Rund um den Bodensee: Da blüht Ihnen was

14.07.2023 | Stand 14.09.2023, 21:24 Uhr

Blick vom Schloss Arenenberg im Schweizer Kanton Thurgau auf den Bodensee: Die Aussicht von ihrem Wohnsitz genossen einst auch der spätere französische Kaiser Napoleon III. und seine Mutter Hortense. −Fotos: Isabel Metzger

Die öffentlichen Gärten am Bodensee bezaubern durch ihre Pracht. Und sie erzählen ihre ganz eigenen Geschichten. Ein Besuch in Baden-Württemberg und der Schweiz.

Bobbie James ist schon in die Jahre gekommen, hat es aber immer noch drauf. Mehrere Meter hoch rankt sich die Rose im prachtvollen Garten des Roseanums Schönbrunn in Hilzingen nahe der Schweizer Grenze bei Schaffhausen. Historische Rosensorten wie Bobbie James, die aus den 1960-ern stammt, haben es Barbara Theiss, Gründerin des Roseanums, und ihrer Familie angetan. „Wir müssen die alten Sorten bewahren“, sagt Barbara Theiss mit Nachdruck.

Die Landschaftsgärtnerin prägt ihren ganz eigenen, unkonventionellen Stil – im Garten wie auch bei ihrem Outfit. In einer ultraweiten Hose, die kurzen blond-grauen Haare lässig nach hinten gestylt erzählt sie von ihrer Leidenschaft für Bobbie James und viele weitere sogenannte „Rampler“, wunderschön wachsende Kletterrosen. „Alles wird doch inzwischen gentechnisch verändert“, bedauert Barbara Theiss und gibt zu bedenken: „Wenn wir das Alte nicht schützen, werden wir es schon bald nicht mehr haben.“

Blitzableiter schützen Mammutbäume

Anna Theiss teilt die Leidenschaft ihrer Mutter. „Wir müssen von dieser kitschig roten Rose am Stiel weg“, betont die dreifache Mutter, auf deren Grundstück Rosen wie Bäume wachsen. Rosen seien so vielfältig, „so spannend wie Musik“, meint Anna Theiss. Das allein mache die Faszination aber nicht aus. „Die Rose ist die Pflanze des nächsten Jahrhunderts“, sagt die Geschäftsführerin des Roseanums Schönbrunn. Denn sie sei dem Klimawandel mit den immer häufigeren Trockenzeiten gewachsen: Rosen sind Tiefwurzler, müssen also nicht so oft gegossen werden.
Im Schlossgarten von Wilderich Graf von und zu Bodman, seinem „Theater“, wie der Adelige den imposanten Park bezeichnet, gedeihen inzwischen Bäume, die er sich früher am westlichen Zipfel des Bodensees gar nicht hätte vorstellen können. „Er ist mein ganzer Stolz“, sagt der 86-jährige Graf und zeigt auf einen Granatapfelbaum im für Besucher frei zugänglichen Schlosspark in Bodman. Der Ort ist Namensgeber für den Bodensee. Den Granatapfelbaum habe er erst vor wenigen Jahren anpflanzen lassen, erzählt der Agraringenieur. Das Wachstum sei auf den Klimawandel zurückzuführen. So auch bei Graf Bodmans immergrüner Magnolie. „Es wäre bis vor 30 Jahren noch nicht möglich gewesen, sie bei uns anzupflanzen.“

Die Trockenheit, das immer weniger verfügbare Wasser und die zunehmenden Unwetter mit Blitzschlägen und Hagel haben die Verantwortlichen auf der Insel Mainau zu Vorsichtsmaßnahmen greifen lassen. Als bereits vor zwölf Jahren ein acht Meter großes Stück eines Mammutbaums, der immerhin 30 Meter hoch war, nach einem Blitzeinschlag abbrach, musste gehandelt werden. Auf den höchsten Bäumen des Arboretums, dem botanischen Garten, auf der Mainau prangen seither Blitzableiter in Form von Kupferdächern, erzählt die Assistentin des Gartendirektors, Katharina Griesbaum.
Rund 1,2 Millionen Besucher kommen jedes Jahr auf die Insel im Bodensee; in der Hochsaison sind es 10 000 am Tag. Zum Vergleich: Das weltberühmte Märchenschloss Neuschwanstein zählt jährlich gut 1,4 Millionen Gäste.

