Der Bundestag soll am Freitag über die "Ehe für alle" abstimmen. Ein Ja würde die völlige rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen bedeuten. Nach jahrelanger Ablehnung der Homo-Ehe mit vollem Adoptionsrecht erklärte die Unionsfraktion die Abstimmung zur Gewissensfrage. Wir haben die Abgeordneten aus dem Verbreitungsgebiet unserer Zeitung dazu um eine Stellungnahme gebeten.
Christian Flisek (SPD, Passau): "Es ist längst überfällig, dass auch homosexuelle Paare heiraten dürfen. Wer sich liebt und zueinander solidarisch ist, verdient unsere ganze rechtliche Anerkennung. Daher werde ich diese Woche für die Öffnung der Ehe stimmen. Dies tue ich aus tiefer Überzeugung und nicht aus purem Interesse an Machterhalt, wie es bei Bundeskanzlerin Merkel zu sehen ist. Ich muss ehrlich sagen: Es bleibt mir der Atem weg, wenn ich sehe, wie sehr die Kanzlern bei so einem sensiblen Thema rumeiert. Die Wählerinnen und Wähler wollen wissen, wo die Unterschiede zwischen den beiden Volksparteien liegen? Genau hier: Wir haben eine Haltung, für die wir einstehen. Die Union und allen voran Kanzlerin Merkel wird getrieben von beschämendem Opportunismus."
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Rita Hagl-Kehl (SPD, Deggendorf): "Ich werde am Freitag für den Bundesratsentwurf aus Rheinland-Pfalz zur Öffnung der Ehe stimmen. Seit zwölf Jahren kämpfen wir als SPD-Bundestagsfraktion dafür und gegen die Blockaden der Union. Es ist höchste Zeit, dass auch bei uns endlich die gleichen Rechte für gleichgeschlechtliche Paare gelten. Das findet mit 83 Prozent auch die überragende Mehrheit der Deutschen. Die Union kann sich noch so quer stellen – ab Freitag gilt die ,Ehe für alle‘!"
Peter Ramsauer (CSU, Traunstein): "Ich wollte das Thema überhaupt nicht im Bundestag haben. Deutschland hat ganz andere Probleme. Ich halte es für völlig falsch, dass die CDU mit der faktischen Auflösung des Ehebegriffs auch noch die letzten konservativen Werte mir nix dir nix zerstört. Ich stimme deshalb aus tiefster Überzeugung gegen die ,Ehe für alle‘. Ich bin sicher: So denkt die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung."
Matthäus Strebl (CSU, Dingolfing): "Ich lehne die ,Ehe für alle‘ nach reiflicher Überlegung ab. Im Grundgesetz sind Ehe und Familie geschützt. Die Mütter und Väter unserer Verfassung gingen dabei von der Gemeinschaft von Frau und Mann aus. Ob dieser Verfassungsgrundsatz mit einem einfachen Gesetz ausgehebelt werden kann, erscheint mir sehr zweifelhaft. Ich halte an der Überzeugung fest, dass die Ehe nur aus Frau und Mann bestehen kann. Unabhängig davon können Lesben und Schwule sehr wohl eine eheähnliche Partnerschaft und Verantwortungsgemeinschaft eingehen. Zum anderen lasse ich mich – auch nicht von einem Koalitionspartner – derart unter Druck setzen, innerhalb kürzester Zeit zu einer namentlichen Abstimmung gezwungen zu werden. SPD und Opposition geht es erkennbar nicht um die Sache, sondern ausschließlich darum, die Union ,vorzuführen‘. Die Frage ist, ob die SPD angesichts der weltweit instabilen Verhältnisse, der Millionen Vertriebenen und Hungernden keine andere Priorität setzen mag. Der Wahlkampf der Sozialdemokraten lässt hier Schlimmes erwarten."
Bärbel Kofler (SPD, Traunstein): "Ich stimme dafür, denn die ,Ehe für alle‘ ist längst überfällig. In dreizehn europäischen Staaten gibt es sie schon, unter anderem in Spanien und Irland. Entscheidend für mich ist, dass alle Menschen die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben, das gilt auch für die Liebe. Die ,Ehe für alle‘ ist ein Menschenrecht und aus unserer heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken."
Andreas Scheuer (CSU, Passau):
"Ich werde nicht für die sogenannte ,Ehe für alle‘ stimmen, denn die Ehe von Mann und Frau steht zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates. Ehe und Familie stehen bei der CSU im Mittelpunkt. Ich wende mich gegen jegliche Relativierungsversuche. Auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften werden Werte gelebt, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind. Das verdient Anerkennung. Es ist richtig, dass der Staat mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine eigene Institution dafür vorhält. Jegliche Form von Diskriminierung gegenüber diesen Partnerschaften lehne ich entschieden ab. Diese Grundposition beinhaltet aber nicht die sogenannte ,Ehe für alle‘."
Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen, Landshut): "Ich werde mit einem ,Ja‘ für die ,Ehe für alle‘ stimmen. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind Realität in der Gesellschaft. Dort, wo sie Verantwortung füreinander und für Kinder übernehmen, tun sie das in gleicher Weise wie traditionelle Ehen. Ihnen gebührt deshalb die volle rechtliche Gleichstellung mit Gewährung der Privilegien, die das Grundgesetz für Ehen und damit Partnerschaften vorsieht. Mit dieser Auffassung teile ich voll und ganz die klare Position der Grünen. Die Umsetzung war jetzt kurzfristig nur möglich, weil sie jahrelang durch uns Grüne vorbereitet war und die Grünen mit Renate Künast die Vorsitzende im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages stellen, unter deren Leitung heute (Anm. d. Red.: Mittwoch) der notwendige Beschluss im Rechtsausschuss getroffen wurde. Damit ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung der vollen Gleichstellung aller Partnerschaften vor dem Gesetz getan."
