Gestartet als Proberaumprojekt
Hier schlägt Passaus Rockherz: Musikförderverein feiert sein 35-Jähriges mit Festival auf dem Thingplatz

06.06.2023 | Stand 15.09.2023, 0:24 Uhr

The Strange Seeds heißt eine der vielen spannenden Passauer Rockbands, die beim Festival des Musikfördervereins auf dem Thingplatz am 17. Juni zu hören sein werden. −Fotos: Künstler, Archiv

Es ist Passauer Rockgeschichte, die in diesen alten, angemessen ranzigen Räumen gesungen, getrommelt und geschrammelt wurde. Ja, so pathetisch kann man das schon sagen. Gemeint ist die Tabakfabrik im Mühltal in der Innstadt. Betrieben wird sie vom Passauer Musikförderverein (MfV). 1988 wurde der von fünf Idealisten gegründet, um Probemöglichkeiten für die jungen Bands der Stadt zu organisieren – die altehrwürdige Tabakfabrik wurde zu diesem Zweck gemietet, die Proberäume selbst ausgebaut, später kam eine kleine Bühne hinzu. Die Stadt Passau fördert.

Rund 300 Mitglieder, viele hundert Konzerte

Inzwischen hat der Verein rund 300 Mitglieder, viele Bands groß werden sehen und viele hundert Konzerte selbst veranstaltet. Zum 35-jährigen Jubiläum stemmt der Musikförderverein nun die wohl größte Veranstaltung seiner Geschichte – am Samstag, 17. Juni, gibt es das „Light my Fire“-Open Air auf dem Thingplatz, hoch über den Dächern Passaus.

Neben dem Headliner The Sonic Dawn, einer psychedelischen Rockband aus Kopenhagen, versammelt das Festival so etwas wie das „Who is who“ der hauseigenen Tabakfabrik-Bands. Dabei fehlen darf natürlich die Becks Band nicht – die erste Gruppe, die in der Tabakfabrik einen Proberaum hatte. Und mit den Alternative-Rockern von Marek sind auch die jüngsten Eigengewächse aus dem Mühltal am Start. Außerdem mit dabei: The Dirt, Cone, The Strange Seeds, Leviathan Rising, Heavens End und Die Einen.

18 Proberäume gibt es derzeit in der Tabakfabrik, sagt Daniela Lossa, seit 2017 erste Vorsitzende des MfV. „Wir sind komplett belegt, manche Räume sogar zwei- bis dreifach.“ Über 25 Bands aus einem Umkreis von 30 Kilometern haben hier ihre musikalische Heimat. Meist dringen dabei härtere Töne aus dem Gebäude – viel Rock, viel Metal. „An Nachwuchs fehlt es gar nicht“, erzählt Lossa. „Die Nachfrage nach Proberäumen ist immer noch gigantisch.“

Weil das so ist und weil es bei der Gebäudesubstanz der altehrwürdigen Tabakfabrik längst an allen Ecken und Enden fehlt, wie Daniela Lossa sagt, ist der Musikförderverein auf der Suche nach einem neuen Gebäude für mehr Proberäume. „Die Stadt weiß Bescheid, aber es ist leider noch nichts in Aussicht“, bedauert die Vorsitzende.

Dafür hat sich der Zauberberg, der Live-Club im Zentrum Passaus, hervorragend entwickelt. Gegründet wurde er vom Musikförderverein, um mehr Auftrittsmöglichkeiten für die hiesigen Bands zu schaffen. Schließlich wurde die Zahl der Konzerte in der Tabakfabrik 2017 von der Stadt auf 18 im Jahr begrenzt. „Dass der Zauberberg nach dem etwas zähen Start so ein riesiges Ding geworden ist, das ist natürlich überragend“, sagt Daniela Lossa. „Für eine kleine Band ganz am Anfang ihrer Karriere ist er aber fast schon zu groß.“

Das gilt natürlich nicht für Lonely Spring, der wohl bekanntesten Tabakfabrik-Band. Die Pop-Punker haben in der Innstadt vor vielen Jahren ihre allerersten musikalischen Schritte gemacht. Anfang März standen sie dann beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest auf der großen Fernsehbühne. „Da ist uns allen die Kinnlade runtergefallen“, sagt Daniela Lossa. „Das ist natürlich richtig cool.“ Überhaupt sei es für sie immer spannend zu sehen, wie sich die Bands, denen der Verein einen Proberaum gegeben hat, so entwickeln. „Manchmal geht es schnell, manchmal dauert es ein bisschen. Aber es ist immer überragend, die dann zum ersten Mal auf der Bühne zu sehen – meist ja bei uns.“

Neben den Konzerten und der Bereitstellung und Verwaltung der Proberäume hilft der Musikförderverein den Bands, wenn gewünscht, auch in Marketingfragen, bei der Werbung, vermittelt Kontakte oder ein passendes Tonstudio für die ersten Aufnahmen. Und man kann sich dort technisches Equipment ausleihen – inzwischen sogar die mobile Bühne des Zauberbergs.

„Wir wollen weiter wachsen“, wünscht sich Daniela Lossa für die kommenden Jahre. Dazu gehört auch, die eigenen Netzwerke auszubauen. In der Planung ist eine „Länderrock“-Veranstaltungsreihe mit Partnern in Österreich und Tschechien. Die Bands von hier spielen dort – und umgekehrt. Ein paar weitere Kapitel würden der Passauer Rockgeschichte schließlich nicht schaden.

Dominik Schweighofer


„Light my Fire“ Open Air, Samstag, 17. Juni, 14 bis 23 Uhr, Thingplatz Passau; Info und Karten auf mfv-passau.com