Interview mit Klaus Schmid
Simbachs Bürgermeister: „A94-Tunnel-Variante nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich“

21.02.2024 | Stand 21.02.2024, 19:00 Uhr

Vom Rathaus aus ging es auf Rundgang durch die Stadt Simbach mit dem Bürgermeister.

Gemeinsam mit dem Bürgermeister von Simbach (Landkreis Rottal-Inn) spazierte die PNP durch die Innenstadt, sprach mit Klaus Schmid über das vergangene Jahr und ließ sich von ihm die wichtigsten Projekte 2024 zeigen und erklären. Hochwasserschutz, A94 und vierter Kindergarten waren die Themen. Ein persönliches Interview quasi im„Vorbeigehen“.

Wenn Sie auf das vergangene Jahr 2023 zurückblicken, mit welchem Songtitel würden Sie es beschreiben?
Klaus Schmid: „ Wozu sind Kriege da?“ von Udo Lindenberg.

Über was haben Sie sich 2023 besonders gefreut? Und über was besonders geärgert?
Besonders gefreut hat mich die Entwicklung meiner Kinder und Enkelkinder. Geärgert hat mich der stetig wachsende Bürokratismus in allen Bereichen.

Große Politik nicht immer nachvollziehbar



Wie ist Ihr persönliches Fazit, wenn sie auf 2023 zurückschauen?
Ein sehr schwieriges Jahr! Krieg in unmittelbarer Nähe, grausame Taten in Israel und Gazastreifen, wachsende Inflation, Arbeitskräftemangel, Verteuerung in allen Bereichen und Entscheidungen der „großen“ Politik, die kaum mehr nachvollziehbar und durchführbar sind. Man könnte diese Aufzählung sehr lange fortführen.

Gab es etwas, das Sie zum Lachen bzw. zum Weinen gebracht hat?
Zum Weinen hat mich nichts gebracht. Zum Lachen viele kleine Ereignisse in Familie, Gesellschaft und Beruf.

Was waren die drei wichtigsten Maßnahmen 2023?
Der dritte Bauabschnitt in Sachen Hochwasserschutz, dann natürlich Kirchenplatz und der Baubeginn der Moosmühlenbrücke, weil wir dadurch wieder eine vernünftige Verbindung bekommen von West nach Ost.

Wie die Finanzmittel verteilen?



Und welche Maßnahmen sind in diesem Jahr geplant?
Da müssen wir erstmal den Haushalt beschließen, um zu sehen, wie wir die Finanzmittel verteilen. Wir sind im Moment noch in der sogenannten „haushaltslosen Zeit“. Aber die Pläne werden schon geschmiedet, da gibt es eine ganze Menge.

Für was konkret?
Der vierte Bauabschnitt Hochwasserschutz steht dabei natürlich ganz oben. Dann beginnt die Erweiterung der Grundschule für die offene Ganztagsschule. Außerdem Fertigstellung und Sanierung des Kindergartens Marienhöhe und der Beginn der Erweiterung des Kindergartens Dreifaltigkeit. Die Erschließung des Baugebiets Erlacher Wiesen II. Ein sehr wichtiges Unterfangen für die Stadt, um wieder Baugründe anbieten zu können. Weiterführung und Fertigstellung der Brücke Moosmühle. Und ein wichtiger Faktor, der eigentlich gar nicht zu sehen ist: Breitband-Ausbau. Da sind wir schon sehr weit, auch in den Außenbereichen. Und letztendlich haben wir auch noch vor, diverse Grundstücke als Stadt zu kaufen. Welche genau, darf ich aus Datenschutzgründen noch nicht sagen. Ein großes Projekt wird nach wie vor der Kampf um die A94 sein.

Die Autobahn bleibt ein Thema



Wie geht es bei der A94 weiter?
Der Lückenschluss hat Priorität. Als nächstes soll das Gutachten dem Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung vorgestellt werden, dafür muss aber noch ein Termin mit der Autobahn GmbH gefunden werden.

Haben Sie sich das Gutachten bereits angeschaut?
Ja, es betrifft die Untertunnelung von Erlach, die sogenannte Feldmeier-Variante. Im Gutachten steht nicht explizit drin, dass die Umsetzung dieser Variante nicht möglich ist, sie ist nur unwahrscheinlich, weil sie viel Geld kosten würde. Wichtig ist uns deshalb, wie es mit der geraden Trasse weitergeht, mit einer Einhausung oder doch einer Untertunnelung. Offene Bauweisen lehnen wir strikt ab.

Eine Untertunnelung wird ja nicht möglich sein?
Ich bin zwar kein Bauingenieur, aber zumindest muss eine Einhausung oder ein Deckel drauf möglich sein.

