Pfarrkirchen
Grüne-Kreistagsfraktion spart nicht mit Kritik an Landkreisspitze

17.01.2023 | Stand 17.09.2023, 5:18 Uhr

Die Kreistagsfraktion der Grünen: (von links) Ludwig Reil, Christine Mautner, Günther Reiser, Eva-Maria Popp, Maria Watzl, Tobias Hanig und Mia Goller. −Foto: red

Bei ihrem Jahresgespräch hat die Fraktion der Grünen im Kreistag noch einmal an die wichtigsten Geschehnisse des vergangenen Jahres erinnert, einen Ausblick für 2023 gegeben und sehr deutliche Kritik am Landrat geübt.

„Das vergangene Jahr war natürlich auch im Landkreis geprägt von dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die Energiekrise hat uns eiskalt erwischt. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren verzockt und uns in eine Gas-Abhängigkeit geritten, die man sich heute nicht mehr erklären kann“, stellte Fraktionsvorsitzender Günther Reiser laut einer Pressemitteilung fest. Mia Goller ergänzte: „Ich bin froh, dass unser Bundesenergieminister Robert Habeck uns gut durch den Winter gebracht und wichtige Weichen für die Energiewende gestellt hat.“

Mehr Schwung aus dem Landratsamt gewünscht

Der wichtige Umbruch finde auf dem Land statt. Deshalb müsse Hubert Aiwanger jetzt nachziehen und endlich den Netzausbau beschleunigen. Rottal-Inn brauche Einspeisepunkte, so Goller. Damit dies gelinge, benötige das Bayernwerk wohl noch mehr Druck. „Es kann nicht sein, dass Investoren von Falkenberg bis Arnstorf oder von Zeilarn bis Altötting graben müssen, um den PV-Strom ans Netz zu bringen.“ Um die Energiewende wirklich umzusetzen, sollte es laut Goller auch Schwung aus dem Landratsamt heraus geben. Nach dem Vorbild des Breitbandausbaus müsse es eine Koordinationsstelle geben, um die Kommunen zu entlasten.

„Es geht um unsere Zukunft, da müssen wir uns als Landkreis dringend um professionelle Konzepte und deren Umsetzung bemühen“, meinte Maria Watzl. Der Klimabeirat sei eine wichtige Einrichtung, doch in den Fachgruppen müssten ausreichend Fachleute vertreten sein. „Gerade in den Bereichen Landwirtschaft und Artenschutz sollte es ausgemachte Experten in den Gruppen geben. Es sollten Aktionen und Projekte entstehen und nicht nur Unterlagen.“ Dass die schriftlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen schnellst möglich veröffentlicht werden sollten, ist für Watzl selbstverständlich: „Wir brauchen in dem Prozess Transparenz für Kreistag und Bürger.“

Auf die Vorbildfunktion des Landkreises ging Eva-Maria Popp ein: „Wir müssen in dem was wir tun mit bestem Beispiel vorangehen.“ Bei der Ernährung habe man so viele Gespräche und Diskussionen hinter sich, damit die Außerhaus-Verpflegung der Einrichtungen auch regional und biologisch versorgt werden kann. „Da ist es einfach nicht klug, beim Weihnachtsessen des Kreistags argentinisches Rindfleisch zu servieren. Ich erwarte, dass die Nachhaltigkeitskriterien, die wir für Ernährung und Verpflegung festgelegt haben, auf allen Ebenen und von allen Verantwortlichen eingehalten werden.“

Regionale Produkte beim Weihnachtsessen statt Steak aus Argentinien

Christine Mautner machte darauf aufmerksam, dass gemeinsame Feierlichkeiten des Kreistags nicht immer in den Städten stattfinden müssten: „Wir haben viele gute Wirtshäuser in den Dörfern und Gemeinden, die regionale Produkte anbieten. Da wäre doch ein bisschen Abwechslung nicht verkehrt.“

Ernährung war auch ein Stichwort für Tobias Hanig, der die fehlende Zusammenarbeit der Aufwandsträger kritisierte. „Gerade als Schulstadt sollten wir kooperieren und nach Synergien suchen. Das Gymnasium hat eine super Mensa, von der auch die Realschule oder die BOS/FOS und die Mittelschule profitieren könnten. Die Eltern können das nicht umsetzen, das ist Aufgabe der Sachaufwandsträger, und diese müssen zusammenhelfen. Das gilt erst recht bei einem gemeinsamen Energiekonzept für das Schulzentrum, das scheinbar, obwohl es pressiert, nicht zu realisieren ist.“

Das geplante Containerdorf für Geflüchtete im Industriegebiet Pfarrkirchens sehen die Grünen kritisch. „Der Landrat hat verkündet, dass die wichtigen Behörden von da aus einfach zu erreichen sind. Ich sehe dort aber nur die Zulassungsstelle. Schulen und Kindergärten befinden sich jedoch am anderen Ende der Stadt“, stellte Goller fest. „Die Menschen und Familien sind auf Hilfe angewiesen. Je größer und zentraler die Unterbringung umso schwieriger die Integration. Die freiwilligen Helfer, auf die sich der Freistaat wohl wieder verlassen wird, tun sich in so großen Komplexen sehr schwer.“

Hanig: „Landrat entscheidet, wie es ihm passt“

Auch Tobias Hanig hätte sich mehr Informationen im Vorfeld gewünscht. „Es gibt in Pfarrkirchen schließlich eine Stadtentwicklung. Das Gremium wurde wie so oft nicht gefragt, wo sich die Unterbringung aus Sicht der Stadt am besten anbietet. Der Landrat schwebt über allem und entscheidet, wie es ihm passt.“

Der Bayerische Streuobstpakt und die Ökomodellregion sind nach Ludwig Reils Meinung prägende Projekte in diesem Jahr. „Ich möchte mich dafür einsetzen, dass regionale Erzeugung von Lebensmitteln einen wichtigen Stellenwert hat und dass konventionelle und biologisch arbeitende Bauern weiter unterstützt werden.“ Gerade in Zeiten des Klimawandels und der vielen Krisen in der Gesellschaft sehe man, wie wichtig die nahe Produktion sei.

Mit einem großen Anliegen beendete Reiser das Jahresgespräch der Grünen: „Ich wünsche mir für 2023, dass der Landrat seine unhaltbaren Vorwürfe gegen unseren Rechnungsprüfer Helmut Niß fallen lässt. Herr Niß geht nach 30 Jahren untadeliger und erfolgreicher Amtsführung in Ruhestand. Ihm unberechtigt Dreck nachzuschmeißen ist eines Landrats unwürdig. Stattdessen müssten die Verdienste hervorgehoben werden. Allein in der Boniaffäre hat Niß dem Landkreis Geld in Millionenhöhe eingespart“, so Reiser, der auch Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses ist.

− red