Reinfall für KLJB Schaufling
Warum die Stadt Deggendorf einen gestohlenen Maibaum nicht auslösen wollte

17.05.2023 | Stand 25.10.2023, 11:17 Uhr

Der Schauflinger Maibaum-Coup: Beim Abtransport des Diebesguts – hier am Kreisverkehr in der Graflinger Straße – waren die Aktiven der Landjugend noch guter Dinge, fette Beute gemacht zu haben, sie hielten die Aktion auch per Video fest. −Screenshot: Gabriel

Nicht den richtigen Baum erwischt haben die Mitglieder der Schauflinger Landjugend, als sie sich dem alten Brauch folgend aufmachten, um den Maibaum der Stadt Deggendorf zu stehlen. Nach zähen Verhandlungen mit den Stadtoberen springt für sie deshalb nur eine mickrige Auslöse heraus.



„Des is a Waschl, des gibt viel Bier als Auslöse.“ Diebische Freude überkam die Strategen der Landjugend, als sie den gestohlenen Baum beim Abtransport im Licht des Kreisverkehrs an der Graflinger Straße begutachteten. Klassischer Fall von zu früh gefreut.

Baum lag ungesichert neben der Straße



Rund 25 Mitglieder hatten sich ein paar Tage vor dem 1. Mai aufgemacht, um den vorher ausgekundschafteten Baum in der Nacht vom Lagerplatz in Paußing abzuholen. Die Maibaumdiebe hatten leichtes Spiel, der Baum lag ungesichert und unbewacht neben der Straße: der Stamm entastet und entrindet, gut 25 Meter lang mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern, sowas ist Ende April eindeutig als Maibaum zu identifizieren; noch dazu weil entsprechende Informationen aus verlässlicher Quelle vorlagen.

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Doch die Verantwortlichen der Stadt Deggendorf waren von diesem Exemplar offenbar gar nicht so begeistert. Man habe beim Bearbeiten festgestellt, dass er nicht geeignet sei, erklärt Viola Mühlbauer, die Pressesprecherin der Stadt, auf Anfrage und führt als Grund unter anderem zu viele Äste an. Aus diesem Baum soll Brennholz werden. Den echten Maibaum würde die Stadt nie und nimmer ungesichert neben der Straße liegen lassen, versichert Mühlbauer.

Gestohlene Bäume müssen vom Gutachter überprüft werden



Ein weiteres Exemplar wurde im städtischen Wald auserkoren, geschlagen, in den Bauhof transportiert, dort hergerichtet und auch bewacht, wie Mühlbauer wissen lässt. Nach den Erfahrungen aus den Vorjahren, als die Stadt Opfer von Maibaumdieben geworden ist, wurde man in Deggendorf vorsichtig. Denn, so Mühlbauer, nicht nur die Auslöse verursache Kosten. Die Stadt müsse den zurückgeholten Baum erneut durch einen Gutachter auf seine Standfestigkeit prüfen lassen, auch sei jedes Mal ein Kran erforderlich. Das Aufstellen erledigte der Bauhof wie üblich ohne großes Brimborium, womit wieder ein Maibaum zum Interieur des Oberen Stadtplatzes nebst Palmen, Sandkasten und Rollrasen zählt.

Zurück zur Schauflinger Landjugend. Die hatte in Unkenntnis der Deggendorfer Befindlichkeiten ihre Beute, also den verhinderten Maibaum, heimgeschafft und ging frohgemut in die Verhandlungen. Doch da holte sie sich an mehreren Stellen eine Abfuhr, was auch Mühlbauer bestätigt. „Wenn das nicht unser Maibaum ist, warum sollten wir ihn dann auslösen?“, stellt sie in Frage.

Genau genommen ein „echter“ Diebstahl



Genau betrachtet hätten die Schauflinger Brennholz gestohlen. Bei den Verhandlungen am Telefon sollen auch rechtliche Konsequenzen ins Spiel gebracht worden sein. Gegenüber der Landjugend war jedoch auch von einem Unfall beim Verladen gesprochen worden, der den Stamm als Maibaum unbrauchbar gemacht haben soll. Den nicht gerade ungeübten Schauflinger Maibaumdieben ist an dem gestohlenen Exemplar nichts aufgefallen. „Ein ganz normaler Maibaum eben“, sagen sie. Letztendlich gab die Landjugend nach und brachte den Baum zurück.

Bleibt die Frage, warum die Stadt den verschmähten Baum nicht einfach ein paar Mal hergeschnitten hat, wenn er eh nur zu Brennholz verarbeitet werden sollte, dann wäre er nicht verwechselt worden. Ob absichtlich oder nicht, auf jeden Fall wurde mit dem entrindeten Baum in Paußing eine falsche Spur gelegt. Die Schauflinger Landjugend, die sich im Auftrag des Brauchtumerhalts unterwegs sieht, hatte sich umsonst die Mühe gemacht.

Zwei Tragerl Bier – das findet die Landjugend „schwach“



„Kulanterweise“, so die Wortwahl der Stadt, habe Oberbürgermeister Dr. Christian Moser zwei Tragerl des neuen Deggendorfer Biers zugesagt, sobald dies erhältlich sei. „Schwach für so eine große Stadt“, findet das die Landjugend. Sie verweist auf Plattling, wo der Bürgermeister ein Spanferkel und ein Fassl Bier für die Maibaumdiebe springen lässt. Auch die beiden anderen 2023er Schauflinger Maibaumopfer, Niederalteich und Schöfweg, wollen jeweils ein Festl ausrichten. Übrigens: Auch im Vorjahr war die Altenbucher Landjugend mit der vom OB zugesagten Auslöse für den – wohlgemerkt echten – Baum nicht zufrieden.

Schauflings Bürgermeister spendiert Brotzeit



Schauflings Bürgermeister Robert Bauer findet es klasse, dass die jungen Leute in seinem Dorf die Tradition des Maibaumstehlens hochhalten. So etwas dient schließlich auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Da sollte man nicht mit rechtlichen Schritten drohen, sagt er. Weil auch Bauer die „Auslöse“, falscher Baum hin oder her, nicht gerade üppig findet, stiftet er die Brotzeit, die sich die Maibaumdiebe dann zum Deggendorfer Bier schmecken lassen können. Und damit sie Gelegenheit zum Bier-Vergleich haben, gibt’s von der DZ noch einen Kasten drauf, schließlich handelte es sich bei dem Diebesgut zumindest eine Zeit lang um einen Maibaum.