Deggendorf
Die Stadt will sich kümmern

15.10.2019 | Stand 18.09.2023, 4:04 Uhr

Nicht die Pflege an sich macht vielen Senioren, auch in Deggendorf, Sorge. Es sind vielmehr der Alltag und seine vielen kleinen Herausforderungen, die Alleinstehende oft nicht mehr bewältigen können. Johann Weiß, Leiter des städtischen Elisabethenheims, hat dem Sozialausschuss am Montag nähergebracht, wo die Probleme einsamer älterer Menschen wirklich liegen. Einstimmig beschlossen hat das Gremium, die Stadt ein Kümmerer-Konzept entwickeln und verfolgen zu lassen. Als erster kleiner Schritt werden für die Angebote, die gemacht werden sollen, 5000 Euro in den Haushalt eingestellt und das Seniorenbüro personell verstärkt.

20 Prozent der Menschen sind über 65 Jahre alt – Tendenz steigend. Das machte Johann Weiß in der Sitzung klar. Ein großer Teil davon ist mobil und sozial angebunden, das bestätigte auch Stadträtin Cornelia Wohlhüter, Vorsitzende des Senioren-Aktiv-Clubs, der genau für diese rüstigen Senioren ein vielfältiges Freizeit- und Informationsangebot bereithält. Aber auch Cornelia Wohlhüter weiß, dass es ältere Menschen gibt – ihrer Ansicht nach etwa 15 Prozent der über 65-Jährigen – die an dieses Angebot gar nicht herankommen können.

Es geht um jene, deren Partner und Freunde längst verstorben sind, deren Kinder ganz woanders leben, die nicht mobil und alleine zu Hause sind, die oft auch niemand zur Last fallen und nicht um Hilfe bitten wollen. "Die Pflege ist geregelt", erklärt der Heimleiter. Ambulante Dienste übernehmen da alle notwendigen Aufgaben. Aber wer erledigt die Einkäufe, die Bankgeschäfte, die noch dazu online getätigt werden sollen, wer geht mit den Senioren zum Arzt oder hilft ihnen, Anträge zu stellen? Wer kümmert sich um den Haushalt und verbringt Zeit mit ihnen? Wer deswegen ins Elisabethenheim einzieht – auch wenn er lieber zu Hause bleiben würde, das aber nicht mehr geht – um den wird sich, wie anderswo auch, gekümmert. "Aber ich muss fünf bis zehn Leute am Tag abweisen, weil ich keinen Platz für sie habe", das tut Johann Weiß im Herzen weh. Auch Stadtrat Konrad Rankl, der im Klinikum arbeitet, trifft dort oft auf solch einsame Ältere: "Die sagen: ,Was soll ich hier noch? Ich will einfach nur sterben.‘" Im Sozialausschuss sitzt niemand, den das nicht berührt hat. Für den Vorstoß von Johann Weiß zeigten sich alle dankbar.

Nun denkt man über weitere Angebote im Heim nach, über aufsuchende Seniorenarbeit, über Fahrdienste, Einkaufsfahrten oder Begleitung bei Arztbesuchen. Bei der Stiftung, die in Berlin das "Silbertelefon" finanziert, das ganztätig erreichbar ist, möchte man einmal anklopfen.

− kw

Mehr darüber lesen Sie am Mittwoch, 16. Oktober, in der Deggendorfer Zeitung.