Star der Generation Tiktok
Sie sind endlos verliebt: Mayberg im Passauer Zauberberg

23.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:12 Uhr

Seit Monaten war das Konzert ausverkauft: Mayberg beglückt 320 junge Zuschauer im Passauer Zauberberg. −Foto: Lukas Georgi

Ein bisschen Prahlen gehört ja manchmal dazu. „Ich hab die noch gesehen, bevor sie groß wurden. In einem ganz kleinen Schuppen.“ So ungefähr. Dem Autor fällt da spontan das ziemlich wilde Konzert von Wanda anno dunnemals im Passauer Jugendclub Zeughaus ein. Und nun: Mayberg im Zauberberg. Seit Monaten sind die 320 Karten im Passauer Live-Club weg. Nächste Station: Hallentournee.

Dieser Luis Raue, 23 Jahre, wohnhaft in Leipzig, Künstlername Mayberg, ist ein Star der Generation Tiktok. „Wir sind beide 13 Jahre alt / Ich bin endlos verliebt / Ich war noch nie so verliebt“. Mit diesen Schmachtworten wird aus einem bereits recht erfolgreichen Indie-Pop-Sänger schlagartig ein kleines Phänomen. Denn natürlich sind die Zeilen prädestiniert, um vielen, vielen Jugendlichen als Hintergrundmusik für die Präsentation ihrer Selbst auf Tiktok zu dienen. Der Song „Endlos“ geht viral und das Zauberberg-Team registriert erfreut, wie das Konzert des schon länger gebuchten Mayberg im Dezember innerhalb kürzester Zeit ausverkauft wird.

Im jugendlichen Überschwang achten viele Käufer freilich nicht auf die Altersbeschränkung, so dass das Konzert zeitlich nach vorne verschoben wird, um auch den ganz Jungen ihr Idol nicht vorzuenthalten. Um kurz vor 22 Uhr ist Schluss und alle unter 16 stehen brav an, um sich ihre Ausweise wieder abzuholen.

Das Publikum an diesem frühen Abend ist nicht nur jung, also wirklich jung, sondern auch vorwiegend weiblich. Bereits die Vorgruppe wird frenetisch abgefeiert. Kaum eine schaut auf ihr Handy, alle sind schwer begeistert im Moment. Ganz unironisch: Das ist ansteckend und ehrlich berührend.

Herzschmerz, Gefühlschaos, die Unsicherheiten und Zweifel des Erwachsenwerdens – darum geht es in den Mayberg-Songs. Die Texte sind voll von pointierten Alltagsbeobachtungen, so nah dran am Lebensgefühl dieser Generation wie irgend möglich. Der 23-Jährige trägt sie vor mit einer rauen, dunklen Stimme, die an Hennig May oder Faber denken lässt. Musikalisch ist das fein gemachter Pop, erhaben auch über alle abgeklärten Erwachsenen-Zweifel. Mit elegischen Synthesizer-Flächen bekommen gerade einige neuere Mayberg-Stücke einen melancholischen, leicht düsteren 80s Vibe. Beinahe jede Zeile wird von einem 300-köpfigen Chor lauthals mitgesungen, gegen Ende des Konzerts tanzt der ganze Club ausgelassen.

Mayberg selbst wirkt, als könne er diese Liebesbekundungen seiner Fans schwer fassen. Seine Ansagen sind etwas linkisch und verhuscht, dabei jedoch ausnehmend sympathisch. Zumindest einen Hauch jugendlicher Rebellion wünscht man sich dennoch. Stattdessen ist bei Mayberg vieles einfach „mega schön“ (Passau zum Biespiel). Und was soll man sagen – stimmt ja an diesem Zauberberg-Myberg-Abend. Oder wie der Künstler in einem seiner Hits singt: „Das ist der neue Stil meiner Generation / Ja, ich komm‘ nur, wenn es sich lohnt“. Keine Sorge, hat es.

Dominik Schweighofer