Otzing
Mafiosi für die Tifosi

Neuer Sagmeister-Krimi: In „Mit freundlichen Grüßen, Ihre Mafia“ ermittelt Maxi am Gardasee

24.11.2022 | Stand 19.09.2023, 3:42 Uhr

Die Autorin und ihr Werk: Claudia Sagmeister präsentiert den neuen Kriminalroman „Mit freundlichen Grüßen, Ihre Mafia“. Für das 230 Seiten starke Buch brauchte sie nur sechs Wochen. −Foto: Bauer

Von Franz Josef Bauer

Otzing. Orte am Gardasee klingen nach Urlaub: Riva, Torri und Bardolino verbindet jeder mit Dolce Vita, vom Tiktok-Enkel bis zur Nachkriegsoma. Der Krimi passt zwar klanglich durchaus ins Schema, doch das Verbrechen scheint am Lago di Garda weit weg, irgendwo südlich der Po-Ebene. Claudia Sagmeister aus Otzing rückt es mit ihrem neuen Roman ins Bewusstsein: „Mit freundlichen Grüßen, Ihre Mafia“ verleiht dem liebsten Urlaubsziel der Deutschen eine ungekannt spannende Note.

Wie schon im Debütroman „Willkommen im Leben, sagte der Tod“ übernimmt auch diesmal Maximiliane Meisinger die Ermittlungen. Sympathisch, taktisch, klug – Maxi, die Kriminalkommissarin besticht durch ihre unkomplizierte Art und einem besonderen Gespür fürs Fällelösen.

Maxi widerlegtalle Klischees

„Maxi ist klasse, total liebenswert. Aber sie eckt auch gerne mal an.“ Die Autorin schwärmt von ihrer Hauptfigur, die sämtlichen Klischees zuwiderläuft. „Sie ist weder klassische Frau noch klassische Polizistin“. Blonde Dreadlocks, zerrissene Jeans und Reiterstiefel passen schon modetechnisch nicht zur Polizeiinspektion Schnaipfing, ganz zu schweigen von Maxis großstädtischem Gedankengut.

Im neuen Mafia-Roman schickt Sagmeister die Mittdreißigerin in den Urlaub. Die Kommissarin schenkt der Mutter einen Gardasee-Trip zum Siebzigsten. „Doch ohne Vorwarnung steigt plötzlich auch Tante Rosa in den Bus nach Italien ein und schließt sich der Reisegruppe an“, heißt es im Klappentext. Ein Menetekel. Denn: Überall, wo die schrullige Seniorin auftaucht, ist Ärger vorprogrammiert. Sie wittert allenthalben Verbrechen, bis sie in Bardolino plötzlich verschwindet. Die Carabinieri weigern sich zu ermitteln, was Maxi stutzig macht. Sie fragt sich, „ob ihre Tante nicht doch mit einigen Behauptungen Recht hatte, und ob bei dieser Reisegruppe tatsächlich jeder ist, wer er vorgibt zu sein?“

Verschollen im Urlaub – ein Alptraum, den Sagmeister eher zufällig entwickelt. „Da gab es eine Verlagsausschreibung, bei der es um einen Gardasee-Krimi ging. Die besten drei Exposés sollten den Zuschlag bekommen.“ Den Gardasee kennt die 50-Jährige aus ihrer „Sturm-und-Drang-Zeit“ bestens. Mit einer Freundin erlebt sie dort den „schönsten Sommer des Single-Daseins“. Lange her, mittlerweile ist die Autorin seit Jahrzehnten glücklich verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder. Das Urlaubsgefühl von damals ist trotzdem präsent, Sonne, Strand und Meer haben sich einen Stammplatz in Sagmeisters Erinnerung erspielt.

