Eichendorf
Jahresgespräch mit Josef Beham: Er sieht es als seine Pflicht, die Bürger voranzubringen

Haus Anna und das Festival als die großen Themen in 2023

03.01.2024 | Stand 03.01.2024, 5:00 Uhr

Ein Naturkindergarten, die Eröffnung von Haus Anna, einige Brauprojekte und die Feierlichkeiten: Bürgermeister Josef Beham schaut auf viele schöne Momente im vergangenen Jahr zurück. Für das neue Jahr wünscht er sich für sich und die Bürger vor allem Gesundheit und Glück. − Foto: Klee

Was waren die großen Themen in den Gemeinden? Was die größten Aufreger und die schönsten Momente 2023? Was hat die Rathauschefs – abgesehen von Flüchtlingen und Energiekrise – noch beschäftigt? Die Gemeindeoberhäupter des Landkreises lassen das Jahr Revue passieren. Heute zieht Eichendorfs Bürgermeister Josef Beham Bilanz.

Herr Beham, wenn ich an das vergangene Jahr in Eichendorf denke, fallen mir sofort zwei Sachen ein: Haus Anna und das geplatzte „Joyned Sounds Festival“.
Josef Beham: Ja. Haus Anna ist einfach was Tolles. Ich habe mich sehr gefreut, als das seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Die Einweihung war ein superschöner Moment für mich als Bürgermeister, aber ich glaube, auch für die ganze Gemeinde.

Dass die Eichendorfer hinter dem Kinderhospiz stehen, sieht man an der hohen Spendenbereitschaft.
Josef Beham: Genau. Es hat in Eichendorf nie einen Gegenwind gegeben. Die Bevölkerung hat es von Anfang an mitgetragen.

Das „Joyned Sounds Festival“ dagegen bleibt eher negativ in Erinnerung, oder?
Josef Beham: Ja, das war nicht ganz so gelungen. Da waren wir am Anfang alle sehr euphorisch. Es wäre ein ganz tolles Festival in Eichendorf geworden, in einer Größe, die wir so auch noch nie gehabt haben. Wir waren in dem Fall weder Veranstalter noch Ausrichter, wir haben nur in Sachen öffentliche Sicherheit das mitbegleitet. Schade, dass es nicht stattgefunden hat. Der Unternehmer ist Konkurs gegangen. Das ist ein junger Kerl, hat sich da vielleicht ein Stück weit übernommen, hat sich ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt. Aber wenn wir es nicht probiert hätten, dann hätte es auch nicht schiefgehen können. Nicht alles im Leben gelingt hundertprozentig.

Wir haben schon über das Haus Anna gesprochen. Wie ist denn der aktuelle Stand vom Gesundheitszentrum?
Josef Beham: Wir haben noch ein Grundstück, das auf der östlichen Seite liegt. Da gibt es vorne die 19 Wohnungen. Dahinter ist die Wohn-WG, die Monika Lichtinger dann betreiben wird. Und dann kommt das Haus Anna und da ist dazwischen ein Grundstück mit um die 1000 Quadratmeter. Da laufen gerade Gespräche für einen ambulanten Pflegedienst. Das würde da sehr gut reinpassen. Das ist aber noch nicht spruchreif.

Gute ärztliche Versorgung ist wichtig

Beim letzten Jahresabschlussgespräch meinten Sie, dass man auch gerne dort einen weiteren Hausarzt ansiedeln möchte. Ist das immer noch der Fall? Oder ist schon was anderes geplant?
Josef Beham: Das wird noch eine Riesenaufgabe für den Markt. Insgesamt sind da draußen noch gute 4000 Quadratmeter Grund frei. Ob man das alles gleich bebauen muss, ist fraglich. Realistischer ist es, wenn man das Stück für Stück macht. Aber ja, ich tausche mich mit vielen Ärzten aus. Sogar heute habe ich mit einer jungen Ärztin telefoniert. Das ist mir wichtig.

Obwohl das theoretisch keine Aufgabe der Kommune wäre?
Josef Beham: Das liegt im Auge des Betrachters. Theoretisch ist es keine Pflichtaufgabe der Gemeinde. Für mich ist es aber eine Pflichtaufgabe, sobald etwas für den Bürger da ist und den Bürger weiterbringt. Und ich bin schon der Meinung, dass mit der Hausarztversorgung unser Markt lebt oder stirbt. Das bauliche Herstellen ist immer einfach. Zum Schluss muss man das aber mit Leben füllen können, man muss Leute haben, die da arbeiten. Man braucht Ärzte, Physiotherapeuten, vielleicht auch Apotheken.