Mönchspfeffer hielt die Libido in Schach

Bettina Gräfin Bernadotte ist Geschäftsführerin der Mainau. Die zierliche 49-Jährige hat das Erbe ihrer Eltern, Graf Lennart, der 2004 mit 95 Jahren starb, und ihrer Mutter Sonja († 64), 2007 angetreten. Auf der Insel herrsche ein eigenes Klima, sagt sie. Der See kühle die 45 Hektar große Mainau – drittgrößte Insel nach der Reichenau und Lindau – im Frühjahr deutlich länger. „Die Bäume treiben später aus“, erklärt Bettina Bernadotte. Die Fröste im Winter seien allerdings nicht so heftig wie am Festland. Und die „Wärmeglocke“ im Sommer sorge dafür, dass die Dahlien bis Ende Oktober auf der Mainau blühen. „Wir müssen sie oft noch blühend abschneiden“, bedauert die Geschäftsführerin. Denn der Winter verzögere sich auf der Insel um bis zu zwei Wochen.
Mit Besucherzahlen wie auf der Mainau kann die Kartause Ittingen freilich nicht mithalten. Aber mit Superlativen wartet dieses versteckte Fleckchen zwischen Feldern und Weinreben im Schweizer Kanton Thurgau allemal auf. Bekannt ist der Ort, in dem 14 Kartäusermönche in einem Schweigegelübde nahezu ohne Kontakt zur Außenwelt lebten, seit 1000 Jahren. Und weil die Mönche in ihren Klostermauern abgeschottet waren, bauten sie ihre Heilpflanzen selbst an. Ganz wichtig für sie: Mönchspfeffer! Der soll – regelmäßig in die Speisen gemischt – ihre Libido in Schach gehalten haben, erzählt Sabine Münzenmaier von den Museen der Kartause.
Der Mönchspfeffer wächst heute als imposanter (Keusch-)Baum in Ittingen. Die Kartause kann sich zudem mit der größten historischen Rosensammlung der Schweiz schmücken. Tausend Rosenstöcke von 250 Sorten blühen hier. Und nicht nur die: 500 Jahre alt soll die älteste Rose in Ittingen sein. Wirklich belegt ist das nicht.
So schön die blühenden Blumen im Sommer anzusehen sind – „ein Garten muss auch schwarz-weiß funktionieren“, betont Anna Theiss vom Roseanum Schönbrunn. „Nur dann ist er gut angelegt.“


Redakteurin Isabel Metzger recherchierte mit Unterstützung des Netzwerks Bodenseegärten.


INFORMATIONEN

Das Netzwerk Bodenseegärten verbindet 45 grüne Oasen in den vier Ländern der Region – Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein. 13 Partner fokussieren sich im Gartenjahr 2023 auf das Thema Kultur. Höhepunkt ist das Ausstellungsprojekt „Grüne Fürsten am Bodensee“.

TIPPS

Kloster Salem ist eines der schönsten Kulturdenkmäler am Bodensee. Im 19. Jahrhundert machten die Markgrafen von Baden die Anlage zu ihrem Schloss. www.salem.de

•Das Schloss Arenenberg im Thurgau war Wohnsitz des späteren französischen Kaisers Napoleon III. Das dortige Napoleon-Museum bietet eine interessante Zeitreise ins 19. Jahrhundert. Info: www. napoleonmuseum.tg.ch

•Roseanum Schönbrunn in Hilzingen: Hier bekommen Sie Tipps für die Gestaltung Ihres Traumgartens.

www.roseanum.de

•1. bis 3. September: Lange Nacht der Bodenseegärten

www.bodenseegaerten.eu
www. gartenjahr2023.eu

ÜBERNACHTEN
•Charmantes Haus mit prächtigem Garten in Salem: Reck’s Hotel. Weitere Infos unter www.recks-hotel.de.

•Kaiserlich übernachtet man im Schloss Arenenberg: www.arenenberg.ch.

•Die Kartause Ittingen ist heute ein Hotel. Infos unter www.kartause.ch.