Bevölkerungsprognose vorgestellt
Ein Blick in Salzwegs Zukunft

04.10.2023 | Stand 04.10.2023, 19:00 Uhr
Christine Pierach

Mit Geburtenzahlen auf einem mittleren Niveau rechnet Dr. Herbert Tekles. − Fotos: Pierach

Es dauert keine drei Jahre mehr bis zur Pflicht, Ganztagsbetreuung auch in Grundschulen anzubieten. Deshalb und zur Kita-Planung beauftragte die Gemeinde Salzweg (Landkreis Passau) einen Gutachter mit der Bevölkerungs-Prognose bis 2035.

Dr. Herbert Tekles ist diplomierter Soziologe und promovierter Wirtschaft-Wissenschaftler. Es gibt wohl nur wenige Landkreise in Bayern, in denen er noch nicht untersucht und referiert hat. Seine Ergebnisse für Salzweg stellte er dem Gemeinderat vor. Eingearbeitet waren die Effekte der Neubaugebiete und eine Online-Befragung bezüglich der Grundschüler-Betreuung.

Höchststand an Bevölkerung 2018/2019 erreicht



Ein Hauptfaktor ist die Bevölkerungsentwicklung. 1960 lebten gut 2000 Menschen in der Gemeinde, 44 Jahre später hatte die Zahl sich verdreifacht, erreichte den Höchststand 2018/19 erneut und bleibt in etwa auf diesem Niveau. Die Zahl der unter 18-Jährigen war im Jahr 2000 mit 1446 am höchsten und sinkt seitdem, 2022 waren es 1021. Krasser noch schaut es bei den über 65-Jährigen aus: 435 lebten im Jahr 1987, letztes Jahr waren es beinahe vier Mal so viele, „ihre Zahl wird weiter stark steigen“. Tekles zum Bürger-Diagramm, in dem die 54- bis 60-Jährigen dominieren: „Die Babyboomer werden in Rente gehen, das wird die nächsten zehn Jahre die Gesellschaft vor große Herausforderungen stellen. Die Kinderzahlen werden schrumpfen.“

Beschäftigtenzahl sinkt



Tekles untersuchte auch den Anteil von Ausländern in der Berufswelt: Seit 2005 bis 2022 ist die Zahl der Beschäftigten gesunken, der Anteil an Ausländern steigt. „Hier sind gut sieben Prozent sozialversicherungspflichtig, in Vilshofen sind es gut 16 und in München rund 32 Prozent.“ Die Zahl der Geburten (60) taxiert Tekles „auf mittlerem Niveau, sie liegt unter der der Sterbefälle“ (knapp 90). Die prognostizierten Zahlen „reichen nicht, um die Bevölkerung auf stabilem Niveau zu halten“. Tekles gibt zu bedenken: „Der Fachkräftemangel hat noch gar nicht richtig begonnen.“ Den Höhepunkt der Renteneintritte sieht er 2035, „die Einwohner-Zahl wird noch leicht zurückgehen, dann leicht steigen. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen werde zunächst ansteigen, „ebenso der der über 85-Jährigen, der wird sich fast verdoppeln bis 2050. Daher geht es auch um Wohnformen, um Personal für Betreuung. Die Zahl der 18- bis unter 65-Jährigen nimmt ab“.

Der Bedarf an Krippenplätzen bis 2035 werde „2025 etwas ansteigen, aber keine weitere Krippengruppe füllen.“ Eine Befragung der Salzweger Eltern nach dem Interesse an Ganztagsbetreuung habe ergeben: Gut die Hälfte ist daran sehr interessiert, knapp ein Viertel kaum, noch etwas weniger gibt teilweises Interesse an. „Da wissen nicht alle schon, was auf sie zukommt. Bei Ganztagsbetreuung kann die Mutter wieder arbeiten. Das wird nötig werden.“

„Vorteile sehen, dann steigt Nachfrage“



Zum Ganztagsanspruch „kann ich versprechen, wenn der da ist, werden viele Eltern den realisieren. Wenn andere dann die Vorteile sehen, steigt die Nachfrage. Sie haben 120 Plätze. Die reichen jetzt. Der Bedarf geht aber zu 200 Plätzen. Das wird ein Platz-, aber auch Personalproblem.“ Tekles Fazit: „Sie sind jetzt schon gut aufgestellt. Doch damit kommt noch eine Aufgabe auf Sie zu.“

Bürgermeister Josef Putz übernahm das Wort: „Wir müssen Entscheidungen treffen. Die Eltern schätzen das Ganztagsangebot.“ Elisabeth Sanladerer-Fuchs wollte vom Referenten wissen, ob „berücksichtigt ist, dass Wohnraum frei wird?“ Tekles bejahte. Josef Knon wollte wissen, ob auf dem Dorf Betreutes Wohnen machbar sei. Tekles: „Da kommt es auf die Qualität an. Wenn es sich positiv herumspricht, ziehen andere vielleicht dazu.“ 3. Bürgermeister Christian Meier: „Bei den Baulichkeiten für Kitas und Schulen haben wir unsere Hausaufgaben gemacht. Das Problem wird die Ganztagsbetreuung.“ Das präzisierte Jürgen Drexler: Die laufe gestaffelt, ab 2026 gehe es um die Erstklässler. Putz gab zu bedenken: „Wir müssen 75 Prozent einrechnen. Wenn wir jetzt schon 40 Plätze brauchen, kommen dann 20 dazu, wenn jetzt zehn reichen, sind es dann plötzlich 50 Plätze. Da wollen wir nicht jedes Jahr dranbauen, sondern gleich den ganzen Zeitraum abdecken.“

„Dann können Mamas wieder arbeiten“



Sascha Müller griff den Fachkräftemangel auf: „Wenn sie ein sicheres Ganztagsangebot haben, können Mamas wieder arbeiten. Das ist eine Zukunftsinvestition.“ Der Bürgermeister hatte schon vorgefühlt: „Wir haben jetzt einen Mittelschul-Verbund, den könnten wir eventuell mit den Grundschulen zusammenfassen und ab der 3. Klasse gebundene Ganztagsbetreuung einführen.“ Leider sei das Interesse der Schulleitungen und Lehrer nicht ganz so, wie man sich das vorstelle. Josef Heisl findet, „wir brauchen die Kooperation mit Vereinen und der Kreismusikschule“. Nadja Homm hinterfragte die „Berufsstruktur“. Tekles Schlusswort dazu: „Was jetzt schon bei Ihnen geboten ist, hat bei den Eltern Vertrauen geschaffen.“