Reise-Reportage
Eine Wiege großer und kleiner Künstler: Unterwegs in Puccinis Toskana

22.02.2024 | Stand 22.02.2024, 11:17 Uhr

Die Farbe Weiß ist in der kleinen Künstlerstadt Pietrasanta überall zu finden. Das Marmoraufkommen ist groß und das Material wird an jeder Ecke verwendet.

Die Toskana nennt sich Heimat vieler großer Persönlichkeiten. Auch Komponist Giacomo Puccini war in der italienischen Region zuhause. Zum 100. Todesjahr des großen Maestros lohnt es sich, sich auf die Spuren des Musikers zu begeben und die Toskana fernab von den gängigen Touristenattraktionen kennenzulernen.

Mit Anzug und Fliege bekleidet ist der Blick nachdenklich in die Ferne gerichtet. Es scheint, als würde der Mann mit dem markanten Schnauzer das Kommen und Gehen auf der kleinen Piazza genau beobachten. Fast schon lässig wirkt er, mit seinen übereinandergeschlagenen Beinen und der Zigarette in der Hand, während ihm die Sonne auf den Kopf scheint. Wer hier inmitten der italienischen Stadt Lucca sitzt, ist niemand geringeres als der berühmte Opernkomponist Giacomo Puccini – besser gesagt, sein Ebenbild aus Bronze. Obwohl der Künstler vor 100 Jahren verstarb, ist sein Wirken immer noch allgegenwärtig. In der gesamten Region finden sich immer wieder die Spuren Puccinis, eines Mannes, der nicht nur den Frauen verfallen war, sondern auch seiner Heimat, der Toskana.

Eindruck über Leben und Schaffen des Komponisten

Es sind kleine, ja fast beengte Räume. Auch wegen der Glasvitrinen, die sich entlang der Wände befinden und mit allerhand alten Notenblättern gefüllt sind, wirkt alles etwas zugestellt. In der Mitte des Raumes steht – fast schon ehrfürchtig – ein schwarzer Flügel. Wie oft Puccini wohl auf dem kleinen Schemel saß und seine Werke komponierte? Genau beantworten können wird diese Frage wohl niemand mehr, trotzdem bekommt der Besucher im Geburtshaus des Komponisten, das heute das Puccini-Museum ist, einen Eindruck über das Leben und Schaffen des Musikers. Fotografien, Originalkostüme aus den Opern sowie Textbücher und Manuskripte erzählen die Geschichte eines Musikers, der aus seiner Geburtsstadt Lucca gar nicht mehr wegzudenken ist. Lange suchen muss man nie: es gibt die Viale Giacomo Puccini, sein Gesicht findet sich auf Postkarten, und aus dem Teatro del Giglio – wie sollte es auch anders sein – dringt leise die Melodie von „Nessun dorma“.

Die Bewohner Luccas scheinen sich mit ihrem allgegenwärtigen Opernstar abgefunden zu haben, sind auch mächtig stolz auf das berühmte Kind ihrer Stadt. Doch auch wenn Puccini einen großen Teil des Stadtbildes ausmacht, gibt es neben Turandot und Co. vieles zu entdecken. Lucca ist nicht der klassische Touristenhotspot, aber vielleicht genau deshalb ein wunderbares Reiseziel. Besonderen Charme erhält die Stadt durch ihre über vier Kilometer lange, begrünte Stadtmauer, deren Entstehung bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht und die mit den vielen Bäumen fast schon wie eine Allee wirkt. Besonders ist, dass die Mauer daher auch als kleiner Park fungiert, der sich um die historische Stadt schließt. Auf ihr gehen die Lucchesen mit ihren Hunden spazieren, joggen oder genießen einen ausgiebigen Spaziergang, während sich immer wieder ein neuer Blick auf die zahlreichen Gässchen, Türme und Kirchen gewährt. Vor allem letztere finden sich förmlich an jeder Ecke und beeindrucken durch ihre faszinierende Baukunst. Und da gerade ausgiebige Stadtspaziergänge gerne mal hungrig machen, sollten auch unbedingt die Spezialitäten Luccas gekostet werden. Fernab von Pizza und Pasta, wie es sie an fast jeder Ecke Italiens gibt, kann jeder, der sich traut, vieles kennenlernen. Schon einmal süßen Kuchen mit Spinat probiert?

Torre del Lago: Zwischen Meeresküste und idyllischem See

Weil gerade das Meer für viele Italienurlauber einfach dazugehört, geht die Reise weiter zur Küstenlandschaft Versilia. Hierhin verschlug es auch Giacomo Puccini, der seine Heimat vor allem in Torre del Lago mit seinem weitläufigen und idyllischen See gefunden hatte. Der Ort gehört zur Küstenstadt Viareggio, die mit ihrer weitläufigen Strandpromenade und den zahlreichen kleinen Cafés und Geschäften perfekt für einen ausgiebigen Bummel ist. Einmal jährlich findet hier auch ein knallbuntes Treiben statt, auf das sich die Bewohner das komplette Jahr vorbereiten: der Karneval von Viareggio. Gigantische und aufwendig hergestellte Pappmaché-Wagen mit ebenso großen Figuren schlängeln sich jeden Februar durch die Straßen, die von Tausenden Besuchern gesäumt sind. Die Festlichkeiten dauern ganze fünf Wochen und gelten als eine der größten Karnevals-Feiern in ganz Europa.

