Familientheater
„Frau Holle“ poppig bunt am Landestheater Niederbayern

19.02.2024 | Stand 19.02.2024, 17:00 Uhr
Dorothea Walchshäusl

Die verwöhnte Göre und Frau Holle: Johanna Fehrenbach (links) spielt die spätere Pechmarie, Antonia Reidel ist in der Titelrolle des Grimm-Märchens zu sehen. − Foto: Peter Litvai

„Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere aber hässlich und faul.“ So beginnt mit „Frau Holle“ eines der bekanntesten Märchen überhaupt, dem die Gebrüder Grimm zu Weltruhm verhalfen. Es sind Sätze wie gemeißelt, kein Wort ist zu viel, die Gegensätze sind klar umrissen.



Bis heute ist die Geschichte um die schneetreibende Wolkengestalt überaus beliebt, die Schwarz-Weiß-Töne allerdings sind längst einer bunten und deutlich facettenreicheren Welt gewichen. Diese spiegelt sich denn auch farbenfroh wider in Peter Oberdorfs knallig-frechen Inszenierung der „Frau Holle“ am Landestheater Niederbayern, die am Sonntag im Passauer Stadttheater Premiere gefeiert hat.

Vor pinker Häuserfassade mit neongelber Türe und ebensolcher Mülltonne nimmt das Schwesternspiel seinen Lauf. Während die spätere Pechmarie (herrlich rotzig und tollpatschig zugleich: Johanna Fehrenbach) von ihrer Mutter (Antonia Reidel) nach Strich und Faden verwöhnt wird, muss die Stieftochter (mit kindlichem Charme und Spielgeist: Daja Fuhrmann) schuften und darben. Einzig der Hahn (Paul Behrens) ist ihr Gefährte. Als Marie schließlich die Spule in den Brunnen fällt, zwingt sie die Mutter, ihr nachzuspringen und so landet das liebenswerte Mädchen im zauberhaften Reich der schrulligen Frau Holle (großartig: Antonia Reidel).

Dort trifft sie auf ein knusprig gebackenes Brot (ebenfalls Paul Behrens) und einen sprechenden Apfelbaum (Benedikt Schulz), bevor sie schließlich der Schneegöttin selbst zur Hilfe eilt und dafür später mit Gold überschüttet wird. Die Stiefschwester will es ihr nachtun, allerdings nicht hilfsbereit und dankbar, sondern bockig, geldgierig und motzend. Ihr Lohn ist ein Regen aus Pech und lebenslange Schmach. Eigentlich.

In Passau nämlich kommt zwar auch die Schadenfreude nicht zu kurz, ganz am Ende aber versöhnen sich die drei Frauen, Goldmarie beweist einmal mehr ihr großes Herz, Pechmarie zeigt Einsicht und die Mutter beschwört ihre innere Wandlung, dann wird gemeinsam getanzt auf der Bühne. Diese Leichtfüßigkeit und dieses Augenzwinkern prägen die gesamte Inszenierung. Am deutlichsten wird das in den kreativen Kostümen, dem voluminösen Brotkörper, dem prachtvollen Apfelbaumkörper oder dem wattig ausstaffierten Kleid der Frau Holle sowie im poppigen Bühnenbild (Ausstattung: Katharina Raif) samt Videoeinblendungen. Das Ensemble bewegt sich darin mit ansteckender Spielfreude und spürbarem Spaß an starken Kontrasten. So entlässt das Stück die begeisterten kleinen Zuschauer ohne moralischen Zeigefinger, dafür mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht.

Dorothea Walchshäusl


•Trailer zum Stück im digitalen Feuilleton auf pnp.de/kultur