Interview-Serie: Bürgermeister Hatzesberger (CSU), Aicha vorm Wald
„Politik soll sich nicht überall einmischen“

22.01.2024 | Stand 22.01.2024, 11:00 Uhr

Bürgermeister Josef Hatzesberger vor der PV-Anlage für das Aichaer Rathaus. Diese wurde jetzt im Januar montiert und wird in Zukunft das Rathaus mit Strom für Eigenverbrauch, Notstromversorgung und Speicher versorgen. Die weiteren gemeindlichen Dachflächen sowie die Kläranlage sollten ebenfalls mit PV-Anlagen ausgestattet werden, was jedoch laut Bürgermeister durch die finanzielle Lage in Frage gestellt wird. − Foto: privat

Zum Jahresbeginn wird traditionell Bilanz gezogen und nach vorne geschaut. Nach ihrem Fazit für 2023 und ihren Zielen für 2024 wurden Bürgermeister aus dem Landkreis Passau befragt. Heute im Gespräch: Georg Hatzesberger, Bürgermeister der Gemeinde Aicha vorm Wald.

Welche großen Projekte stehen im Jahr 2024 in Ihrer Gemeinde an?
Georg Hatzesberger: Ein großes Thema in Aicha vorm Wald wird in den nächsten Jahren die Ortskernsanierung sein. Die Planung ist fertig und wir möchten heuer ausschreiben, damit wir nächstes Jahr loslegen können. Das wird uns die nächsten fünf bis zehn Jahre verstärkt beschäftigen. Für eine kleine Gemeinde ist das nicht ohne, eine umfangreiche Summe und ganz schön schwierig, das zu stemmen. Schwierig zudem für mich als ehrenamtlichen Bürgermeister – ich bin ja vormittags berufstätig und komm‘ meist erst um zwei Uhr ins Rathaus – ist, das alles zu koordinieren.

An weiteren Projekten haben wir ein großes Baugebiet geplant mit 48 Parzellen, rechtlich ist da alles durch. Da könnte eventuell Ende 2024 die Erschließung starten. Außerdem wollen wir unsere sämtlichen Gebäude, falls noch nicht passiert, mit PV-Anlagen ausstatten. Da rechnen wir auch noch mal mit 600000 bis 700000 Euro. Außerdem ist der Vertrag mit der Telekom zum Breitbandausbau unterzeichnet. Das läuft ab heuer bis 2026. Für die rund 1,6 Millionen Euro Kosten dafür haben wir eine Förderzusage von 90 Prozent. Das sind richtig große Maßnahmen. Heuer ist auch ein großer Bereich an Straßensanierungen gelaufen. Wir hoffen, dass am Ende noch ein paar Euro übrigbleiben, dass wir das weiterführen können.

Die Belastungen der Kommunen durch die Kreisumlage steigen. Was ist für Ihre Gemeinde 2024 finanziell dadurch nicht mehr machbar?
Hatzesberger: Vielleicht können wir uns die PV-Anlagen nicht mehr leisten, die wir gerne gemacht hätten, weil es sich ja langfristig auszahlt. Die erste Anlage am Rathaus wird gerade gebaut und ist am Fertigwerden. Was mit den anderen wird, muss man erst mal schauen. Viele Kleinigkeiten für Vereine und Bürgerschaft werden wegfallen, worüber sich die Leute gefreut haben. Die werden wohl als erstes gestrichen, weil es ja keine Pflichtaufgaben sind. Vielleicht kann man auch beim neuen Wohnbaugebiet ansetzen. Aber wir haben derzeit keine einzige Parzelle in der Gemeinde frei, und das sollte schon für die nächsten zehn Jahre reichen. Es kann aber auch durchaus passieren, dass die geplante Ortskernsanierung leidet. Das wäre aber fatal, wenn wir das in Frage stellen, denn da haben wir eine Förderung von 60 Prozent in Aussicht. Aber Pflichtaufgaben sind Kindergarten, Schule, Straßen, Wasser – und auch beim Breitband können wir nicht aus. Da ist der Vertrag schon geschlossen.

Was war die größte Herausforderung für Sie als Bürgermeister im Jahr 2023?
Hatzesberger: Trotz der schwierigen Situation und trotz der ständigen negativen Nachrichten Mut zu verbreiten, positiv nach vorne zu schauen und nicht in das Gejammer mit einstimmen, sondern der Bevölkerung ein Sicherheitsgefühl mitgeben: Das war und ist herausfordernd. Und eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit einzelnen egoistischen Menschen, das kostet viel Zeit, Geld und Geduld und belastet schon sehr, wenn einzelne Menschen so schwierig sind.

Was liegt den Leuten in Ihrer Gemeinde derzeit besonders auf dem Herzen?
Hatzesberger: Am Herzen liegt den Bürgern sicher die Ortskernsanierung. Aber vor allem ist es für die Menschen wichtig, dass sie in Frieden leben können. Der Friede auf der Welt ist derzeit so in Gefahr, wir leben eigentlich weltweit im Krieg...

Wie könnte der Freistaat die Kommunen besser unterstützen?
Hatzesberger: Die Politik sollte sich nicht überall einmischen, sondern die Leute selber machen lassen. Manche Förderungen und Unterstützungen sind zu überdenken. Denn es muss nicht alles gefördert werden. Umgekehrt sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden und die Leute ermuntert werden, wieder 40 Stunden zu arbeiten, und sich das lohnen. Wir brauchen Vollzeitkräfte und nicht nur mehr Büroräume und Ausstattung. Wenn dies wieder mehr gebündelt würde, dann wäre auch Geld für andere Dinge übrig. Wir in Bayern jammern, dass wir in manchen Bereichen so viel an den Bund zahlen, der Freistaat holt es sich vom Bezirk, der vom Landkreis und der wieder von den Gemeinden. Und wir holen es nirgends mehr ab, wir können es ja nicht den Bürgern abnehmen. Wenn wir unsere Krankenhäuser halten wollen, dann müssen wir ja auch unsere Beiträge leisten. Alles kostet mehr.