Wahldrama beim Unterstützungsverein
„Tut was, sonst steht ihr in vier Jahren wieder so da“

„Opfergang“ eines Kandidaten verhindert in Schaibing im letzten Moment mögliche Vereinsauflösung

22.01.2024 | Stand 24.01.2024, 13:52 Uhr
Josef Reischl

Nach mehreren Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit als 2. und 1. Vorsitzende wollten Josef Oberneder (r.) und Ernst Damberger eigentlich in „Ruhestand“ gehen oder bleiben. Nun übernehmen sie gemeinsam wieder Verantwortung und haben so den Unterstützungsverein vor einer möglichen Auflösung gerettet.

Im Oktober 1952 hatten 19 sozial eingestellte Männer und Frauen den Unterstützungsverein Schaibing (Gemeinde Untergriesbach) gegründet. Dank tüchtiger Vorstände wuchs dieser in den 72 Jahren mit nun fast 1800 Mitgliedern zum größten Unterstützungsverein im Landkreis Passau heran. Doch dessen große Geschichte wäre urplötzlich beinahe zu Ende gegangen. Bei der Jahreshauptversammlung war es zu einer noch nie dagewesenen Situation gekommen: In vorangegangenen Gesprächen und auch aus dem Kreis der anwesenden Mitglieder erklärte sich niemand bereit, die Vereinsführung zu übernehmen.

Zwei „altgediente Vereinsstrategen“ ließen sich nochmals in die Pflicht nehmen und retteten so den großen Verein vor der drohenden Auflösung.

2. Vorstand Hubert Altenhofer gedachte im Saal des Gasthauses „Zur Toni“ mit Hilfe einer kleinen Präsentation der 26 verstorbenen Mitglieder. 

Vorstand Josef Oberneder befasste sich dann sehr eingehend mit der Mitgliederstruktur. Mit 26 Sterbefällen (10 Frauen und 16 Männer) und 25 Neuaufnahmen (17 Frauen und 8 Männer) habe der Verein mit Stand 31. Dezember 1782 Mitglieder, davon 850 Männer und 931 Frauen.

Niemand kandidiert: Ratlosigkeit im Saal

Im neuen Jahr habe man schon vier Neuaufnahmen verzeichnen können, mehrere hätten auch schon um das Formular zur Beitrittserklärung gebeten. Das Durchschnittsalter der neu aufgenommenen Frauen sei 59 Jahre, das der Männer 57 Jahre. Bei den Sterbefällen seien es bei den Männern 76 Jahre und bei den Frauen 85 Jahre. Das jüngste Mitglied sei elf Jahre alt, das älteste 98.

Josef Oberneder berichtete über die Aktivitäten. Mit der Fahnensektion sei man bei 22 Beerdigungen, bei kirchlichen Festen, beim Amt der Vereine und beim Volkstrauertag aufgetreten. Glückwünsche habe man zu 24 runden Geburtstagen überbracht und auch an mehreren Festen teilgenommen. Großer Dank gebühre seinem Stellvertreter Hubert Altenhofer, er habe ihm viel Arbeit abgenommen. Ein großes Lob ging an den „Computerfachmann“ Robert Hauer und weiter an die Fahnenträger Sepp Duschl und Hans-Jürgen Scharringer.

Josef Oberneder übernimmt nochmal den Vorsitz

Christian Blaschek referierte über die finanziellen Belange. Die wichtigsten Einnahmen seien die Sterbebeiträge mit 85 789,46 Euro und die Beitragsnachzahlungen für späten Vereinsbeitritt von 1305 Euro. Auf der Ausgabenseite stehen die Sterbegeld- Auszahlungen mit 85725 Euro an erster Stelle. Den Einnahmen von 87551 Euro stehen Ausgaben von insgesamt 89025 Euro gegenüber, was ein Minus von 1474 Euro ergebe. Der Kassier erklärte, die 1782 Mitglieder zahlten bei einem Sterbefall einen Beitrag von je 1,60 Euro, der seit 13 Jahren nicht erhöht worden sei, in Summe 2851,20 Euro. Der Verein überbringe den Hinterbliebenen 2800 Euro Sterbegeld plus 50 Euro für Grabschmuck. Franz Krinninger und Robert Hauer stellten eine gewissenhafte Führung der Geldgeschäfte fest, die Entlastung der Vorstandschaft war dann einstimmig. 3. Bürgermeister Helmut Rischka blickte in die Zeit der Gründung des Vereins zurück. Damals sei es vor allem um die Unterstützung der Familien und auch um Zuwendung und Beistand bei Todesfällen gegangen. Das ständige Wachsen der Mitgliederzahlen bestätige die außerordentlich gute Arbeit aller Vorstände. Der gute Ruf und die Bekanntheit des Unterstützungsvereins Schaibing gingen weit über die Gemeindegrenzen hinaus.

