Große Visionen
Interessierte Bürger: Dorferneuerungsplan für Malgersdorf vorgestellt

04.03.2024 | Stand 18.04.2024, 16:50 Uhr
Stefanie Weßling

Waren für die Präsentation des Dorferneuerungsplans zuständig: (v. l.) Landschaftsarchitekt Hans Nicklas von der Architekturschmiede 2.0, Sebastian Moßandl (Projektleiter ALE) und seine Stellvertreterin Karin Himmelstoß sowie der Malgersdorfer Bürgermeister Franz-Josef Weber. − Foto: Stefanie Weßling

Der Festsaal im Brauerei-Gasthaus Heilmfurt füllt sich schnell und ehe man sich versieht, ist fast jeder freie Stuhl besetzt. Die Malgersdorfer Bürger folgten in Scharen der Einladung der Teilnehmergemeinschaft am Amt für Ländliche Entwicklung Niederbayern und waren gespannt auf die Vorstellung des Dorferneuerungsplans.

Während bereits die ersten Projekte der Dorferneuerung erfolgreich abgeschlossen sind, ist besonders das Interesse an den weiteren möglichen Maßnahmen groß. 

Zurecht, denn schließlich läuft das Projekt schon geraume Zeit, jedoch wurde diese bisher hauptsächlich für die Vorbereitung und die Planungsarbeiten genutzt. Nach einer einjährigen Vorbereitungsphase und einer zweijährigen Konzeptphase startete das Projekt in die fünf- bis fünfzehnjährige Ausführungsphase. Bereits 2015 wurde das langfristige Projekt „Dorferneuerung“ in der Gemeinde Malgersdorf gestartet. Mit einem Seminar wurde der Grundstein, für alles was folgte, gelegt. 2016 bildeten sich die Arbeitskreise, die gemeinsam ein Leitbild erstellten, um die Grundgedanken der Dorferneuerung, die Werte und Potenziale wie auch die Mängel und Defizite zusammenzufassen. 

 

Bürger können Ideen einbringen



Auf Basis dieses Leitbilds wurde dann, nach Bekanntgabe durch die Gemeinde, die Sicht der Bürger gefragt, die ebenfalls ihren Input liefern und sich beteiligen konnten. Im Anschluss begann die Arbeit des Fachplaners, Hans Nicklas von der Architekturschmiede, der die Fachplanung übernahm und seine Expertise als Landschaftsarchitekt floss ebenfalls mit in das Konzept.

Entstanden ist aus all diesen Komponenten der Dorferneuerungsplan für Malgersdorf, ein Schriftstück mit 200 Seiten, das sowohl die Grundlagen der Planung, als auch die konkreten Ideen für die Gemeinde zusammenfasst. Ganz nach dem Motto „Alles kann, nichts muss“ soll dieser Plan aber nicht als umsetzungspflichtig angesehen werden, sondern als Inspiration dienen, wie sich insbesondere der Ortskern, der bisher hauptsächlich vom Straßenbild der ehemaligen B20 geprägt und recht pragmatisch gestaltet ist, positiv weiterentwickeln könnte und wie bereits zur Verfügung stehende öffentliche Flächen noch besser genutzt und gefördert werden können. Die Entscheidung, welche Projekte umgesetzt werden, und in welchem Umfang, bleibt am Ende bei der Vorstandschaft der Teilnehmergemeinschaft und somit auch bei den Bürgerinnen und Bürgern und der Gemeinde. 

 

Dank drei Bächen „das kleine Passau Niederbayerns“



Bürgermeister Franz-Josef Weber freute sich über die rege Teilnahme und das Interesse der Bürger. Er eröffnete den Abend und blickte positiv darauf zurück, was die Gemeinde bisher schon im Sinne der Dorferneuerung erreicht hat: Der erste Teilabschnitt der Haberskirchener Straße ist mittlerweile abgeschlossen und auch die neue Mehrzweckturnhalle mit Fernwärmeheizwerk die angrenzend zur Schule errichtet wurde, ist bereits umgesetzt. Nun freue man sich auf die nächsten Projekte, die die Teilnehmergemeinschaft anhand des neuen Dorfentwicklungsplans auswählen werde. 

Hans Nicklas präsentierte dann den 200-seitigen Dorferneuerungsplan. Die historische Entwicklung der Ortschaft in Bezug auf Straßen, Gebäude und auch Bevölkerung waren im Fokus seiner Recherche und beinhalteten unter anderem die ersten Katasterauszüge, die noch vorliegen aus dem Jahr 1820 wie auch alte Unterlagen der Kirche, in denen der markante Ortskern bereits für die Nachwelt katalogisiert war. Weiterhin ging er auf Bodenbeschaffenheit, Klima, geografische und umwelttechnische Einflüsse sowie die drei Bäche – Embach, Kollbach und Asbach – ein und wie diese natürlichen Gegebenheiten stimmig in das Gesamtbild integriert werden können. Die Gemeinde sieht Nicklas als „ungeschliffenen Edelstein“ und aufgrund der drei Bäche „das kleine Passau Niederbayerns“ mit großem Potenzial.