Neuer Kindergarten auch für Ärzte ein gutes Argument

Da ist vielleicht sogar der geplante Naturkindergarten ein Argument für Eichendorf, könnte ich mir vorstellen. Gerade für junge Fachkräfte ist die Kinderbetreuung ja essenziell.
Josef Beham: Auf alle Fälle, ja. Das ist etwas, was ein Markt mit über 6000 Einwohnern heutzutage bieten muss. Und das kommt auch sehr gut an. Erst neulich hat mir eine Mama gesagt, wie schade es sie findet, dass der Naturkindergarten wahrscheinlich erst 2025 eröffnet wird, weil ihre Kinder dann schon zu groß sind. Aber wir haben ja bereits ganz tolle Kindergärten bei uns. Die sind nur einfach zu klein. Deswegen haben wir auch die Übergangslösung in der Grundschule geschaffen, die übrigens sehr gut angelaufen ist.

Bis auf das Festival hat es sonst keine großen Aufreger gegeben oder? Wenn ich an die Gemeinderatssitzungen denke, wurde höchstens über PV-Anlagen diskutiert.
Josef Beham: Stimmt, wir haben im Gemeinderat eine sehr geschlossene Gruppe. Bei PV-Anlagen haben wir ab und zu ein bisschen geteilte Meinungen, aber ich finde das auch nicht tragisch, genau das ist ja das Gute an einem Marktrat, dass man viele Meinungen hat. Letztendlich brauchen wir aber eine gewisse Stromerzeugung, wir können ja nicht immer alles auf andere abwälzen.

Man achtet auch beim Heizen immer mehr auf die Umwelt.
Josef Beham: Ja. Mit der Hackschnitzelheizung gegenüber des Friedhofs werden zum Beispiel schon die Schule und das AWO-Heim geheizt. Und östlich von Eichendorf Richtung Badersdorf ist dann das große Heizkraftwerk mit drei bis vier Megawatt geplant. Damit kann dann im Prinzip alles, was südlich der Bahnanlage ist, mit Wärme versorgt werden. Ende 2024 will der Bauherr bereits mit den Bauarbeiten beginnen.



Im Landkreis hat es 2023 einige Aufreger gegeben, die die Gemeinden betreffen: Flüchtlinge, Krankenhaus...
Josef Beham: Ja. Im Gegensatz zu anderen Gemeinden sind wir zwecks Flüchtlingszustrom in einer unwahrscheinlich glücklichen und guten Lage. Bei uns sind aktuell 57 in Eichenberg untergebracht, wo sich die Familie Einhellig gut kümmert.

Beim Stichwort Krankenhaus trifft es aber auch Eichendorf mit der erhöhten Kreisumlage.
Josef Beham: Ja, das Krankenhaus kostet uns sehr, sehr viel Geld. Das ist absolut richtig. Ich glaube aber auch, dass wir uns das leisten müssen. Wir wollen ja eine gute Gesundheitsversorgung und dann müssen wir schauen, dass unsere Krankenhäuser auch laufen. Die Kreisumlagepunkte sind um 1,5 Prozent gestiegen. Das bedeutet für den Markt eine Erhöhung von um die 130000 Euro. Das heißt, insgesamt werden wir nächstes Jahr 250000 Euro zahlen müssen.

Das ist Geld, das an anderer Stelle fehlt. Muss man sich heuer auf die „Pflichtaufgaben“ reduzieren, was Investitionen angeht?
Josef Beham: Ja, letztendlich geht uns das Geld ab von der freien Finanzspitze. Das sind Gelder, die uns für andere Projekte dann nicht zur Verfügung stehen. In einer gewissen Art und Weise werden wir uns auf Pflichtsachen konzentrieren müssen.

Wo kann/muss man dann vielleicht einsparen?
Josef Beham: Wir hätten nächstes Jahr zum Beispiel die Baugebiete Hartkirchen, Heimhart, Exing, Prunn und Aufhausen geplant. Also fünf Stück. Das wird man zum Schluss nicht leisten können. Also wir werden auch da noch mal wo was wegzwicken. Aufhausen und Exing haben dann auf alle Fälle Priorität. Den Rest muss man dann eben auf die nächsten Jahre verschieben.

Stimmt, das bietet sich vielleicht an, weil viele sich derzeit das Bauen sowieso nicht unbedingt leisten können.
Josef Beham: Ja, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Privat ist das nichts anderes. Wenn es heuer nicht klappt, dann eben nächstes Jahr. Wobei Investitionen in das Bauland Investitionen für die Zukunft sind. In Gemeinden soll man ja antizyklisch arbeiten, um wieder Anreize zu schaffen.