Puccini dagegen bevorzugte es ruhiger, und es zog ihn direkt an den See. Frei von gesellschaftlichen Normen verbrachte der Musiker seine Zeit in der Natur, komponierte viele seiner Opern und pflegte den Kontakt zu der einfachen Bevölkerung. Seine Villa, in der er 30 Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 1924 lebte, ist heute eine Gedenkstätte und kann von Besuchern besichtigt werden. Wegen der besonderen Bedeutung des Komponisten findet jedes Jahr im Sommer das „Festival Puccini“ am Ufer des Sees statt. Gerade Fans der Opern Puccinis – von Madama Butterfly bis La Bohème – sollten sich das nicht entgehen lassen. Auf der riesigen Freilichtbühne, die Platz für 3200 Besucher bietet, werden heuer zum 100. Todesjahr des Musikers in der einmaligen Atmosphäre Torre del Lagos im August die großen Werke des Komponisten aufgeführt.

Die weiße Stadt aus Marmor zieht Künstler an

Auch wenn Giacomo Puccini die Region sehr mitgeprägt hat, ist er nicht der einzige kreative Kopf, der der Toskana entsprungen ist. Sozusagen ein Künstler-Hotspot findet sich nicht zuletzt wegen des großen Marmorvorkommens im Ort Pietrasanta. Mit dem Material wird in der Stadt nicht gegeizt, fast überall findet sich das Gestein. In der „weißen“ Stadt am Fuße der Apuanischen Alpen gibt es zudem eine Menge kleiner Ateliers, die Künstler aus ganz Europa anziehen.

Auch Francesco Galeotti und sein Bruder Paolo bleiben einer langen Familientradition treu und arbeiten schon in der vierten Generation mit Marmor. Angefangen mit Platten und Säulen aus dem auffälligen Material, das von Gehwegen über Hausfassaden bis zu Treppen überall in der Stadt zu finden ist, fertigen sie mittlerweile auch Statuen. „Man braucht viel Präzision, weil beim Marmor keine Fehler ausgebessert werden können“, erklärt Francesco. Zudem sei das Material wahnsinnig empfindlich. In dem Atelier, das sich mitten in der Stadt befindet, stehen Büsten, Statuen und Säulen soweit das Auge reicht. Im Bereich der Werkstatt bearbeiten die Brüder den Marmor und schneiden die großen Blöcke in die passende Größe. „Inspiration bekomme ich aus dem Alltag und von den schönen Dingen des Lebens“, verrät Francesco.

Und vielleicht ist es eben diese Fülle an schönen Dingen, die in der Toskana überall zu finden ist und seit Jahrhunderten Künstler dazu motiviert, immer wieder Neues zu schaffen – sei es in Form von Marmor oder Notenblättern.


INFORMATIONEN

Die Toskana ist eine Region Mittelitaliens und vor allem durch ihre vielfältige Landschaft bekannt. Neben der Hauptstadt Florenz zählen Pisa, Lucca und Siena zu den berühmtesten Städten, die jährlich viele Touristen anlocken. In der Küstenregion Versilia, im Nordwesten der Region, befinden sich die Karnevalshochburg Viareggio, Torre del Lago mit der großen Freilichtbühne, der Künstlerort Pietrasanta und Puccinis Geburtsstadt Lucca. Die Versilia liegt zwischen dem Ligurischen Meer und den Apuanischen Alpen und ist geprägt vom Oliven- und Weinanbau.

ANREISEN

Um die Toskana und ihre Städte zu besuchen, bietet sich an, den Flughafen Pisa Galileo Galilei anzusteuern. Über München oder Salzburg ist dieser mit Zwischenstopp in Frankfurt am Main erreichbar. Von Pisa aus sind viele Städte gut mit der Bahn zu erreichen, unter anderem in 20 Minuten Viareggio und in rund 30 Minuten Lucca und Pietrasanta. Nach Florenz dauert die Fahrt durchschnittlich eine Stunde.

ÜBERNACHTEN UND ESSEN
• Wer die Region von Pisa aus entdecken möchte, kann im Hotel Bologna unterkommen. Es befindet sich im historischen Zentrum der Stadt und ist nur fünf Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Zudem gibt es einen Shuttleservice zum Flughafen. In Viareggio liegt das Hotel Residence Esplanade an der Piazza Puccini rund einen Kilometer vom Stadtzentrum und nur wenige Meter vom Strand entfernt. Vom Bahnhof aus braucht man fußläufig etwa 20 Minuten, um die Unterkunft zu erreichen.

• Leckere toskanische Speisen, aber auch typisch luccesische Gerichte bietet Gigi Trattoria an der Piazza del Carmine in Lucca. Das Ristorante Puccini20 liegt in Viareggio an der Piazza Puccini und hat vor allem für Fisch- und Meeresfrüchte-Liebhaber einiges zu bieten. Im historischen Zentrum Pisas wartet das Restaurant La Pergoletta an der Via delle Belle Torri mit typisch toskanischer Küche.

www.toscanapromozione.it


Redakteurin Christiane Vogl recherchierte auf Einladung von Toskana Promozione in der Region Mittelitaliens.