A94: „Einen zweiten Damm wollen wir hier nicht“



Bei einer Einhausung, wie hoch muss man da hinaus?
Einen zweiten Damm wollen wir natürlich nicht, aber das wird sich zeigen. Das muss man mal visualisieren.

Eine offene Bauweise mit entsprechenden Lärmschutzmaßnahmen wie zum Beispiel Wänden, was sagen Sie dazu?
Ich glaube nicht, dass da der Stadtrat aufspringt.

Einhausung oder nicht – Es wird sich zeigen, auf was die Autobahn GmbH eingeht.
Ich bin davon überzeugt, dass es eine reine Kostenfrage wird. Es gibt eine klare Aussage, dass geplant werden kann. Wir müssen also nicht in einer Schublade verschwinden.

Wie wird das Gutachten vorgestellt?
Das Gutachten wird nur nicht-öffentlich vorgestellt. Wir müssen dann im Stadtrat einen Entschluss fassen, und der wird sicher nicht so aussehen, dass wir eine offene Bauweise akzeptieren. Das wird sicher alles im ersten Halbjahr passieren. Dann geht es ins Planfeststellungsverfahren. Da können wir dann noch Einwände erheben oder nicht.

Hochwasserschutz schreitet voran



Viele Baustellen in der Stadt haben letztes Jahr gezeigt, wie wichtig die Verbindungen über den Simbach sind.
Und es wird die nächsten fünf Jahre noch viele weitere Baustellen geben. Das bringt der Hochwasserschutz mit sich. Als nächstes kommt Kreuzberger-Weg-Brücke bis Rialtobrücke heuer. Wie lange das dauert, kann ich leider noch nicht sagen.

Also müssen wir bis zum neuen Simbach noch etwas warten.
Sicherlich noch bis Ende der 2020er Jahre.

Und zum neuen Simbach gehört auch der Kirchenplatz dazu, der jetzt barrierefrei gemacht wurde. Was steht da noch an?
Es gibt eine Arbeitsgruppe, die sich Gedanken zur Gestaltung macht. Für den Kiosk haben wir außerdem schon zwei Bewerbungen. Ich freu mich drauf, dass sich hier bald wieder was rührt.

„Es muss einfach wieder wachsen“



Der Christkindlmarkt war da ein richtiger Wendepunkt in Sachen Kritik: Die Leute haben gesehen, wie wichtig es ist, hier einen offenen Platz mitten in der Stadt zu haben.
Ja, richtig. Was wir beobachten, ist, dass viele unterwegs sind, die früher nicht unterwegs sein konnten. Zum Beispiel Bewohner des Seniorenheims mit Rollstuhl oder Rollatoren.

Wie wird er jetzt belebt?
Da gebe ich 2. Bürgermeister Bernhard Großwieser recht, der hat ein wahres Wort gesprochen mit seiner Aussage: Es muss einfach wieder wachsen. Eine Trinkwasserstelle haben wir bereits, das Areal hinterm Kriegerdenkmal wird noch beschattet. Stadtplaner Erwin Wenzl ist beratend immer noch dabei und wird uns weiterhin gute Tipps geben. Und nur weil die ersten Pflastersteine gesetzt sind, soll man noch nicht erwarten, dass schon 25 neue Parkbänke stehen. Das braucht einfach alles seine Zeit.

Der Stadt sind manchmal die Hände gebunden



Sanierter Kirchenplatz auf der einen Seite, neue Mitte auf der anderen und dazwischen die Innstraße. Wie schaut es in Sachen Leerstand und Geschäftswelt in Simbach aus?
Da kann die Stadt leider nicht viel machen. Da muss man auch die Geschäftsinhaber ein wenig in die Pflicht nehmen. Wir haben es ja gesehen unten in der Innstraße, dass sich manches nicht lange hält. Was mir persönlich sehr leid tut, ist das Geschäft „Lieblingsbuch“, was sicher auch dem Internethandel geschuldet ist. Sehr, sehr schwierig.

Und die Baustelle gegenüber dem Rathaus. Wann wird das fertig?
Das soll bald fertig werden, im Juni. Schließlich wollen wir da auch einziehen.

Welche Ämter ziehen auf die andere Straßenseite?
Das Standesamt, die Personalstelle, das Jugend- und Seniorenbüro. Also alles, was jetzt bei uns im Keller untergebracht ist. Sobald wir rein dürfen, ziehen wir um. Das ist auch dringend notwendig. Wir übernehmen ja die anderen Standesämter mit und die Platzverhältnisse sind begrenzt.

