Pool an Talenten
Von Früchtl bis Yalcin: NLZ der Spvgg GW Deggendorf sorgt niederbayernweit für Furore

31.01.2024 | Stand 31.01.2024, 12:24 Uhr

Nur eines von vielen aktuellen Beispielen, die die Top-Ausbildung bei der Spvgg GW Deggendorf unterstreicht: Lukas Weidlich, der in der U17 in der Landesliga Süd in 14 Spielen satte 24 Tore erzielte. − Fotos: Helmut Müller

Keeper Christian Früchtl (23/aktuell beim österreichischen Bundesligisten Austria Wien unter Vertrag) oder Thomas Pledl (29/Drittligist MSV Duisburg) sind nur zwei prominente Namen: Beide sind gebürtig aus der Bayerwald-Gemeinde Bischofsmais (Landkreis Regen), beide schnupperten bereits Bundesliga-Luft – und beide stehen exemplarisch für die erfolgreiche Arbeit des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) der Spvgg GW Deggendorf.

Seit 13 Jahren werden dort junge Kicker gefördert – mit großem Erfolg, wie die lange Liste an Fußballern zeigt, die anschließend im Herren-Bereich ihren Weg machten. Und: Die nächste Generation steht schon in den Startlöchern, der Pool an jungen Talenten scheint schier unerschöpflich zu sein.

Früchtl, sammelte unter anderem beim FC Bayern München unter Star-Trainer Pep Guardiola (Manchester City) wertvolle Erfahrungen, Pledl – einer der ersten Abgänge aus dem Deggendorfer NLZ – hatte seine besten Jahre im deutschen Fußball-Oberhaus bei Greuther Fürth, Ingolstadt und Düsseldorf. Darüber hinaus zählten auch Robin Yalçin (29/aktuell beim türkischen Erstligisten Eyüpspor) oder Keeper Patrick Wiegers (33), der zuletzt bei Dynamo Dresden unter Vertrag stand und mittlerweile seine Karriere beendet hat, zu den Ersten, die vor über einem Jahrzehnt durch die Deggendorfer Talentschmiede gingen.

Seit 13 Jahren werden an der Trat junge Kicker ausgebildet, gibt es dort eines von bayernweit 16 Nachwuchsleistungszentren. Ein Titel, den der BFV vergibt, wenn man über Jahre gute Jugendarbeit leistet, ein Siegel – mehr aber auch nicht. Der Chef in Bayern ist kein Unbekannter, es ist der ehemalige FIFA- und Bundesliga-Schiedsrichter Dr. Felix Brych. Und der hatte bei der letzten Evaluierung im März 2023 – zusammen mit seinen Funktionärs-Kollegen – nichts zu beanstanden. Das Ergebnis der Besprechung vor Ort: „Ihr seid auf dem richtigen Weg, bitte so weitermachen!“ Ein Lob, das besonders Sportkoordinator Andreas Schäfer (56) freut und gleichzeitig auch Ansporn für die Zukunft ist. „Wir wollen das Vorbild und der Ausbilder für die Region sein. Und: Die führende Kraft, was die Nachwuchsarbeit anbelangt, in Niederbayern bleiben“, sagt der 56-Jährige selbstbewusst.

Seit gut zehn Jahren schwingt der gebürtige Aholminger nun schon das Nachwuchs-Zepter in verantwortungsvoller Position. Zu seiner Jugendzeit kickte er bei der Spvgg Plattling, spielte dort in der Bezirksliga, kehrte aber im Herrenbereich wieder zurück zu seinem Heimatverein. Kaum zu glauben: Aber mit 18, 19 Jahren hing er seine Fußballstiefel an den Nagel, konzentrierte sich voll und ganz auf den Sektor Jugendfußball. Der Erfolg gibt ihm heute Recht. Zu seiner Anfangszeit in Aholming trainierte er unter anderem den späteren Jugend-Nationalspieler Christian Dullinger, der heute beim Landesligisten Spvgg Osterhofen als Coach die Kommandos gibt.

