Vilshofen
Pfarrer: „Steh’ auf und tue was!“

22.01.2023 | Stand 22.01.2023, 17:14 Uhr

Im Jahr 1627 wurde in Vilshofen das Versprechen gegeben, zum Dank für die Hilfe bei der Bekämpfung der Pest jährlich eine Prozession abzuhalten. Diese Zusage wurde bis heute gehalten, so auch gestern Nachmittag bei leichtem Schneefall. −Foto: Rücker

Von Helmuth Rücker

Pfarrer Lothar Zerer ist es am Sonntagnachmittag in eindrucksvoller Weise gelungen, eine Parallele von der Pest vor knapp 400 Jahren zur heutigen Zeit zu ziehen. Die Pest als Krankheit, die vor Hunderten von Jahren die Bevölkerung um die Hälfte und mehr dezimierte, sei zwar erfolgreich bekämpft, doch gebe es auch heute im übertragenen Sinn „Pestbeulen“. Diese hießen heute Hass und Gier, Verantwortungslosigkeit gegenüber der Schöpfung, Unfrieden im Großen wie im Kleinen.

Seinerzeit sei die Pest besiegt worden, weil die Menschen erkannt hätten, dass mangelnde Hygiene die todbringende Krankheit ausgelöst. Sie hätten gehandelt, sagte Pfarrer Zerer in der kurzen Andacht nach der Prozession in der Stadtpfarrkirche vor gut hundert Gläubigen. Sie seien tätig geworden, hätten die Schwachpunkte zum Positiven verändert. Im Evangelium war die Geschichte erzählt worden von jenem Kranken, den Jesus geheilt hatte und dem Jesus gesagt habe: „Steh’ auf, nimm dein Bett und geh’ hin!“

Zerer forderte die Gläubigen auf, zu handeln. Sie sollten der Not und dem Elend nicht zuschauen, sondern ebenfalls im übertragenen Sinn aufstehen und etwas tun gegen das Unheil in der Welt. Damit sprach er zum einen die politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen, aber auch jeden einzelnen.

Zuvor war eine Prozession von der Kirche aus über die Donaugasse und den Stadtplatz zurück zur Kirche gezogen. Dabei wurde gebetet, die Familien in der Stadt vor Unheil zu bewahren. An dem seit knapp 400 Jahren durchgeführten Bittgang beteiligten sich drei Mönche des Klosters Schweiklberg, Bürgermeister Florian Gams und Altbürgermeister Hans Gschwendtner, einige Stadträte, die Kolpingfamilie und Mitglieder der Bürgerbruderschaft Vilshofen sowie Gläubige. Die Bruderschaft organisiert jährlich die Sebastiani-Prozession. Vorsitzende ist Elfriede Söldner, die nach der Prozession bei nasskaltem Winterwetter zu Kaffee und Kuchen ins Pfarrzentrum einlud. Dort fand traditionell die Jahreshauptversammlung der Bürgerbruderschaft statt. Die Johannesbläser gestalteten Teile der Prozession sowie die Andacht mit ihren Musikstücken.

Im vorigen Jahr hatte die Prozession trotz der Corona-Pandemie stattgefunden, die Zusammenkunft musste aus Hygienevorschriften ausfallen.