Vorstand Josef Oberneder leitete mit einem persönlichen Rückblick zu den Wahlen über. Er sei 40 Jahre in verschiedenen Funktionen aktiv gewesen, davon sieben Jahre 2. Vorsitzender und nun vier Jahre 1. Vorsitzender. Bei den letzten Wahlen habe er schon angekündigt, 2024 nicht mehr den Vorsitz zu übernehmen. 2. Vorsitzender Hubert Altenhofer fügte an, auch er sei in verschiedenen Funktionen tätig gewesen, davon die letzten vier Jahre als 2. Vorstand. Er stehe definitiv nicht mehr zur Verfügung.

Es seien trotz interner Gespräche im Vorfeld keine Kandidaten gefunden worden, erklärte 3. Bürgermeister und Wahlleiter Helmut Rischka und bat deshalb um Vorschläge aus dem Kreis der Anwesenden. Es wurden durchaus tüchtige Personen genannt, doch alle lehnten aus verschiedenen Gründen ab. Ratlosigkeit im Saal. Helmut Rischka wies darauf hin, dass man bei erfolgloser Wahl in drei Monaten wieder zu einer außerordentlichen Versammlung zusammenkommen müsse. Sei diese wieder ohne Ergebnis, drohe dem Verein die Auflösung. Das heiße: Das Vermögen fließe der Gemeinde für ihren Sozialfonds zu. Es kamen Rufe aus dem Saal: „Macht doch bitte als Vorsitzende weiter. Wir können doch den Verein nicht auflösen.“ 
Helmut Rischka ließ sich die Vereinssatzung geben. Stille im Saal. In dieser Situation fand man auf die Schnelle nicht die entsprechenden klaren Ausführungen. Alle Blicke waren auf Sepp Obern-eder gerichtet, der sichtlich mit sich rang. Dann: „Ich mache noch vier Jahre weiter, um unseren Verein zu retten.“ Beifall. Helmut Rischka bat dann um Vorschläge für das Amt des 2. Vorstandes. Das gleiche Szenario. Nach langem Hin und Her stand Ehrenvorstand Ernst Damberger auf. Er war sieben Jahre überaus erfolgreich der 1. Vorsitzende gewesen, bis schwere Krankheiten ihn vorzeitig zum Aufgeben zwangen: „Ich stelle mich nochmals zur Verfügung, um unseren und irgendwie auch meinen Verein am Leben zu erhalten.“ 

„Nochmal mit einem blauen Auge davongekommen“

Nach Ovationen resümierte Helmut Rischka: „Ihr seid heute nochmal mit einem blauen Auge davongekommen. Tut etwas, sonst steht ihr in vier Jahren wieder genauso da.“

An Sepp Oberneder und Ernst Damberger gerichtet betonte der 3. Bürgermeister: „Euch gebührt großer Dank, meine Hochachtung und Anerkennung für das, was ihr jetzt für die große Solidargemeinschaft getan habt. Hoffentlich erfahrt ihr Unterstützung durch die neu zu wählenden Ausschussmitglieder, dass sie nicht bloß ,sitzen’, sondern auch aktiv was tun.“

Ernst Damberger kehrt als Stellvertreter zurück

Die weiteren Ämter waren schnell und einstimmig zu besetzen. Christian Blaschek übernimmt weiter die Kassenführung. Kassenprüfer bleiben Franz Krinninger und Robert Hauer. Angela Oberneder kandidierte nicht mehr als Schriftführerin, ihr folgt Angela Damberger nach. Für den Vereinsausschuss gab es neun Vorschläge. Gewählt wurden Hubert Altenhofer, Angela Obern-eder, Robert Hauer, Alexandra Blaschek und Christa Kreissl. 

Abschließend wurden noch die Reparatur der Fahne, die Vorgehensweise bei Geburtstagen, die Überprüfung der Satzung und mögliche Beitragserhöhungen angesprochen.