zu Gast beim Tauschabend der Briefmarkenfreunde Osterhofen

Tauschen, ratschen und auch trösten

23.02.2023 | Stand 17.09.2023, 2:16 Uhr

Der Blick geht zum Nebenmann, welche Briefmarke, Münze oder Ansichtskarte mit ihm getauscht werden könnte. Freudige Blicke, wenn der Tausch dann auch klappt.

Einmal im Monat treffen sich die Briefmarkenfreunde Osterhofen zum gemeinsamen Tauschabend: Dabei wird getauscht, viel geratscht und sich um die anderen Mitglieder gekümmert.

Briefmarkensammeln ist ein Mannschaftssport. Die Vereinsmitglieder sind Teamplayer. Wie Fußball, Handball oder Eishockey? Nicht ganz, aber: Bei Tauschtagen in der Region schaut Thomas Haug, Vorsitzender der Briefmarkenfreunde Osterhofen, nicht nur, welche Marken er noch für seine Alben brauchen kann: „Ich weiß auch genau, womit ich den anderen eine Freude machen kann“, sagt er.

Auch diese Briefmarken nimmt er dann mit. Denn jeder Sammler hat seine individuellen Motiv-Favoriten. Es gibt heimliche Katzenfreunde, ganzjährige Weihnachts-Fans, verzauberte Schmetterlingsfänger und versierte Zeppelinpiloten. Die Freunde fügen die Briefmarken dann akribisch, nur mit einer Pinzette, zu ihrem Album hinzu.

Der Tauschabend der Briefmarkenfreunde ist genau das, was er verspricht und doch viel mehr. Ein Treffen von Freunden, bei dem sich jeder um die Belange des anderen sorgt, sich kümmert. Und ganz nebenbei noch etwas tauscht. Der Verein hat derzeit 30 Mitglieder. Man kennt sich also. Die tauschfreudigen Sammler erkundigen sich, wenn einer von ihnen beim monatlichen Tauschabend fehlt. Schnell wird eine Genesungskarte geschrieben, wenn Krankheit der Grund ist. Fast rührend freuen sich aber auch alle, wenn „einer wieder mehr rausgeht“.

Ein Problem des Vereins ist der fehlende Nachwuchs. „Es wird allgemein nicht mehr gesammelt“, sagt Vorsitzender Thomas Haug etwas skeptisch. Obwohl die Briefmarkenfreunde alle Bevölkerungsschichten und -gruppen vereinen, betont er.

Wellenstempel senkt den Wert enorm

Die Mitglieder der Briefmarkenfreunde sehen sich nicht nur als Sammlerverein. Die Leidenschaft bildet: Durch das Lesen der Eigenschaften auf den Briefmarken, Münzen und Ansichtskarten werden immer wieder neue Informationen gewonnen. Münzen und Ansichtskarten? Ja, denn bei den Briefmarkenfreunden wird viel mehr getauscht, als nur Postwertzeichen. Die Sammler sind an den Hintergründen interessiert, der Geschichte des Briefs: Deshalb heben einige auch die Briefmarke samt Brief, auf welchem sie klebt, auf. „Eine Briefmarke samt Brief ist ein kleines Geschichtsbuch“ – Zumindest wenn man sich so intensiv mit der Symbiose aus Marke und Kuvert beschäftigt, wie die Briefmarkenfreunde.

Mit Wellenstempel ist eine Briefmarke kaum noch etwas wert, sind sich alle einige. Leider komme das aber immer häufiger vor. „Danke Deutsche Post!“ Am besten sind Briefmarken, auf denen der runde Stempel komplett auf der Marke selbst ist – was aber nur selten vorkommt. Für die Auswahl der Motive kann die Deutsche Post aber nichts, denn diese wird durch das Bundesfinanzministerium getätigt. Kostenpunkt: eine Millionen Euro. „Und dabei sind die alten Marken doch immer noch am schönsten...“

Drei Frauen sind beim Tauschabend, die Briefmarken ihrer verstorbenen Ehemänner haben sie zuhause gelassen. „Wir sind das Kleeblatt des Vereins“, sagt eine von ihnen. Und was, wenn noch Frauen zur Gruppe dazukommen? „Dann sind wir eben ein außergewöhnliches Kleeblatt“ lautet die Antwort, die Frage ist damit schnell beantwortet. Für das dreiblättrige Frauen-Kleeblatt geht es weniger ums Sammeln, sondern mehr um die gemeinsame Zeit im Verein, in dem ihre Männer Briefmarken getauscht haben.

Viele Mitglieder besitzen Zehntausende Marken



Thomas Haug hat bei einem kürzlich besuchten Tauschtag einen großen Karton voll mit Marken geschenkt bekommen. Er stellt ihn in die Mitte des Tisches, denn alle dürfen sich bedienen. „Mei, die freut mich jetzt wirklich“, hallt es immer wieder durchs Frühlingsstüberl. Jeder der Anwesenden besitzt mehrere Alben – und damit wahrscheinlich Zehntausende Postwertzeichen. Die rote Mauritius ist eine der wertvollsten Briefmarken der Welt. Für mehr als 8 Millionen Euro ist ein Exemplar bereits versteigert worden. Von den Briefmarkenfreunden besitzt sie wenig überraschend niemand. „Die würd’ ich dann auch lieber verkaufen“, sagt einer von ihnen. Bei dieser Summe endet wohl auch die größte Sammelleidenschaft.

Der Tauschtag der Briefmarkenfreunde findet am 23. April, von 9 bis 13 Uhr, im Kolpingshaus in Osterhofen statt. Es sind bereits fast alle freien Plätze vergeben, der Verein ist mit dem Interesse zufrieden. Das Kolpingshaus als Veranstaltungsort ist kein Problem, denn: „Wir wissen, dass wir keine Stadthalle sind.“