Beste Voraussetzungen für einen Roman. Erst wollte Sagmeister nur einen kurzen Abriss geben, „aber irgendwie ist dann doch ein ganzes Buch entstanden“. Das schafft es zwar nicht unter die Top 3 der Ausschreibung, fertig ist es zur Freude der Fans aber trotzdem. „Die Leser haben mich ständig nach einer Fortsetzung gefragt“, merkt Sagmeister an, noch immer überrascht von ihrem Erfolg. 1000 verkaufte Exemplare, Lesungen in München, prominente Fans wie Landrat Bernd Sibler. Sie kann nicht anders, als nachzulegen, fast genau ein Jahr nach ihrem Einstand als Autorin.

„Dass ich weitermache, stand schon länger fest. Nur wie, das war die Frage.“ Geworden ist es der Gardasee, sechs Autostunden vom fiktiven Schnaipfing entfernt. Anders als der erste Band enthält „Mit freundlichen Grüßen, Ihre Mafia“ viele Zeitsprünge, Analepsen und Prolepsen, wie der Literaturwissenschaftler es nennt. Das macht die Geschichte komplexer, ohne ihr die Spannung zu nehmen. Die berühmte Prise Humor streut Sagmeister sowieso in die Handlung – „ mein Markenzeichen“, betont sie stolz.

Ein Vorbild in Sachen Krimi habe sie nicht, sie persönlich lese die Textsorte nicht gerne. „Ich lese meistens vor dem Einschlafen. Da habe ich Angst, dass ich die Verbrechen in den Traum mitnehme.“ Liebesgeschichten sind ihr lieber, von Kerstin Gier, Dora Held, Angelika Schwarzhuber. Stofflich bieten diese Autorinnen ihr aber keine Hilfestellung. „Selbst, wenn ich’s probieren würde, ich kann’s nicht. Umbringen liegt mir einfach mehr als verlieben lassen“, witzelt Sagmeister und lässt sich dabei entspannt in die Lehne zurückfallen.

Sie genießt das Schreiben, entwickelt Tag für Tag ihre Figuren weiter. Es ist, als habe sie mit 50 ihre Bestimmung gefunden. „Früher habe ich zwar auch geschrieben, aber eher Einakter, ein paar Zeilen und keinen 300-Seiten-Text.“ Erst als ihre Schwester ihr scherzhaft die Aufgabe stellt, ein Buch zu schreiben, wagt Sagmeister sich an längere Geschichten. Und siehe da: Sie sah, dass es gut war. Der Schreibfluss stockt selten, das zweite Buch schreibt sie innerhalb sechs schöpferischer Wochen nieder. Einen festen Plan verfolgt sie dabei nicht, viele Gedanken entwickeln sich während des Schreibens. „Beim ersten Buch war ich selbst überrascht, wer’s am Schluss war“, gesteht Sagmeister mit einem Augenzwinkern. Den Stoff entnimmt sie dem wahren Leben, sie sammelt in einem Ideenbuch witzige Einfälle. Anekdoten, Aphorismen, Aperçus – „das ist mein Ding, das macht mir Spaß“, sagt die Otzingerin.

„Autoren sindwie Bauern“

Stünde nicht der Spaß im Vordergrund, würde sich das Schriftsteller-Dasein nicht lohnen, reich werden davon nur Starautoren. Sagmeister schätzt den Anteil, der ihr von den Bucheinnahmen bleibt, auf gerade mal acht Prozent. Cover, Satz, Korrektorat, Lektorat – „ein Autor ist wie ein Bauer, er begnügt sich mit dem, was das Feld hergibt“, meint sie. Schriftstellerei als Subsistenzwirtschaft.

Einen Verlag hat Sagmeister nicht, sie vertreibt ihre Bücher nach dem „book on demand“-Prinzip. Sie werden also erst dann gedruckt, sobald sie angefordert werden. Seit vergangenem Montag kann man „Mit freundlichen Grüßen, Ihre Mafia“ im regionalen Buchhandel kaufen: bei Pustet, Ruprecht, Kemme Osterhofen und im Mode-Eck.