Auch ein Bürgermeister hat seine Zeit nicht gestohlen



Zurück zur Geschäftswelt. Was sagen Sie zur Werbegemeinschaft und die nicht zustande gekommene Neuwahl? Sie haben ja die Jahreshauptversammlung frühzeitig verlassen.
Das war für mich eine sehr, sehr enttäuschende Veranstaltung, muss ich ganz ehrlich sagen. Ohne Wahlvorschläge und Vorbereitung war das wirklich unglücklich, schließlich ist es schon länger bekannt, dass der Vorstand aufhört und niemand hat sich zur Nachfolge Gedanken gemacht. Auch ein Bürgermeister hat seine Zeit nicht gestohlen.

Wie sind sie verblieben?
Wenn die Werbegemeinschaft weiß, wie es weitergeht, können sie mich wieder einladen. Es wäre aber schade für Simbach, wenn es nicht weitergehen würde.

saniert. UndWeitere Baustellen in diesem Jahr sind die Kindergärten. In der Marienhöhe wird jetzt der Altbau saniert.
Und der wird heuer noch fertig. Außerdem haben wir noch den Kindergarten Dreifaltigkeit. Der Spatenstich für die Erweiterung der Hortgruppe und der Personalräume war bereits. In Erlach wird es leider wenig Erweiterungsmöglichkeiten geben. Und wir sind natürlich dran, für einen vierten Kindergarten. Da machen wir uns gerade Gedanken, vor allem wegen des Standortes.

Der vierte Kindergarten kommt, aber wohin?



Was wäre der beste Standort?Ich bin mittlerweile überzeugt davon, dass der beste Standort nicht der Jahnplatz ist. Man sucht nach Alternativen. Aber ich denke es tut sich was. Was genau, darf ich noch nicht sagen. Zur Congregatio Jesu kann ich offiziell auch noch nichts sagen.

Die Stadt hat also nach wie vor Interesse an dem Grundstück der Congregatio Jesu? Vielleicht auch in Sachen Kindergarten?
Die Stadt muss sich das Grundstück leisten können. Aber ich kann dazu wirklich noch nichts Konkretes sagen. Weder zum vierten Kindergarten, noch zum Institut Marienhöhe.

2024 wird also noch eine Entscheidung fallen?
In Sachen Congregatio ja, in Sachen Kindergarten eventuell.

Kommen wir vom Kindergarten zur Grundschule. Wie geht es mit dem Ausbau der Ganztagesbetreuung weiter?
Es könnte eine Erweiterung durch einen Anbau werden, aber auch eine Aufstockung wäre möglich. Das werden die Pläne des Ingenieurbüros zeigen. Die werden im Moment erarbeitet.

Schauen, was noch finanziell möglich ist



Wie schaut es bei den Finanzen der Stadt aus? Die Situation wird ja nicht leichter und auch die Schlüsselzuweisungen in diesem Jahr wurden weniger.
Wir werden sehen müssen, was wir uns noch leisten können in nächster Zeit. Altbürgermeister Richard Findl hat einen guten Spruch dazu gehabt, der heute noch passt: Das Wünschenswerte muss finanzierbar sein. Ich hatte bis jetzt Glück in meiner Bürgermeisterzeit, weil wir jedes Jahr Schulden abbauen konnten. Aber mit Blick auf die notwendigen Investitionen in den kommenden Jahren, wird das sicherlich nicht mehr möglich sein.

Wie schaut es in Sachen Bautätigkeit in Simbach aus?
Wir merken, die Bauanträge gehen zurück. Wie überall. Anfragen zu Grundstücken gibt es schon noch, aber eher vereinzelt. Der Wohnungsmarkt in Simbach sieht zwar noch gut aus, aber der Einfamilienhausbau läuft im Moment eher zäh.

Und im Gewerbegebiet Waltersdorf?
Im bestehenden sind alle Parzellen verkauft. Wir konnten aber noch den westlichen Teil erwerben. 70000 Quadratmeter. Wir lassen es derzeit überplanen und dann wird erschlossen.

Hoffnung auf Normalität



Wie schaut’s mit dem Naturerlebnispfad in Winklham aus?
Der ist fertig und wird vermutlich im Frühjahr eingeweiht.

Und beim VR-Bank Gebäude? Gibt es da auch was Neues?
Da hat sich noch nichts getan. Aber wir treffen uns bald wieder zu weiteren Gesprächen.

Thema Ärztesituation: Gibt es da was Aktuelles?
Da bin ich weiter dran. Wir sind immer im engen Kontakt mit der Kassenärztlichen Vereinigung.

Mit welchen Erwartungen und Hoffnungen gehen Sie ins neue Jahr?
Ich hoffe, dass die Welt endlich wieder zu etwas Normalität zurückfindet und nicht noch mehr aus den Fugen gerät.

Worauf freuen Sie sich heuer?
Ich freue mich auf alle neuen Herausforderungen, die mein Bürgermeisteramt mit sich bringt.


Das Interview führten Armin Bach und Tanja Brodschelm.