Schäfer: „Das ist meine Leidenschaft, ich mache das für null Euro!“



Schäfers Aufgabengebiet im NLZ und bei der Spvgg GW Deggendorf (1. und 2. Mannschaft) ist mannigfaltig. Spielerverhandlungen und Trainer-Auswahl gehören ebenso dazu wie Eltern-Gespräche, Sichtungen, viele organisatorische Angelegenheiten, etc. „20 bis 25 Stunden wöchentlich kommen da schon zusammen“, rechnet Schäfer vor. Ein Halbtagsjob eben. Ein ganz verrückter aber, wie der Sportkoordinator gegenüber der Heimatzeitung sein Hobby erklärt. „Das ist meine Leidenschaft, mein Herzblut, mein Interesse am Fußball. Ich mache das zum Spaß und für null Euro.“ Schäfer weiter: „Und wenn dann am Ende manche Spieler den Sprung in ein Bundesliga-Nachwuchsleistungszentrum schaffen oder ein Sebastian Niedermayer (22), ein Martin Kauschinger (21) sowie ein Christoph Szili (22) in der Regionalliga Fuß fassen, dann haben wir unser Ziel erreicht, der Top-Ausbilderverein in Niederbayern zu sein.“

Auch wenn es Andreas Schäfer nicht gerne zugeben will: Freilich ist er stolz auf das bisherige Ergebnis seiner Arbeit. Schäfer formuliert es aber anders: „Ich bin nicht auf mich stolz, sondern auf alle, die an unserem NLZ beteiligt sind.“ In erster Linie sind das die Trainer – und die klingen in Deggendorf durchaus namhaft, nehmen weite Anfahrtswege aus Rattenberg (Landkreis Straubing-Bogen) oder Hutthurm (Landkreis Passau) auf sich, kommen aus allen Himmelsrichtungen und könnten im Herrenbereich locker und leicht Landes- oder Bayernliga trainieren. „Alle haben von der U12 bis zur U19 B oder B+ Lizenz, sind topausgebildete und qualifizierte Trainer und sorgen dann auch für dieses Ergebnis Jahr für Jahr“, kommt der 56-Jährige bei seinen Übungsleitern ins Schwärmen. Schäfer ist dabei auch für seine klare und direkte Ansprache bekannt. Er selbst umschreibt seinen Stil aus Zuckerbrot und Peitsche folgendermaßen: „Jeder weiß, wie er bei mir dran ist. Wenn er seine Sache gut macht, so wie ich es mir vorstelle, dann hört man von mir im ganzen Jahr nichts, dann schaue ich fünf Minuten beim Training zu und bin schon auf dem nächsten Übungsplatz. Die Trainer wissen genau, wenn es gefährlich wird: Wenn ich öfters und länger zuschaue!“ Auf der anderen Seite steht Schäfer aber auch wie eine Löwe vor seinen Coaches, schützt sie, wenn es mal Stress von Außen gibt, weil Eltern meckern, wenn der Sprössling zu wenig oder keine Einsatzzeiten bekommen hat.

Apropos Sprösslinge: Torhüter, Verteidiger, Mittelfeld oder Sturm – aus allen Mannschaftsteilen hat das Deggendorfer NLZ bereits Spieler für höhere Aufgaben herausgebracht. Die beiden jüngsten Nachwuchs-Exporte: Valentin Beckert, der im Sommer zum FC Bayern München an den Campus wechselte (PNP berichtete), und Raphael Steudtner, der bei Jahn Regensburg in der U17-Bundesliga kickt. Derweil stehen die nächsten hoffnungsvollen Nachwuchskicker schon in den Startlöchern – der schier unerschöpfliche Pool an Talenten, er reißt am NLZ Deggendorf nicht ab...

Auszeichnung für Ausbildung von Franzi Kett



Diese Würdigung schmeckt ganz besonders süß: Kürzlich wurde das NLZ mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold ausgezeichnet. Die Preisträgerin ist ein sehr bekannter Export, es ist keine geringere als Franziska Kett (19) vom FC Bayern München. Die 19-Jährige schoss Deutschland bei der U19-EM mit ihrem Treffer zum 3:2-Sieg gegen Frankreich ins Finale, wo man dann gegen Spanien im Elfmeterschießen mit 2:3 das Nachsehen hatte. Kett (Jahrgang 2004) erhielt die Auszeichnung als beste Nachwuchsspielerin der Saison 2022/23. Davon profitiert nun auch die Spvgg Deggendorf. Zusammen mit ihrem Heimatverein FC Edenstetten sowie dem FC Bayern München wird der mit 20000 Euro dotierte Preis – je nach Jahren – aufgeteilt. „Das ist wieder ein Beleg dafür, dass man über unser NLZ was werden kann. Nicht nur durch die Auszeichnung stehen wir mit unseren talentierten, jungen Spielern im Fokus, sondern auch mit der Tatsache, dass wir immer wieder mit unseren Nachwuchsteams gegen diverse Profivereine antreten, und diese dann unsere Talente für sich entdecken“, freut sich Schäfer.