Produzentengalerie Passau
Packende abstrakte Malerei: Wolfgang Kretzer zeigt seinen „Choral vom großen Baal“

31.08.2023 | Stand 12.09.2023, 22:30 Uhr
Gabriele Blachnik

Aus wuchtigen Werkserie „Der Choral vom großen Baal“ von Wolfgang Kretzer (Mischtechnik auf Pergamentpapier, 2022, Ausschnitt). −Foto: Blachnik

Aus einer abfälligen Bemerkung eines französischen Kunstkritikers entstand vor rund 70 Jahren der Begriff Tachismus. Wortwörtlich bedeutet er Fleckwerk, beschreibt aber einen anerkannten Malstil, bei dem ein Künstler spontane, unbewusste Empfindungen unter Vermeidung rationaler Kontrolle darzustellen versucht. Will die Malerei von Wolfgang Kretzer eingeordnet werden, dann verwendet auch der Künstler selbst diesen Begriff für seine neue Serie, die er als Mitglied der Produzentengalerie Passau zeigt.

Kretzers Malerei ist über Fleckwerk erhaben, was seine jährlichen Ausstellungen in der Produzentengalerie zeigen. Die Inspiration holt sich der Künstler sehr wohl bewusst. Etwa von Figuren der Mythologie, von Hornissen, die ins Atelier gekommen waren, oder zuletzt vom Roman „Ulysses“. 2022 hat sich Wolfgang Kretzer mit dem Phänomen Baal beschäftigt. So hießen Gottheiten der Frühgeschichte, die einen Volksstamm, eine Gemeinde oder eine Stadt in ihre Obhut nahmen.

Tatsächliches Fleckwerk in einem anderen Sinn sind die Malgründe der Gemälde, die Kretzer ausgehend von der intuitiven Auseinandersetzung mit dem „großen Baal“ geschaffen hat. Er verwendete die Rückseiten alter Bauzeichnungen auf Transparentpapier – je mehrere Bögen, die er wie Flecken zu großformatigen Tableaus zusammenfügte. Sie lassen sich als Bestandteile eines Gemeinwesens auffassen. Als Malmittel wählte Kretzer eine geradezu alchemistische Mischung u.a. aus flüssig aufbereiteten Pigmenten, zähflüssigem Acryllack, rostigem Eisenchlorid, Graphit und schwarz glänzenden Asphaltlack. Letzterer verleiht den Bildern auch geruchliche Ausstrahlung.

Die einzelnen Pergamentbögen und gelegentlich auch das durchscheinende Raster der technischen Zeichnungen lenkten mehr oder weniger den Malvorgang des Künstlers. Manche Farbflächen entfalten körperliche Wirkung, andere eher zeichenhafte. Wie immer setzt Kretzer Weiß als hebenden Kontrast. Quer über das Tableau aufgebrachte, bewegte lineare Spuren von weißem oder schwarzen Lack verbinden die Einzelteile zu einem Gesamtbild. Sie lassen sich als bildgewordene Kräfte Baals deuten, die alles zusammenhalten. Diese imaginären Kräfte springen auch auf den Bildbetrachter über.

Gabriele Blachnik


Bis 17.9., Produzentengalerie Passau, Jesuitengasse 9 – Ecke Bräugasse, Do.-So. 15-17 Uhr