Deggendorf
Drei Seiten der Palliativmedizin beleuchtet

Deggendorfer Palliativgespräche wieder gestartet

04.12.2022 | Stand 18.09.2023, 20:53 Uhr

Freuen sich über eine gelungene Wiederaufnahme der Palliativgespräche: Dr. Barbara und Estella Lighvani (von links), Julia Reif, Prof. Dr. Dr. Cornelius Klein, Dr. Susanne Zunko, Prof. Dr. Michael Quintel, Dr. Peter Kolbinger und Dr. Steven Hebert. −Foto: Klinikum

Mit drei Themenkreisen haben sich die Deggendorfer Palliativgespräche beschäftigt: Professor Michael Quintel, Leitender Arzt für Anästhesie, sprach über das Verhältnis der Palliativ- zur Intensivmedizin, Dr. Steven Hebert berichtete von seiner Arbeit in der Kinderpalliativmedizin und Professor Cornelius Klein klärte über die Behandlung von Kopf- und Halstumoren auf.

Mit den diesjährigen Deggendorfer Palliativgesprächen wurde eine langjährige Tradition wieder aufgenommen, die das Anliegen verfolgt, sowohl Spezialisten weiterzubilden als auch alle Bevölkerungsschichten für das Thema Palliative care zu sensibilisieren.

Die Intensivmedizin hat laut Michael Quintel zunächst als höchstes Ziel das Überleben des Patienten: „Sie verschafft Zeit zur Heilung.“ Über die Zeit haben außerdem immer mehr ganzheitliche Aspekte Eingang in die Intensivtherapie gefunden. Intensivstationen stehen häufig unter hohem Entscheidungsdruck – der Respekt der Autonomie des einzelnen Menschen erfordert deshalb, dass die individuellen Wünsche und Vorstellung der Patienten bezüglich ihrer Gesundheit und Krankheit über ihre Angehörigen ermittelt werden.

Die Palliativmedizin hingegen stellt die Linderung des Leids in den Mittelpunkt. Quintel sieht darin jedoch keinen Gegensatz, eine ganzheitlich orientierte Betreuung der Patienten und ihrer Angehörigen ist nach seiner Ansicht unverzichtbarer Teil moderner Intensivmedizin, die sich immer in Grenzbereichen bewege. Der Schlüssel sei hier der kontinuierliche Dialog und die intensive und offene Kommunikation mit allen Beteiligten.

Steven Hebert hob die Bedeutung der persönlichen und zugewandten Haltung in der Arbeit mit sterbenden Kindern an der Uniklinik Erlangen hervor. Ihm sei es wichtig, die Kinder ganzheitlich zu sehen und ihre Wünsche zu berücksichtigen. Gleichzeitig würden auch Eltern und Geschwister in die Betreuung durch das Team einbezogen. Gemeinsam werde ein Hilfenetzwerk geknüpft, um auch eine Betreuung zu Hause ermöglichen zu können. Hierzu gibt es auch spezielle Betreuungsdienste.

In seinem Vortrag über bösartige Kopf- und Halstumore, die zwar allgemein wenig bekannt sind, aber sieben Prozent aller Krebserkrankungen ausmachen, berichtete Cornelius Klein, Chefarzt der Abteilung für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Deggendorfer Klinikum. Hauptursachen dieser Krebserkrankung seien bislang noch Alkohol- und Nikotinmissbrauch, in zunehmendem Maße jedoch auch eine Infektion mit humanen Papillomviren (HPV). Obwohl eine Früherkennung leicht möglich ist, begeben sich betroffene Patienten häufig erst mit fortgeschrittenen Tumorstadien in eine fachkundige ärztliche Behandlung.

Nach einer umfassenden Diagnostik werde in einer interdisziplinären Konferenz über Umfang und Art der Behandlung (Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Immuntherapie und deren mögliche Kombination) beraten. In frühen Tumorstadien lägen die Heilungsaussichten bei über 80 Prozent, in fortgeschrittenen dagegen nur bei unter 50 Prozent.

Folge sei oft ein langes Siechtum während einer palliativen Behandlung. Erste Hinweise auf diese ernstzunehmende Erkrankung seien oft nicht abheilende Wunden in der Mundhöhle, nicht abwischbare weiße Verfärbungen der Mundschleimhaut oder eine hartnäckige Heiserkeit.

Die Organisatoren Dr. Susanne Zunko, Dr. Peter Kolbinger und Dr. Barbara Lighvani waren mit der Resonanz der Veranstaltung sehr zufrieden – ein lebhafter Austausch entstand im voll besetzten Historischen Saal des Alten Rathauses. Für die musikalische Gestaltung dankten sie Julia Reif und Estella Lighvani.

− dz