Wo kann man dann gar nicht sparen? Welche Pflichtaufgabe gibt es?
Josef Beham: Zum Beispiel bei der Wasserversorgung. Der Neubau des Brunnens nächstes Jahr kostet uns eine Million Euro. Aber das ist eine Pflichtaufgabe. Schließlich wollen wir die Wasserversorgung vor Ort erhalten. Da haben wir heuer endlich die Genehmigung bekommen. Die haben wir gebraucht, weil wir Wasser aus der dritten Grundwasserschicht entnehmen. Im Frühjahr wird gebohrt, dann hoffen wir, dass wir auch die richtige Wassermenge kriegen. 15 bis 20 Liter in der Sekunde wären ideal. Und dann muss die Wasserqualität auch passen. Das bringt uns alles nichts, wenn wir dann einen Brunnen haben, von dem wir kein Trinkwasser bekommen.

2023 wurden keine neuen Schulden aufgenommen

Im Haushalt für 2023 hat man mit vier Millionen Euro Neuschulden gerechnet. Hat man die nun aufnehmen müssen?
Josef Beham: Nein, wir sind jetzt bei 2,3 Millionen Euro Schulden. Die haben sich aber über die vergangenen Jahre schon aufgebaut, neue Schulden mussten wir heuer nicht aufnehmen. Manche Gelder verschieben sich einfach auf die nächsten Jahre. Im nächsten Haushaltsjahr wird man aber wahrscheinlich nicht mehr drum rum kommen. Aber wir haben als Markt ja auch eine gewisse Größe, eine gewisse Menge an Schulden können wir also schon tragen.



Was hat sich denn da verschoben?
Josef Beham: Beispielsweise sind wir heuer beim Breitbandausbau schon weiter gekommen als ursprünglich geplant. Vier Millionen Euro haben wir da bisher investiert. Bauabschnitt 1, 2 und 4 sind schon erledigt. Momentan sind wir beim Bauabschnitt 3. Da werden 184 Haushalte angeschlossen, die eine schlechtere Leistung als 30 MBit pro Sekunde haben. Insgesamt wurden dafür im Gemeindegebiet über 70 Kilometer Glasfaser verlegt. Momentan sind wir auch schon am nächsten Förderantrag dran, dass die 104 Haushalte, die direkt an dieser Leitung liegen, auch die Möglichkeit haben, direkt Breitband bis ins Haus zu bekommen. Das kostet die Gemeinde ungefähr 680000 Euro, wobei 90 Prozent gefördert werden. Nächstes Jahr soll der Breitbandausbau dann abgeschlossen werden. Das sind dann insgesamt 2,3 Millionen Euro, die im Haushalt eingeplant werden müssen.

Die Brücken kosten die Gemeinde auch viel Geld.
Josef Beham: Ja, wir haben jetzt heuer die Brücke in Rannersdorf hergerichtet. Den Auftrag für die Brücke in Einstorf wurde an die Deggendorfer Firma Streicher für knapp 600000 Euro vergeben. Die war schon seit 2016 in der Genehmigungsphase. Da wurden immer wieder neue Sachen gefordert wie Bodengutachten. Da brauchte man dann wieder irgendein Ingenieurbüro. Und die Ingenieure haben nicht einfach auf der Straße auf den Auftrag vom Markt Eichendorf gewartet. Da waren uns ein Stück weit die Hände gebunden.

In der jüngsten Kreisausschusssitzung hat auch die Staatsstraße von Eichendorf nach Ettling für Diskussionen gesorgt.
Josef Beham: Ja, die ist halt einfach gefährlich. Und wenn die wirklich erst 2028 saniert werden soll, das ist einfach zu spät, finde ich. Ich habe noch einen Teilvertrag zu machen, dann habe ich meine Grundstücke beieinander. Auch mein Bürgermeisterkollege ist da auf einem ganz guten Weg. Ob es sinnvoll ist, den Teil als Kreisstraße zu degradieren, ist fraglich. Die Staatsstraße ist ja lang, die fängt im Straubinger Bereich an und geht bis ins Rottal. Dann wäre es doch komisch, wenn ein kleiner Teil mittendrin dann auf einmal Kreisstraße wäre. Es stehen noch Verhandlungen mit dem Staat aus, da hoffen wir jetzt einfach auf positive Rückmeldungen.



Wenn die Straße degradiert wird, bedeutet das ja, dass da enorme Kosten auf den Landkreis zukommen oder?
Josef Beham: Die Sanierung kostet vermutlich um die 20 Millionen Euro. Aber das würde dann nicht gesamt der Landkreis tragen, da gibt es dann auch Förderungen und Zuschüsse. Aber wie gesagt, vielleicht bleibt sie ja auch in staatlicher Hand.

