Beschluss nach Testphase
Wegen lauter Autotuner: Die Pfleggasse in Deggendorf bleibt ab 20 Uhr dicht

Beschluss nach erfolgreicher Testphase im Sommer – Die Uhrzeit ist ein Kompromiss

10.03.2023 | Stand 17.09.2023, 1:11 Uhr

Von 19 bis 5 Uhr waren im Sommer 2022 der nordöstliche Luitpoldplatz, die Bräu- und die Pfleggasse für Autos gesperrt. Die jetzt beschlossene Sperrung gilt ganzjährig, dafür erst ab 20 Uhr – und sie nimmt die Bräugasse testweise aus. −Foto: Archiv Baumgartner

Die Stadt Deggendorf möchte, dass die Autotuner nicht mehr ihre lautstarken Runden durch die Innenstadt drehen. Am Donnerstag hat der Verkehrsausschuss beschlossen: Die Pfleggasse bleibt ganzjährig von 20 bis 5 Uhr für Autos gesperrt. Ausnahmen gelten für Anlieger und Taxen.



Der Test im Sommer 2022 ist nicht schlecht gelaufen. Darum wird es jetzt zum Dauerzustand: Die Pfleggasse bleibt nachts für Autos dicht. Darin war man sich im Verkehrsausschuss am Donnerstag einig. Kontrovers diskutiert und schließlich mit neun zu vier Stimmen beschlossen worden sind dagegen die Rahmenbedingungen: Die tägliche Sperrzeit ist nun nicht um 19 Uhr, wie es die einen wollen, und nicht um 21 Uhr, was sich die anderen wünschen – sondern um 20 Uhr. Die Bräugasse bleibt außerdem, zunächst testweise, offen. Darüber, dass man Taxen auch nachts die Durchfahrt erlauben sollte, herrschte im Ausschuss wiederum Einigkeit.

Autolärm bis tief in die Nacht



Den Bewohnern am Luitpoldplatz, in der Pfleg- und Bräugasse haben immer in den Sommermonaten vor allem die nächtlichen Rundendreher das Leben schwer gemacht. Oft bis tief in die Nacht hinein sind die Besitzer getunter, laut dröhnender Fahrzeuge von der Graflinger Straße über Bahnhofstraße, Luitpoldplatz, Pfleggasse und Nördlichen Stadtgraben wieder und wieder ihre Runden gefahren. Mit quietschenden Reifen, dem Fuß auf dem Gas und laut wummernder Musik.

Um die Runde auf der „Stadtscheibe“ zu unterbrechen und damit unattraktiv zu machen, hat der Verkehrsausschuss im April 2022 beschlossen, zunächst testweise und nur in den Sommermonaten den Luitpoldplatz zwischen Bräu- und Pfleggasse sowie beide Gassen von 19 bis 5 Uhr dicht zu machen. Nur Anlieger hatten noch freie Fahrt, für alle anderen waren bei Missachtung 50 Euro fällig. Die Polizei hat das regelmäßig kontrolliert.

Gastronomen erbitten Ausnahme für Taxifahrer



Am Anfang brauchten die Autofahrer noch eine Eingewöhnungsphase. Je länger die Sperrung aber galt, um so besser wurde sich dann auch daran gehalten. Die Anwohner waren froh, bestätigt auch Stadtrat Christian Heilmann-Tröster (Die Grünen) nach persönlichen Gesprächen. Einzige Bitte der Gastronomen: Taxen sollten sie weiterhin direkt anfahren können. Schließlich mache ein betrunkener Gast weniger Lärm, wenn er direkt vor der Tür einsteigen könne – und nicht erst schwankend den Taxistand suchen müsse.

Indem man sich in Zukunft nicht auf die Sommermonate beschränkt, will man den Autofahrern die Verunsicherung nehmen, erklärte Thomas Zöller vom Ordnungsamt in der Sitzung. Zudem verursache der Durchgangsverkehr mehr Emissionen. Auch wenn dadurch im Winter Parkmöglichkeiten wegfallen – „wenn es ganzjährig ist, dann weiß man es einfach und muss nicht überlegen“, findet auch Cem Yasinoglu, Freie-Wähler-Stadtrat und Taxifahrer. Auch er habe beobachtet, dass die Tuner-Runden im letzten Sommer deutlich weniger waren.

