Passau
Spannende Zeiten im Einzelhandel

CMP-Geschäftsführerin Lisa Kandlbinder spricht von „Hab-Acht-Stellung“ – Innenstadt wird zur Gastromeile

12.01.2023 | Stand 12.01.2023, 19:00 Uhr

Freuen sich, dass wieder Leben im ehemaligen Geschäft Perlenwelt am Rindermarkt herrscht: CMP-Geschäftsführerin Lisa Kandlbinder (r.) und Caroline Spreitzer vom Kindergeschäft Kuhlimuu. Ihr Laden befand sich zuvor ein Jahr lang im Untergeschoss in der Stadtgalerie.

Von Elke Fischer

Die größte Neuigkeit vorneweg: Eine Schaufensterfront in bester Lage im Herzen der Fußgängerzone wird schon bald nicht mehr verwaist sein. Im ehemaligen Northland, das im August vergangenen Jahres aus dem stattlichen Gebäude in der Ludwigstraße ausgezogen war, eröffnet Ernsting‘s family. „Los gehen tut‘s im Frühjahr“, hat Lisa Kandlbinder erfahren. „Ich freu mich so, dass dieser prominente Platz bald wieder vergeben ist“, sagt die Geschäftsführerin von City Marketing Passau.

Ein paar weitere Lichtblicke tun sich beim gemeinsamen Rundgang auf. Etwa das Kindergeschäft Kuhlimuu, das ab sofort den Leerstand aus der Perlenwelt am Rindermarkt wettmacht. Geschäftsfrau Caroline Spreitzer hat sich nach einem Jahr im Untergeschoss in der Stadtgalerie dazu entschlossen, ihr Sortiment „in der Stadt unten“ zu präsentieren. Olymp & Hades ist aus dem Nibelungencenter ins Donauquartier in die Bahnhofstraße umgezogen, der Drogeriemarkt Rossmann bereichert jetzt dafür das NiCe. „Das Nibelungencenter hat sich sehr gut entwickelt“, resümiert Kandlbinder, „vor allem durch den Edeka Schwaiberger. Neben dem Rewe haben wir damit jetzt ein gutes Angebot an Lebensmitteln im Zentrum. Und auch drogeriemäßig sind wir gut versorgt.“ Stichwort gutes Angebot: Das erwartet sie sich auch vom neuen Buchner-Haus. Auf den Fensterfronten wirbt Hauseigentümer ehret + klein aus Starnberg schon mit „Frischer Wind am Ludwigsplatz“. Seit das Haus so gut wie leer steht – laut CMP-Informationen sind lediglich Bubble tea und die legendäre Disco Camera noch in Betrieb – haben die Tauben das Gebäude für sich entdeckt und bevölkern es in Scharen. Beim Blick auf die Fassade meint Kandlbinder nicht zuletzt deshalb: „Es ist gut, dass es weggerissen wird. Ich hoffe nur sehr, dass es nach dem Abriss gleich mit dem Aufbau weitergeht und die Eigentümer gute Ankermieter haben. Wenn das Gelände lange brach liegen würde, wäre das katastrophal.“

Die Fachfrau spinnt den Gedanken schon weiter: „An so exponierter Stelle ist die Baustellenbespielung natürlich eine große Herausforderung. Klar, dass eine Baustelle immer brutal und dreckig ist, aber man kann das Ganze auch hübsch und interessant verpacken. Wir werden von City Marketing anbieten, die Baustelle so schön wie möglich mit zu gestalten.“

Ob der Abriss, wie in der Vergangenheit kommuniziert, nach dem Auslaufen der Mietverträge Ende Juni 2023 beginnen wird, konnte gestern nicht in Erfahrung gebracht werden. Trotz mehrmaliger Versuche war der Hauseigentümer nicht für eine Stellungnahme erreichbar. Geplant war, bis 2025 einen Neubau auf dem Areal zu realisieren, hieß es bisher.

