Neuhaus am Inn/Kößlarn
Wie man mit Streuobst Geld verdienen kann

05.04.2024 | Stand 05.04.2024, 12:00 Uhr

So sieht schön sieht es aus, wenn die Streuobstwiese der Familie Stadler in Dommelstadl bei Neuburg am Inn in voller Blüte steht. − Foto: Herrmann

Streuobstwiesen sind ein schöner Anblick und richtige Multitalente, wenn es um den Erhalt der Artenvielfalt geht. Doch verdient ist in der Regel nicht viel damit.

Für einen Doppelzentner Äpfel bekommen Landwirte und Gartler gerade mal 9 Euro. Doch es geht auch anders: Ist eine Obstwiese biozertifiziert, bekommt man im Landkreis Passau derzeit ganze 18 Euro für einen Doppelzentner. Von einer Streuobstwiese spricht man ab fünf Bäumen von Hochstammsorten.

„Die Bio-Zertifizierung muss keine Hürde sein“, sagt Franz Elender, Geschäftsführer vom Landschaftspflegeverband Passau (LPV). Die meisten Streuobstwiesen – auch die der konventionellen Landwirte – seien ohnehin „bio“. Um diesen Umstand zu nutzen, hat sich der LPV schon vor Jahren etwas einfallen lassen: „Eine Bio-Zertifizierung für den eigenen Betrieb kostet in der Regel mehrere Hundert Euro. Hat man nur ein paar Bäume, rentiert sich das nicht“, erklärt Elender. „Stattdessen kann man seine Streuobstwiese über den Landschaftspflegeverband zertifizieren lassen.“

Der Vorteil: Man muss keinen hohen Fixbetrag zahlen, sondern lediglich 2 Euro pro Doppelzentner – und zwar nur, wenn Äpfel abgeliefert werden, und nicht von vorneherein. „Wenn die Bäume gut tragen, rentiert sich das“, sagt Elender aus Erfahrung. Das sei vor allem bei Bäumen der Fall, die älter als zehn Jahre sind. Genaue Auskunft über das Prozedere gibt Eva Weber vom LPV Passau unter ✆0851/379 386 12.

Ernte mit der Obstraupe



Das angelieferte Bio-Streuobst verkauft der LPV im Moment hauptsächlich an die Wolfra. Der Erdinger Safthersteller hat im Landkreis Passau derzeit drei Abgabestellen. Einen Teil des gepressten Bio-Safts will der LPV zusammen der Öko-Modellregion ILE an Rott & Inn unter einem eigenen regionalen Bio-Label vermarkten, unter anderem an Hotels mit gesundheitsorientiertem Angebot und über Direktvermarkter. „Wir planen, mit einer Agentur ein ansprechendes Logo-Design zu entwerfen und mögliche Abnehmer ins Boot zu holen“, erklärt Jenny Mähr, Managerin der Öko-Modellregion an Rott & Inn.

Der Aufwand in der Bio-Zertifizierung halte sich in Grenzen, sagt Elender: „Am Wichtigsten ist, dass ab der Zertifizierung auf den Flächen, auf denen die Obstbäume stehen, nur noch Biopflanzware zum Einsatz kommen darf. Jährlich muss dokumentiert werden, ob und welche Betriebsmittel auf der Fläche eingesetzt wurden. Diese müssen nach den geltenden EU-Bioverordnungen zulässig sein. Beim Anliefern des Bio-Obstes muss ein Warenbegleitschein mitgeführt werden, und das war es auch schon.“

Auch das Ernten will der LPV erleichtern: Gefördert von der Öko-Modellregion an Rott & Inn werden drei Obstraupen angeschafft, bei einem Gartenbauverein in der Region deponiert und zum Verleih bereitgestellt. „Die Geräte sind leicht und handlich, sie passen in jeden Kofferraum, und mit ihnen macht das Auflesen richtig Spaß“, wirbt Elender für das kostenlose Angebot. Für große Streuobstwiesen kann man beim LPV zudem für einen Unkostenbeitrag von 50 Euro pro Stunde eine große Maschine samt Fahrer buchen. Mit ihr können bis zu acht Tonnen aufgelesen werden.

Aktionen, um die Vorzüge von Streuobst bekannt zu machen



Landwirte und Besitzer von Wiesenflächen, die neue Streuobstwiesen anlegen, müssen zwar noch ein paar Jahre warten, bis sie eine große Menge Äpfel ernten können. Doch das Pflanzen junger Hochstammbäume wird vom Kulturlandschaftsprogramm (KULAP), Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) sowie über den Streuobstpakt gut gefördert. Für den Baumschnitt gibt es finanzielle und tatkräftige Hilfe vom LPV. Während der Verband heuer sein 30-jähriges Bestehen feiert, jährt sich im Mai 2024 zum ersten Mal die Anerkennung der Öko-Modellregion an Rott & Inn. Neben Vermarktung von Bio-Apfelsaft sind von Frühjahr bis Herbst noch weitere Aktionen geplant, um die vielen Vorzüge von Streuobst bekannter zu machen.