Barthl Kalb (CSU, Deggendorf): "Ich respektiere die Entscheidung jedes Einzelnen. Persönlich werde ich aber dem Gesetzentwurf des Bundesrates nicht zustimmen, weil ich der Meinung bin, dass die Ehe zwischen Mann und Frau auch künftig den besonderen Schutz des Staates und, wie bisher, eine besondere Stellung in unserer Gesellschaft genießen sollte. Überdies wurden die früher bestehenden Nachteile für Eingetragene Lebenspartnerschaften (z. B. im Steuer- und Erbrecht) bereits beseitigt."
Max Straubinger (CSU, Rottal-Inn): "Für mich ist diese Entscheidung ganz eindeutig: Ich werde gegen eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Partner stimmen. Natürlich verdient es Respekt, dass auch in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften füreinander eingestanden wird, und deswegen ist die staatliche Anerkennung absolut berechtigt. Die Rechte sind ja mittlerweile auch weitgehend angeglichen. Dennoch sollte das Adoptionsrecht Mann und Frau vorbehalten bleiben. Meiner Überzeugung nach sind ein Vater und eine Mutter nun einmal sehr prägend für heranwachsende junge Menschen, und wir müssen vorsichtig sein bei der Umkehr eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses. Toleranz und Respekt bedeutet für mich nicht völlige Gleichstellung. Insofern sehe ich auch begrifflich keine Notwendigkeit, dass schwule und lesbische Paare ihre Verbindung ,Ehe‘ nennen müssen. Insbesondere wegen der Möglichkeit, Leben zu geben, steht die Ehe von Mann und Frau unter dem besonderen Schutz des Staates. Da bin ich gegen jegliche Relativierungsversuche."
Tobias Josef Zech (CSU, Garching a.d. Alz): "Ich werde für die ,Ehe für alle‘ stimmen und habe mich dafür auch schon in der Vergangenheit eingesetzt. Die ,Ehe für alle‘ nimmt niemandem etwas weg, sondern öffnet die Ehe zukünftig für alle Menschen, die eine langfristige, wertebasierte Bindung eingehen wollen. Gerade mit der Gesetzgebung der vergangenen Jahre ist eine Gleichbehandlung zwischen Ehe und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften faktisch schon vorhanden. Nun wird eine rechtliche Gleichstellung vollzogen. Die Institution Ehe wird durch die Öffnung nicht abgeschafft, sondern beweist gerade dadurch ihre Attraktivität. Es ist doch ein Zeichen, dass die Institution, die noch vor über 30 Jahren von Teilen der Bevölkerung und linken Parteien als ,altbacken‘ und ,überholt‘ angesehen wurde, nun so große Zustimmung erfährt. Das Versprechen einer langfristigen Beziehung, bei der die Partner füreinander einstehen, ist ein Anliegen vieler Paare in Deutschland – gleich welchen Geschlechts. Dabei handelt es sich um eine Auffassung von lebenslanger Partnerschaft, in der auch konservative Werte gelebt werden. Das macht es meiner Auffassung nach zu einem Anliegen wertegeleiteter Politik. Wir müssen aber in der nächsten Legislaturperiode Familien mit Kindern besser fördern. So genießen Ehe und Familie nach unserem Grundgesetz besonderen Schutz. Aber grundsätzlich ist eine Ehe noch kein Garant für eine Familie. Und unter anderem mit Blick auf den demografischen Wandel sehe ich bei der Förderung von Familien mit Kindern noch Handlungsbedarf."
Alois Rainer (CSU, Straubing): "Ich persönlich werde bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag gegen eine ,Ehe für alle‘ stimmen. Schon seit langem gibt es keine Diskriminierung mehr von eingetragenen Lebenspartnerschaften gegenüber Ehen, da die Rechtsfolgen für Ehen und Lebenspartnerschaften angeglichen wurden und gleichermaßen Anwendung finden. Daher sind Veränderungen, abgesehen von der Adoption und der Begrifflichkeit unnötig und in der Kürze der Zeit völlig übereilt. Das jetzt in drei Tagen über das Knie zu brechen, ohne sich auch über die verfassungsrechtlichen Konsequenzen, Fragestellungen und die Volladoption auszutauschen, geht meines Erachtens nicht."
Stephan Mayer (CSU, Altötting): "Für mich ist und bleibt die Ehe ausschließlich eine Verbindung von Mann und Frau. Dieses Verständnis liegt unzweifelhaft unserer Verfassung zu Grunde. Auch das Bundesverfassungsgericht urteilt dazu in ständiger Rechtsprechung, wonach die Ehe im Sinne des Grundgesetzes ,allein der Verbindung zwischen Mann und Frau‘ vorbehalten ist. Ich teile dieses Eheverständnis aus voller persönlicher Überzeugung, ohne dass es die Vielfalt von Lebensformen und Partnerschaften ausgrenzt oder gar diskriminiert. Natürlich ist jede Gemeinschaft von zwei Menschen anerkennenswert, in denen Verantwortung füreinander übernommen wird."
Florian Pronold (SPD, Deggendorf): "Die klaren Worte von Martin Schulz auf dem SPD-Parteitag waren der Auslöser: Angela Merkel ist verbal eingeknickt und hat nach zwölf Jahren Blockade ihre Meinung wieder mal geändert. Jetzt haben wir die Chance, hier endlich für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Ich werde am Freitag für die ,Ehe für alle‘ stimmen."
Wir haben 14 Bundestagsabgeordnete um eine Stellungnahme gebeten. Bis auf die CSU-Parlamentarierin Gudrun Zollner (Dingolfing-Landau) haben alle geantwortet.
− Fotos: pnp/dpa
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