Traunstein
Metzger-Gesellen sind gesuchte Raritäten – Freisprechungsfeier

07.08.2023 | Stand 13.09.2023, 0:03 Uhr
Andreas Wittenzellner

Sie sind die Besten im Metzgerhandwerk: Metzger Xaver Seidinger und Fachverkäuferin Tatjana Sitscheweu (Mitte). Obermeister Johann Reiter gratulierte. −Foto: Andreas Wittenzellner

Eine kleine, aber feine Schar von vier Metzgerei-Fachverkäufern und fünf Metzgern wurde am Freitagabend in Traunstein im Metzger-Handwerk freigesprochen. Ganz so wie es die Jahrhunderte alte Tradition im Handwerk vorsieht. Der Notendurchschnitt aus Theorie und Praxis lag bei den Verkäufern bei 2,75, bei den Metzgern bei 3,0. Und weil Tradition Trumpf ist, stand auch wieder das aus dem 17. Jahrhundert stammende Zunftkreuz der früheren Innung Laufen am bevorzugten Platz.

Johann Reiter, Obermeister der Metzger-Innung Traunstein-Berchtesgadener Land, betonte in seiner Rede, dass die Innung stolz auf die jungen Gesellen sei. „Stolz, dass ihr diesen Beruf gewählt und die dreijährige Ausbildung gemacht und mit Erfolg bestanden habt.“ Er betonte, wie wichtig der berufliche Nachwuchs für das Metzgerhandwerk ist: „Wir brauchen euch. Ohne euch gibt es sonst bald keine handwerklichen Metzgereien mehr.“

Der Obermeister kritisierte in seiner Rede eine Bildungspolitik, die er mit als Ursache für den Fachkräftemangel ausmachte. Der Fokus liege seiner Überzeugung nach zu sehr auf der akademischen Bildung. Dabei werde die berufliche Bildung vernachlässigt. Er hoffe, dass das Handwerk und das produzierende Gewerbe künftig wieder mehr Wertschätzung erfahren. Die jungen erfolgreichen Gesellen seien qualifizierte Vertreter des Metzgerhandwerks. Er ermutigte sie, sich in ihrem Handwerk weiterzubilden, und legte den Fokus dabei auf die Meisterschule. Sie hätten aber bereits jetzt einen guten Grundstock im beruflichen Leben erreicht: „Ihr seid hochqualifizierte Facharbeiter, euch stehen alle Türen offen.“

Metzger als „Genusshandwerker“

Die stellvertretende Landrätin Resi Schmidhuber sagte in Stellvertretung von Landrat Siegfried Walch mit Blick auf die Landwirtschaft: „Das, was wir erzeugen, das verarbeitet ihr weiter.“ Die Ehrenkreisbäuerin lobte den Entschluss der Gesellen, das Traditionshandwerk weiterzuführen. „Ihr steht nicht für Massenproduktion.“ Das traditionelle Handwerk vom regionalen Metzger zeuge auch von der Achtung für die Tiere. Die Gesellen seien „Genusshandwerker“, sagte sie mit Blick auf Köstlichkeiten vom Metzger.

Der stellvertretende Schulleiter der Beruflichen Schulen der Jugendsiedlung Traunreut, Herbert Schultes, würdigte den Erfolg der jungen Gesellen: „Ihr seid eine Rarität: Ihr seid Fachkräfte.“ Sie hätten im Rahmen der dualen Ausbildung in der Berufsschule Traunreut beziehungsweise in der Berufsschule Rosenheim sowie in den Ausbildungsbetrieben viel gelernt. „Ihr habt durchgehalten und schwierige Situationen gemeistert.“

Friedrich Adler von der Staatlichen Berufsschule I in Traunstein sprach in Vertretung des Prüfungsausschussvorsitzenden der Innung, Peter Eicher jun., seinen Dank an die acht Mitwirkenden im Prüfungsteam aus. Die Prüfer, aber auch die Prüflinge hätten ihre Aufgaben engagiert und kompetent erledigt. „Die Prüfung war eine Herausforderung für euch Prüflinge, aber auch für uns Prüfer.“ Die Prüfung sei gut gelaufen, wie er anhand einiger Bilder ausführte. Der Tierschutz komme an erster Stelle, was sich im Unterricht, Betrieb und auch in der Prüfung niederschlage.

In Anlehnung an den Titel einer Fernsehsendung sagte Adler: „,Bares für Rares‘ – vielleicht ist das auch eine Option für euch.“ Junge Metzger würden gesucht. Sie seien ein wichtiger Teil in der regionalen Struktur der Lebensmittelgewinnung.

Nach der Prüfung, die von den fünf Metzgern und vier Fachverkäufern erfolgreich bewältigt wurde, wurden die jungen Gesellen von den Pflichten ihres Lehrverhältnisses freigesprochen – eine Tradition, die für die Handwerksgesellen in den vergangenen Jahrhunderten auch damit gleichbedeutend war, dass die Rechte des Lehrherren wieder deutlich zurückgenommen wurden. Was früher beispielsweise auch eine Beendigung des Heiratsverbots mit einschloss. Nach der Freisprechung wurden die Gesellenbriefe verteilt. Besonders geehrt und mit Geschenken bedacht wurde die Leistung der Prüfungsbesten. Fachverkäuferin Tatjana Sitscheweu erreichte einen Notendurchschnitt von 2,50 aus Theorie und Praxis. Ihr Ausbildungsbetrieb ist der „Globus“ Handelshof in Freilassing. Bei den Metzgern konnte Xaver Seidinger vom Ausbildungsbetrieb Metzgerei Gumping Gerhard Aicher aus Ainring mit dem identischen Notendurchschnitt überzeugen. Für die beiden Prüfungsbesten gab es den Ehrenstahl und eine Servierplatte.
Musikalisch sorgte Viviana Wittmann mit einem ausgefeilten Repertoire und abwechselnd gespielten Instrumenten wie Saxophon, Klarinette und Akkordeon für die richtige Stimmung.

− awi