Am 2. Februar im Scharfrichterhaus Passau
„Wir müssen den Leuten ihre Ängste nehmen“: Kabarettist Matthias Deutschmann über den Umgang mit der AfD

30.01.2024 | Stand 30.01.2024, 5:00 Uhr

Matthias Deutschmann ist „optimistischer als der Zeitgeist“. − Foto: Anja Limbrunner

Was ist zu tun gegen die völkische Tendenzen in der Gesellschaft? Matthias Deutschmann, einer der Ikonen des politischen Kabaretts des Landes in Tradition von Dieter Hildebrandt, Georg Schramm und Sigi Zimmerschied, der am Freitag, 2. Februar, im Passauer Scharfrichterhaus spielt, hat verblüffende Antworten.

Herr Deutschmann, „Mephisto Consulting“ heißt Ihr Programm. In Goethes „Faust“ ist der Teufel die „Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“ – inwiefern trifft das zu?
Matthias Deutschmann: Mephisto ist für mich eine positive Figur: intelligent, sarkastisch, unterhaltsam. Es geht um ein satirisches Spiel mit der Fähigkeit zu analysieren und Sachen auf den Punkt zu bringen – das kann Mephisto sehr gut. Der Kabarettist ist ja wie Mephisto zur Kritik verdammt.

Sie behaupten im Programm, Sie hätten sich in der Pandemie aufs „zweitälteste Gewerbe der Welt“ verlegt, die Beratung. Wen beraten Sie denn?
Deutschmann: Ich trete als Kabarettist auf, der ein zweites Standbein und große Kunden sucht: Ich möchte die Bundeswehr beraten, ich suche Kontakte zur Politik. Ich berate auch Privatpersonen, die sagen: Herr Deutschmann, ist das noch Satire oder darf ich darüber gar nicht lachen? Und ich bin voll in diesen Diskussion drin: Wo sind die Grenzen der Satire, und gibt es rechtes und linkes Kabarett?

Und was meinen Sie: Gibt es rechtes und linkes Kabarett?
Deutschmann: Ich finde es ganz wichtig, die künstlerische Autonomie zu achten. Ich würde jeden an seinem Programm und an seinen Aussagen messen und keine Vorverurteilung treffen. Aber diese alte Vorstellung „Kabarett ist politische Auseinandersetzung von Links“ hat sich geändert: Die Linke ist an der Regierung (wie links auch immer sie nun sein mag). Und natürlich muss ich als Kabarettist auch mit der Ampel-Regierung kritisch umgehen und mit meinen eigenen Enttäuschungen zurechtkommen.

In der Tradition kamen Kabarettisten in der Tat von Links.
Deutschmann: Es gab Leute, die eine persönliche Geschichte hatten: Mattias Beltz hat als Betriebsrat bei Opel gearbeitet, war Jurist und brachte sein Leben mit in die Satire. Bei ganz jungen Leuten habe ich manchmal den Eindruck, man schaut sich um: Wo ist der Markt und was muss ich machen, um da Erfolg zu haben? Auch Georg Schramm hat als Psychologe im Kabarett Fantastisches offenbart über Typen, die er an seiner eigenen Erfahrung entwickelt wurden. Und Sigi Zimmerschied ist das grandioseste Beispiel für dieses Typenkabarett.

Es heißt: Wir müssen die Demokratie verteidigen! Haben Sie eine Idee, was der Bürger tun kann?
Deutschmann: Auf keinen Fall aus Angst heraus den Teufel an die Wand malen! Ich bin optimistischer als der Zeitgeist das erlaubt, ich halte die Angst vor einem rechten Umsturz für übertrieben, ich habe großes Vertrauen in die Institutionen. Wir brauchen Bildung, Lehrer und inhaltliche Auseinandersetzung mit den Leuten von der AfD. Deutschland hat 20 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund, das wird vernachlässigt, das müssen wir gestalten und den Leuten ihre Ängste nehmen. Ich habe keine großen Sympathien für Christian Lindner, aber er trifft den Punkt, wenn er im Bundestag sagt: Lassen Sie uns ein Einwanderungsgesetz machen, um diesen Spuk hier zu beenden.

Raimund Meisenberger


•2.2. Scharfrichterhaus Passau, 20 Uhr. Karten unter 0851/35900