Mehrere hundert Teilnehmer
Kundgebung in Deggendorf: Kampfansage an die AfD

06.02.2024 | Stand 07.02.2024, 9:17 Uhr

Gut gefüllt war gestern Abend zwei Stunden lang der Platz vor dem Alten Rathaus. Die Polizei ging von etwa 350 Teilnehmern aus, etwas weniger als bei der ersten Kundgebung für Demokratie und gegen Rechtsextremismus.  − Fotos: Schmidbauer

Von Stefan Gabriel

Bei der zweiten Demonstration für Demokratie und gegen Rechtsextremismus haben sich am Dienstagabend erneut mehrere hundert Menschen auf dem Oberen Stadtplatz versammelt.



Organisiert hatte die Kundgebung Matthias Denk von der Grünen Jugend, dem Aufruf angeschlossen hatte sich ein breites Bündnis aus Parteien und ihren Jugendorganisationen, Verbänden, Vereinen, Kirchen und sogar einigen Firmen. Entsprechend waren von Schülern bis Senioren alle Altersgruppen vertreten. In knapp zwei Stunden sprachen 15 Rednerinnen und Redner, die freilich eine gemeinsame Botschaft hatten: Die Gesellschaft muss die Lehren aus der Geschichte ziehen und die AfD stoppen. Dabei seien die demokratischen Parteien gefordert, aber auch jeder einzelne im privaten Umfeld.

Wie viele Menschen an Kundgebungen im Freien teilnehmen, kann immer nur grob geschätzt werden. Die Polizei ging am Dienstagabend von etwa 350 Teilnehmern aus. Bei der Kundgebung, die „Demokratie leben“ am Holocaust-Gedenktag organisiert hatte, waren nach Polizeischätzung etwa 500 Menschen dabei.

Die Kundgebung eröffnete Haupt-Organisator Matthias Denk. Demonstriert werden solle gegen Rechtsextremismus, Rassismus, jede Form des Antisemitismus, Antiziganismus, sowie jede andere Form der Diskriminierung. Es gehe darum, die Werte des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung zu verteidigen. Linksextreme Parolen seien ebenso wenig erwünscht wie Palästinenserflaggen, stellte Denk fest.

„Vernetzungstreffen auch im Bayerischen Wald“



Auslöser der Demonstrationen gegen Rechts im ganzen Land waren die Berichte über ein „Vernetzungstreffen“ von Rechtsextremisten mit AfD-Beteiligung in Potsdam. Auch im Bayerischen Wald habe es ein „Vernetzungstreffen“ gegeben, sagte Denk: AfD-Mitglieder hätten sich mit den „Freien Sachsen“ und der Neonazi-Kleistpartei „Der III. Weg“ ausgetauscht. Auch verwies er auf den Umgang der von Katrin Ebner-Steiner geführten Landtagsfraktion mit dem Abgeordneten Daniel Halemba, der Mitglied einer vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft ist und gegen den wegen Volksverhetzung ermittelt wird.

Denk erhob fünf Forderungen an die Landes- und Bundespolitik: Ein Verbot der AfD müsse geprüft werden. Ebenso, ob man der Partei die Finanzierung aus staatlichen Quellen streichen kann. Es müsse verhindert werden, dass AfD-Kandidaten in wichtige Institutionen wie Verfassungsgerichte gelangen. Die Jugendorganisation Junge Alternative, vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingeschätzt, müsse verboten werden. Und andere Parteien dürften die menschenverachtende Sprache der Rechtsradikalen nicht übernehmen.

Die Grünen waren mit der Bundestagsabgeordneten Marlene Schönberger und dem Landtagsabgeordneten Toni Schuberl vertreten. Schönberger sagte, die Berichte über das Treffen zur „Remigration“ in Potsdam hätten eigentlich nichts Neues enthalten. Die extreme Rechte verfolge ihre Ziele seit Jahren ganz offen, die „Mehrheitsgesellschaft“ habe aber weggeschaut. „Wir sind hier, weil das enden muss.“

Schuberl war Vorsitzender des Untersuchungsausschusses zum NSU im Landtag. Die Terrorgruppe habe gezielt gut integrierte Zuwanderer aus der Türkei ermordet, um deutlich zu machen: die sind hier nicht erwünscht. Das decke sich ideologisch mit „Remigrations“-Plänen, wie sie in Potsdam diskutiert wurden. Schuberl: „Es beginnt mit Hass und endet mit Mord.“

Die Deggendorfer SPD-Vorsitzende Susanne Riedl kritisierte, dass auch andere Parteien die Grenzen des Sagbaren verschieben würden. Und Iris Hoffmann von den Jusos appellierte an die konservativ eingestellten Bürger: „Konservativ kommt von bewahren. Bewahren Sie unsere Werte und unsere Demokratie.“

„AfD will die Spielregeln der Demokratie außer Kraft setzen“



Georg Kestel vom Bund Naturschutz unterschied sich von den anderen Rednern dadurch, dass er überhaupt nicht über das Potsdamer Treffen oder Rassismus sprach, sondern über die grundlegenden Spielregeln einer Demokratie. Die Gesellschaft stehe vor komplexen Problemen, der Klimawandel sei ein großes, aber nicht das einzige. Darauf könne es nur komplexe Antworten geben. Über die müsse verhandelt und auch gestritten werden – in der Sache. Wesentlich sei aber, dass man sein Gegenüber nicht als Person angreife, stellte Kestel fest. „Der AfD geht es darum, diese Spielregeln außer Kraft zu setzen. Ihre Mittel der Wahl sind Verunglimpfung und Hetze.“

Andreas Schmal vom DGB Niederbayern brachte das auf die Formel: „Man darf jemanden als politischen Gegner bezeichnen. Aber unter Demokraten darf man sich nicht Feind nennen.“ Wie mehrere andere Redner forderte er dazu auf, im Alltag zu widersprechen, wenn rechtsradikale oder diskriminierende Parolen oder schlickt falsche Behauptungen verbreitet werden.

Thomas Müller von der AWO erinnerte daran, dass das Programm der AfD massiven Sozialabbau fordert. Weitere Beiträge kamen von Walid Aldaikli von der FDP, Elena Geiger von der Grünen Jugend, Patrizia Gillner und Bernhard Greiler von Demokratie leben und Anna Goller von Fridays for Future.

Diakon: „Liebt die Menschen und hasst den Faschismus“



Für die Evangelische Kirchengemeinde sprach Pfarrer Klaus-Ulrich Bomhard. Und nachdem Denk noch am Montag berichtet hatte, von der Katholischen Kirche habe niemand auf seine Anfrage reagiert, war am Dienstag Diakon Sebastian Nüßl von der Pfarrei St. Martin dabei. Er stellte prägnant fest, Antifaschismus und christlicher Glaube würden gut zusammenpassen, weil es um die Menschenliebe gehe: „Liebt die Menschen und hasst den Faschismus.“