Lisa Kandlbinder macht keinen Hehl daraus, dass sie „in diesen Zeiten froh ist um alles, was kommt“. Denn zur Konkurrenz aus dem Onlinehandel bauten sich für den stationären Handel weitere Hürden auf. Neben den teilweise hohen Mieten für Geschäftsräume in der Innenstadt war es zunächst Corona, dann der Krieg in der Ukraine und jetzt die Preissteigerungen und die nicht kalkulierbaren Entwicklungen im Welthandel überhaupt. „Dass alle in Hab-Acht-Stellung sind und sich eine allgemeine Unsicherheit breit macht, wie sich das auf den Handel vor Ort auswirken wird, kann man den Geschäftsleuten nicht verdenken. Keiner weiß, was kommt, deshalb bewundere ich jeden, der jetzt den Mut aufbringt, einen Laden zu eröffnen“, betont Kandlbinder.

Da Textiler seit Jahren ohnehin schon Probleme hätten, sei es kein Wunder, dass sich auch die Passauer Innenstadt immer mehr zur Gastromeile entwickle. „Das ist kein Passauer Phänomen, das kann man überall beobachten“, resümiert Kandlbinder. Dennoch könne man im Vergleich zu anderen mit dem derzeitigen Branchenmix in der Stadt noch zufrieden sein.

Und: Es sind dann doch immer die kleinen Farbtupfer, die ihr ein Lächeln ins Gesicht zaubern, wenn sie durch die Straßen geht. „Hier ein süßes nettes Café, das gerade eröffnet hat, dort ein hübscher Laden. Das macht Mut, macht Passau aus.“

Auch in der Bahnhofstraße wird sich schon bald eine Lücke schließen. Im Dittlmann-Haus in der Bahnhofstraße beispielsweise werden Passanten nicht mehr lange in ein leeres Schaufenster blicken. Ins ehemalige Trachtenzentrum Stockerpoint wird Brillen.de einziehen. „Am Mittwoch wurde im Geschäft bereits ausgemessen“, erzählt Hausherr Andreas Dittlmann. Auch am Eingang der Fußgängerzone im ehemaligen Sneakergroup-Geschäft tut sich was. Den Pop up Store, also temporäre Verkaufsfläche, hat Denk Bike+Outdoor aus der Brunngasse angemietet, weiß Kandlbinder.

Schlendert man in der Ludwigstraße weiter, begegnet einem schräg gegenüber im Haus Nummer 8/9 ein Herr Ludwig. „Eine witzige, tolle Sache“, schwärmt die CMP-Geschäftsführerin, während sich die Glasschiebetür automatisch zur Seite bewegt. Statt Straßenverkauf Novo mit Personal aus Fleisch und Blut serviert nun Herr Ludwig aus dem Automaten auf Knopfdruck Getränke, Nudeln und Soßen aus dem Angebot von Esskultur Forum/Umami Bar.

Auch vor dem Hintergrund, dass es vor allem an den Enden der Seitengassen mehr Lücken zu beklagen gibt und es in Zukunft nicht so einfach sein wird wie früher sie zu schließen (Kandlbinder: „Einer hört auf, der nächste fängt an, das war einmal“) – ein paar Neuigkeiten gibt es auch dort.

So ist in der Brunngasse/Ecke Frauengasse ein Pop-up Second-hand-Laden entstanden. Im ehemaligen Lila, das sich vergrößert und den Laden in der Brunngasse gegenüber übernommen hat, ist ein Tattoo-Studio zu finden. „Bombig“ läuft laut Auskunft der CMP-Geschäftsführerin die Wellness Thai-Massage im Bratfischwinkel. „Da gibt es wochenlange Wartezeiten, haben mir den Nachbarn berichtet.“

In der Grabengasse ist das lange Zeit verwaiste Geschäft der österreichischen Trachtenmarke Gössl unter einer neuer Betreiberin wieder am Start und ‘s Fachl nebenan hat eine neue Fachlmeisterin bekommen.

Lisa Kandlbinder formuliert es so: „Es sind spannende Zeiten.“