Plattling
Rolf Miller: Weltmeister der Halbsätze

Der Kabarettist beweist im Bürgerspital, dass das Wort „Ding“ sein Ding ist

25.11.2022 | Stand 25.11.2022, 16:51 Uhr

Konnte viele Zuschauer ins Bürgerspital locken: Wortakrobat und „Halbsatzweltmeister“ Rolf Miller. −Foto: Schreiner

Von Oliver Schreiner

Er kann Philosophie, er kann Fußball, er kann Alltagskomik und er kann „Bobbele“– nur eines kann er nicht: vollständige Sätze. Rolf Miller, der Kabarettist aus dem Westen Baden-Württembergs und inoffizieller Weltmeister der Halbsätze, gab sich am Donnerstagabend die Ehre, auf der Kleinkunstbühne der Nibelungenstadt seine besondere Art Kabarett zum Besten zu geben.

Man kann ihn lustig finden oder nicht – unvollständige, abrupt endende Sätze offenbaren zahlreiche gedankliche Brüche und sorgen letztlich für Komik, die sich oft erst im Nachgang einstellt. „Hinter der Pause lauert die Pointe“, so die Jury des Deutschen Kleinkunstpreises bei der Verleihung 2006. Seine zahlreichen Preise, unter anderem als Gewinner des Passauer Scharfrichterbeils sowie des Kleinkunstpreises Baden-Württemberg, sowie zahlreiche Auftritte bei „Ottis Schlachthof“ machen klar: Miller ist einer der ganz Großen des deutschen Kabaretts, das Besondere daran ist, dass er dabei nur einen Stuhl und eine Wasserflasche als Requisiten benutzt und 2 Stunden sitzend einen „Stammtisch-ähnlichen Monolog“ in odenwäldisch-hessischer Mundart hält.

„Ohne mit der Zimper zu wucken“, die „Schildkröten-Unterfunktion“, „Verschwörungsleugner“ oder die „einäugigen Zwillinge“ zeigen, dass er der Meister der Satz- und Wortverdrehung, der Halb- und Viertelsätze ist, mit und völlig ohne Zusammenhang zueinander und natürlich als Epizentrum der Monologe sein Kult-Wort „Ding“. Dieses Füllwort für alles und alle lässt er durch seine Kunstfigur bei fast jeder Gelegenheit fallen - quasi als Synonym seiner persönlichen Sicht und als Erklärung seines offensichtlich begrenzten geistigen Universums.

Der „Dr. Müller-Ding“ (Wohlfahrt) als „Jürgen Drews des Fußballs“ und „Halbschwester von Winnetou“ ist dabei ebenso Lieblings-Zielscheibe seiner grotesken Gedanken wie „Bobbele“ Becker, der begnadete Tennisspieler, der seit der Geburt seiner Tochter finanziell im Freien Fall sei, schließlich sei sie die einzige Tochter auf der Welt, bei der der Vater auch ohne Vaterschaftstest eindeutig erwiesen sei.

Der „Bundes-Ding“ Joachim Löw bekam dabei reichlich sein Fett weg ebenso wie der „Tour-de-Fräntze-Sieger“ Jan Ullrich oder Cem Özdemir, der als Grüner, Schwabe und Türke offenbar zu viel „Seitenbacher Bergsteiger-Müsli mit Hanf“ konsumiere und sein eigenes Gras zuhause anbaue – warum auch sonst fährt er so viel Fahrrad und hat offensichtlich keinen Führerschein mehr?
Zudem: was haben Karl Lagerfeld und sein „Bobbele“ gemeinsam? „Die leben auf dem Mond und haben es bis heute nicht gemerkt!“ Auch durfte hier Merkel nicht fehlen – schließlich sei sie „ein „Mann, der getan habe, was ein Mann tun muss“.

Aber auch mit sehr einfältigem Alltagshumor weiß der „Miller-Ding“ zu helfen. Jürgen an seine Freundin: „Was ist, wenn ich morgen sterbe? Sie: Freitag“ oder: „Was macht man mit einem Hund ohne Beine? Antwort: Um die Häuser ziehen“. Auch die Rassisten und Ausländerhasser kommen voll auf ihre Ding-Kosten. Miller zu sich selbst: „Die Flüchtlinge hätte ich gar nicht gebraucht. Ich war auch vorher schon ausländerfeindlich“. Als Kern-Erkenntnis seiner tiefgründig philosophischen Gedanken darf aber gelten: „das Ziel ist der Weg“ und vor allem: „wenn schon blöd, dann gescheid“.

Offenbar war nicht nur Organisator Roman Hofbauer, sondern gerade auch Rolf Miller selbst sehr mit seinem Plattlinger Publikum zufrieden– nicht nur, weil der Saal brechend voll war und eine heitere Faschings-Stimmung herrschte – sondern, „weil es wichtig ist, dass das Publikum schön ist – schließlich muss ich es zwei Stunden anschauen“.