 

Weg von verkehrsnaher Gestaltung



Das Ziel in Nicklas’ Vision: weg von der dominanten, verkehrsnahen Gestaltung, geprägt durch Bundes- und Kreisstraße, hin zu einem entschleunigten Ortskern, der nicht nur für Fahrzeuge, sondern für alle Verkehrsteilnehmer einladend wirkt und zum Verweilen einlädt. Mehr Gehwege, mehr Barrierefreiheit und Freizeitflächen, nicht nur am Dorfplatz, sondern auch an Stelle des ehemaligen Bräuhauses und des Schulzentrums gehören ebenfalls zum Konzept, für dessen Umsetzung er auch schon konkrete Ideen mitbringt. 

 

Aufwertung das Pausenhofs als möglicher Ansatz



Der aktuell asphaltierte Bräuhausplatz könnte in anderer Form wiederbelebt werden, zum Beispiel mit einer einfachen Installation, die auch für Veranstaltungen genutzt werden könnte, damit das dörfliche „Dreigestirn“ aus Kirche, Wirtshaus und Bräuhaus wieder aktiviert werden kann. 

Die Verkehrsführung, die aktuell durch die geradlinige Straßenführung zur Geschwindigkeitsüberschreitung verführt, soll entschleunigt und modernisiert werden und das nicht nur aus optischen Gründen, sondern auch zur Sicherheit der Malgersdorfer Bevölkerung. 

Ein weiterer Vorschlag im Dorferneuerungsplan ist auch die Aufwertung des Pausenhofs der Grundschule, der für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und mit neuen, modernen Spielgeräten ausgestattet werden könnte. Konkrete Ideen gibt es auch für das Freizeitgelände am Embach, das aktuell mit einem Spielplatz und dem Freibad bereits eine gute Basis für die weitere Gestaltung bietet und für die Bewohner noch attraktiver werden soll. Auch für die Neugestaltung von privaten Wohnhäusern und Gebäuden, die oft mit wenig Aufwand stimmig dem Gesamtbild angepasst werden könnten, gäbe es Ideen. 

 

Mehr Planung statt Einzelheiten zur Grundlage



Nach zwei Stunden kam Nicklas zum Ende seines Vortrags, der nach Stimmen aus der Zuhörerschaft gerne noch etwas mehr und detaillierter auf die Planung hätte eingehen können, statt zu viele Einzelheiten zur Planungsgrundlage zu bieten. 

Die Liste an Ideen ist lang und sicher gäbe es sogar noch mehr, was man umsetzen könnte. Letztlich kommt Nicklas aber zur Krux an der ganzen Planung: Die Kosten für den Maßnahmenkatalog. Mit den aktuellen Fördergeldern zur ländlichen Entwicklung können derzeit nicht einmal die Hälfte aller vorgeschlagenen Projekte umgesetzt werden, weitere Fördergelder sind aktuell noch nicht in Aussicht. Entsprechend bedacht geht auch die Vorstandschaft der Teilnehmergemeinschaft bei der Auswahl der nächsten Schritte vor. 

 

Mehr Unterstützung durch Freistaat gefordert



Laut Bürgermeister Weber startet demnächst der 2. Bauabschnitt in der Haberskirchener Straße. Diese Planungen sind bereits konkret. Ebenso gibt es bereit eine ausgereifte Planung für das Schulzentrum, wenngleich noch kein genauer Ausführungszeitraum bekannt ist. „Unser Ziel ist, immer wieder abzuwägen, wie viel Restbudget uns noch für weitere Projekte zur Verfügung steht“, erklärte Sebastian Moßandl, Projektleiter vom ALE, auf Rückfrage. Es würde nichts bringen, sich in Planungen zu verrennen, nur um dann festzustellen, dass am Ende doch nicht genug Geld da wäre. 

Ein Thema, das auch die Zuhörer in Heilmfurt nicht kaltlässt. „Es ist schade, dass der Freistaat Bayern nicht mehr Geld für seine kleinen Kommunen übrig hat. Es sollte mehr in die kleindörfliche Entwicklung investiert werden. Von Fördergeldern für den ÖPNV oder einer neuen Stammstrecke für München profitieren wir hier im ländlichen Raum nicht“, erklärt Christoph Sperl, Vorstandsmitglied der Teilnehmergemeinschaft seine Frustration. Dem stimmt auch Oktay Kaya zu, der dem Vortrag ebenfalls mit Interesse gelauscht hatte. „Der bayrische Staat will etwas gegen das Sterben der Ortskerne tun, hat dann aber kein Geld für konkrete Projekte übrig.“