Wenn die Straße als so gefährlich eingestuft wird, warum ist dann da der Staat nicht mehr dahinter?
Josef Beham: Die Häufigkeit der Befahrung der Straße ist so gering, dass die momentan bei denen nicht ganz oben auf der Agenda ist. Aber man muss sich ja Gedanken machen: Warum ist die Straße denn so wenig befahren? Das ist nur deswegen, weil die so schlecht ist. Momentan ist es echt so, dass man sich überlegen muss, ob man auf der Straße überhaupt noch 100 Stundenkilometer zulassen kann. Die Notarverträge mit den Grundstücksbesitzern sind bis 2030 gültig. Bis dahin muss definitiv was passieren.

Das Schreibbauer- und das Wimberger-Anwesen sollen nächstes Jahr abgerissen werden. Gibt es schon Pläne, was dort dann hinkommen soll?
Josef Beham: Also wir haben da schon zwei, drei Vorschläge gekriegt, auch von der Städtebauförderung. Bei allen habe ich aber bisher gesagt, dass man das in Eichendorf nicht machen kann. Da war beispielsweise mal von einer Skulptur die Rede, das passt einfach nicht her. Da müssen wir noch schauen, was da hinkommt.

Apropos Skulptur: Da steht doch auch für den Aufhausener Kreisverkehr noch was aus oder?
Josef Beham: Ja, die Venus von Aufhausen. Die kommt, nicht wie vorerst geplant, in die Mitte des Kreisverkehrs, sondern seitlich am Radweg.

Mich hat das tatsächlich erst etwas gewundert. Warum stellt man das auf, wenn doch letztendlich der Landkreis dafür verantwortlich war, dass die echte Venus verloren ging?
Josef Beham: So kann man es natürlich sehen. Ich sehe es aber eher positiv. Es ist ein Verweis darauf, dass so eine wichtige und eine der ältesten Ausgrabungen Niederbayerns bei uns in Aufhausen gefunden wurde.

„Außerordentlich gute“ Jugendarbeit in Eichendorf

In einem Antrag von der Bürgerversammlung wurde gefordert, mehr für die Eichendorfer Jugend zu tun. Wie ist da der Stand?
Josef Beham: Also ich finde, wir haben sogar eine außerordentlich gute Jugendarbeit in der Gemeinde. Wir haben schließlich so viele Vereine hier. Wenn ich da in Eichendorf schaue, wir haben eine Feuerwehr, wir haben Fußball, wir haben Schützenvereine, wir haben eine brutal gute Wasserwacht. Und wir haben ja auch eine Landjugend. Wir sind da echt gut aufgestellt. Deshalb ist das Ehrenamt auch so wichtig. Ich bin da echt dankbar für jeden, der sich da engagiert und seine Zeit opfert. Ich hoffe, dass die auch die nächsten Jahre sich da so reinhängen. Das ist nicht selbstverständlich.

Aber ein Jugendtreff oder ähnliches ist für die nächsten Jahre nicht geplant?
Josef Beham: Da ist das große Problem, dass ich jemanden brauche, der sich dann da kümmert und leitet, die Jugendlichen führt. Aber viele Teenager wollen ja genau das gar nicht. Die, die sich nicht in Vereinen engagieren wollen, gehen auch in keinen Jugendtreff oder ähnliches.

Welche schönen Erlebnisse hat es denn heuer gegeben?
Josef Beham: Eigentlich alle Feierlichkeiten. Parkfest, Dornacher Oktoberfest, Weihnachtsmarkt, obwohl es da wirklich zapfig war. Heuer war das erste Jahr, in dem Corona gar keine Rolle mehr gespielt hat. Auch wenn im vergangenen Jahr schon wieder Veranstaltungen erlaubt waren, die Angst war einfach noch in den Köpfen der Bürgern. Jetzt steht man nicht mehr so weit auseinander und nimmt sich auch mal in den Arm, das ist schön. Also alle gesellschaftlichen Momente waren heuer besonders für mich.

Trotz Beinbruch?
Josef Beham: Trotz Beinverletzung, ja (lacht). Aber da hat man mal wieder gesehen, wie schnell es gehen kann. Zum Glück bin ich auf den Füßen gelandet bei dem Sturz. Das hätte auch anders ausgehen können.

Da war der Marktrat heuer ein bisschen verhext.
Josef Beham: Das stimmt. Ein Unfall, eine Operation, da sieht man wieder, dass Gesundheit einfach das Wichtigste ist. Deshalb wünsche ich auch allen Familien und Bürgern für 2024 Gesundheit und das nötige Glück, das man im Leben braucht.


Interview: Madeleine Klee