Passau
Klinikum: „Streik hat uns äußerst gefordert“

23.03.2023 | Stand 17.09.2023, 0:34 Uhr

„Einen Streik in einem Akutkrankenhaus so zu steuern, dass die Patientenversorgung gesichert ist und es zu keiner Gefährdung kommt, ist nicht so einfach“, sagt Prof. Dr. Matthias Wettstein, Ärztlicher Direktor des Klinikums Passau. −Foto: Archiv

In einer ersten Bilanz hat das Klinikum gestern begründet, warum vereinzelt Mitarbeiter aus dem Streik zurückgeholt werden mussten. Die Gewerkschaft Verdi hatte dies am Vortag kritisiert.

„Einen Streik in einem Akutkrankenhaus so zu steuern, dass die Patientenversorgung gesichert ist und es zu keiner Gefährdung kommt, ist nicht so einfach“, sagt Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Matthias Wettstein. Dies betreffe vor allem den hohen Zustrom der Patienten in der Notaufnahme, der nie vorhersehbar ist. „In vielen Abteilungen werden mehr als 80 Prozent der Patienten über die Notaufnahme aufgenommen. Elektive Aufnahmen wurden an den Streiktagen abgesagt, teilweise auch schon an den Vortagen, damit die Mitarbeiter ihr Streikrecht ausüben können“.
Am ersten Streiktag mussten laut Klinikum vereinzelt Mitarbeiter aus dem Streik zurückgeholt werden, damit zum Beispiel eine unvorhergesehene Herz-Notfall-OP durchgeführt werden konnte. „Es ist ärztliche Pflicht, dass unsere Patienten auch an diesen Tagen sicher versorgt werden“, betont Wettstein. Dass ver.di-Gewerkschaftssekretär Josef Ilsanker für die beiden Streiktage die komplette Schließung der neurologischen Station gefordert habe sei für ihn völlig indiskutabel: „Hier werden Menschen mit Schlaganfällen und schweren neurologischen Erkrankungen versorgt. Diese müssen zu jeder Zeit behandelt werden.“
Laut Pflegedirektor Christian Maier hatten sich an beiden Streiktagen rund 600 Beschäftigte aus dem Klinikum beteiligt, der Großteil davon aus der Pflege. „Ich habe grundsätzlich Verständnis für den Streik, schließlich geht es darum, unsere Berufsgruppe zu stärken, allen voran die Arbeitsbedingungen zu verbessern“, sagt Maier. Auch er stellt klar, dass die Notdienstvereinbarung so weit wie möglich eingehalten wurde und einzelne Kollegen nur für dringende Notfälle in den Dienst zurückgeholt werden mussten: „Gerade in Bereichen wie dem OP oder in der Neurologie arbeiten spezialisierte Fachkräfte, diese können nicht auf die Schnelle durch Kollegen aus anderen Abteilungen ersetzt werden.“ Maier ist froh, dass die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Stationen an beiden Tagen gut funktioniert und man sich gegenseitig kollegial geholfen habe. Über die Vorwürfe von Verdi, dass das Klinikum die Notdienstvereinbarung gebrochen habe, ist Maier als Mitglied der Clearingstelle verwundert: „Diese Vorwürfe führen zu Misstrauen innerhalb der Belegschaft. Ich hatte die Gespräche mit dem Personalrat und Herrn Ilsanker nämlich als durchaus lösungsorientiert und einvernehmlich empfunden“.
„Der Streik hat uns als Schwerpunktkrankenhaus äußerst gefordert“, resümiert Werkleiter Stefan Nowack. „Die beiden Tage waren stark frequentiert, allein am Mittwoch landete dreimal der Rettungshubschrauber.“ Die generelle Personalsituation am Klinikum Passau beschreibt Nowack so: „Natürlich haben auch wir mit personellen Engpässen zu kämpfen. Doch im Vergleich zu anderen Häusern wie etwa in den Ballungsräumen stehen wir viel besser da.“ Alleine in den vergangenen drei Jahren seien im Haus rund 160 zusätzliche Stellen besetzt worden, davon 80 im Bereich der Pflege und in der Pflegeschule.

− red