Diskussion um Uhrzeit



Was allerdings die Uhrzeit betrifft, ist die Gefühlslage weit weniger eindeutig. Dass die Sperrung bis 5 Uhr gilt – kein Thema. Dass sie aber 2022 schon im 19 Uhr begann, darüber scheiden sich die Geister. Wirtschaftsförderer Andreas Höhn und Ordnungsamt-Chef Johann Maier haben sich vor allem bei den Gastronomen umgehört. Die Möglichkeit, die Freischankflächen zu vergrößern, habe keiner genutzt, berichtete Höhn in der Sitzung. Vor allem denken die Gastro-Betriebe bei der Sache an ihr Mitnahme-Geschäft – und dafür wollen die Kunden direkt bis vor die Haustür fahren. Die Pizzahelden, Mama Mia, Shiva und Irodion in der Pfleggasse sowie der Ankara Grill in der Bräugasse bitten daher darum, das bis 21 Uhr möglich zu machen.

Peter Schandelmaier (CSU) findet das als gelegentlicher Gast der Lokale dagegen nicht in Ordnung: „Mir stinken die Autos, wenn die vorbeifahren. Ich will nicht die Felgengröße von jedem Halbstarken kennen.“ Man möge die Abholer bitte nicht vor die draußen Sitzenden stellen, die schließlich auch die Innenstadt beleben.

Die Anwohner, stimmt Christian Heilmann zu, plädierten ebenfalls für 19 Uhr. OB Christian Moser ist „bei der Uhrzeit relativ schmerzfrei“, wichtig sei ihm vor allem, dass die Nachtruhe gewährleistet ist. Aber um 19 Uhr gehe wohl noch niemand ins Bett, „und Gastronomie und Geschäfte dürfen wir auch nicht vergraulen. Ohne sie wäre die Innenstadt nichts.“

Wer in die Innenstadt zieht, weiß, dass dort mehr Verkehr herrscht als auf dem Land, findet Konrad Rankl (SPD). Weil er ansonsten weitere Leerstände befürchtet, sprach er sich für 21 Uhr aus. Genauso wie Oliver Antretter (CSU), der nostalgisch an die frühere Kult-Kneipe Kurt am damals noch viel befahrenen Oberen Stadtplatz erinnerte. Polizistin Britta Bachinger, als Fachberaterin im Ausschuss, sieht das differenzierter: „Je später das Verbot beginnt, um so schwieriger wird es auch für die Kontrolle.“ Denn die Poser, erklärte sie, fahren dann trotzdem bis 21 Uhr, wenn sie das bis dahin dürfen. Die Geschäfte dürfen auch bis 20 Uhr offen haben – der Kompromiss mit der mittleren Zeit hat daher für OB Christian Moser aus mehreren Gründen Charme. Diesen ging die Mehrheit im Ausschuss dann auch gerne ein.

Kein Fahrverbot in der Bräugasse



Weniger diskutiert wurde über die Herausnahme der Bräugasse. Dort herrsche wegen der Diskothek an der Ecke zum Luitpoldplatz ohnehin nachts eine größere Lautstärke, hieß es, und wegen des Geschäfts mit den Disco-Besuchern habe außerdem der Ankara Grill ausgedehnte Öffnungszeiten. Grundbesitzer Günther Karl, erklärte OB Moser, plane außerdem einen Parkplatz zwischen Bräu- und Rosengasse, für den man die Zufahrt natürlich gewähren müsse. Nur Cem Yasinoglu ist sich nicht ganz sicher: „In der Bräugasse hallt es stark. Ist das für die Anwohner schon ok?“

Nach dem Beschluss vom Donnerstag hält sich die Stadt die Option offen: Wenn es so nicht geht, kann man die Bräugasse nach dem Sommer auch wieder in den nachts gesperrten Bereich mit hineinnehmen.