Ein dramatischer Appell

Landkreis muss sich auf mehr Grundschüler und mehr Betreuungsplätze einstellen

16.01.2024 | Stand 16.01.2024, 11:07 Uhr

Diese Berechnung lässt jeden Bürgermeister im Landkreis kräftig schlucken. Die Kinder, die betreut werden müssen, steigen je nach Gemeinde ab dem Rechtsanspruch um bis zu 40 Prozent. Auch wenn langfristig die Zahlen dann wieder abnehmen werden, muss dennoch eine unglaubliche Anzahl an Betreuungsplätzen geschaffen werden – und zwar am besten vor dem Schuljahr 26/27. − Foto: LRA

Im Jugendhilfeausschuss des Landkreises am gestrigen Montag wurde deutlich, dass auf die Gemeinden in Sachen Grundschüler und Kinderbetreuung eine „Mammutaufgabe“ wartet. Das war zumindest das Fazit von Landrat Werner Bumeder nach einem Vortrag von Susanne Gruber vom Planungsbüro SAGS, die Zahlen vorlegte.

Demnach ist klar, der Rechtsanspruch ab 2026, dass Grundschulkinder über acht Stunden je Schultag betreut werden müssen, werden den Landkreis und die Gemeinden vor enorme Probleme stellen. Gesteigert werden diese, da dazu auch der komplette Freitag gehört und die Schulferien. Das Angebot braucht nicht kostenfrei zu sein, dennoch müssen die Gemeinden mehr Plätze vorhalten als aktuell – viel mehr.

Auch wenn Susanne Gruber davon ausgeht, dass die Kinder langfristig weniger werden, so werden doch die notwendigen Plätze für alle Altersgruppen mehr werden.

„Ein zeitnahes Handeln der Gemeinden ist dringend geboten“, sagte sie in Sachen Kindertagesbetreuung. SAGS arbeitet schon lange mit dem Landkreis zusammen und erstellt die Bedarfsplanung für die Kindertagesbetreuung mit Hilfe der Zahlen der Bevölkerungsentwicklung. Schwerpunkt waren dieses Mal die schulischen Betreuungsangebote im Hinblick auf den Ganztagsbetreuungsanspruch für Grundschulkinder ab dem Schuljahr 2026/2027.

Planungsgrundlagen waren neben der aktuellen Sozialraumanalyse und Bevölkerungsprognose Befragungen der Eltern, der Einrichtungen und Schulen und der Kommunen.

Ziel der Planung ist die Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung mit Angeboten und Einrichtungen zur Kindertagesbetreuung im Landkreis, so die SAGS-Vertreterin. Dafür soll die Jugendhilfeplanung die Datenbasis bilden. Seit 2012 steigt im Landkreis die Geburtenrate und ist viel höher als im bayernweiten Schnitt. Ob aber die enorme Delle von 2023 einmalig war oder sich ein neuer Trend bildet, sei schwer vorherzusagen. Es gilt auch für unseren Landkreis: Es werden derzeit weniger Kinder geboren als Menschen sterben. Dieser Trend wird sich in den nächsten Jahren verstärken.

Der Landkreis wächst vor allem wegen des Zuzugs. Davon profitierten alle Gemeinden und sie werden bis 2032 laut Prognose um etwa 9000 Bürger weiterwachsen, Eichendorf mit 101,8 Prozent am wenigsten, Landau mit 115,1 und Simbach mit 115,2 Prozent am meisten.

3930 Kinder wurden im Jahr 2022 betreut, im Vergleich zu den 3150 im Jahr 2016. Bei den unter Dreijährigen gibt es einen Anstieg um 70 Prozent.

Im Bereich der unter 3-Jährigen geht die aktuelle Prognose von einem Rückgang der landkreisweiten Zahl der Kinder dieser Altersgruppe erst ab 2031 aus. Aktuell werden 699 der unter Dreijährigen betreut. Diese Statistik führt die Gemeinde Mamming mit 49,3 Prozent der unter Dreijährigen an, die betreut werden, auch Wallersdorf ist mit 43,7 Kinder weit vorne dabei, während Landau (32,2 Prozent), Eichendorf (31,0 Prozent) oder Simbach (21,4 Prozent) diese hohen Quoten nicht erfüllen.

Praktisch alle Kinder im Kindergartenalter (3 bis 5 Jahre), 3045 im Jahr 2022, wurden betreut. Nicht überall waren im Jahr 2022/23 Plätze zu bekommen. Während in kleinen Gemeinden diese Frage bei 75 Prozent mit Ja beantwortet wird, gab es in den Städten Landau und Dingolfing nur bei 18 Prozent die Zustimmung.

Daher ist die Empfehlung des Planungsbüros, auf eine angemessene Gruppengröße, eine entsprechende Qualifizierung des Personals und eine möglichst geringe Personalfluktuation zu achten. Die „Wertschätzung des Arbeitgebers für die Fachkräfte“ sei hier ganz entscheidend.

Aktuell sind etwa 90 Prozent der betreuten Kinder in schulischen Angeboten untergebracht. In der
aktuellen Situation wird sowohl von Seiten der Schulen und der Förderzentren, wie auch von Seiten der Eltern signalisiert, dass die Betreuungsangebote nicht ausreichend sind. Die Schulen konnten
nicht allen anfragenden Eltern ein Platzangebot bieten.

„Die Gemeinden müssen effizienter ihre Ressourcen einsetzen“, ist ein Ratschlag der Expertin, denn: „Die Schulkinder werden gewaltig ansteigen.“ Bei den Kindergartenkindern rechnet sie mit einem Anstieg auf 131,4 Prozent. Aktuell ist die Betreuungsquote bei Grundschülern bereits bei 43,6 Prozent, wenn ein Rechtsanspruch gilt, werde diese Quote steigen. „Wir können nicht warten, es besteht dringender Handlungsbedarf“, zumal man auch in Sachen Inklusion und Integration unbedingt nachbessern müsse.

So dramatisch mag Landrat Bumeder die Situation nicht sehen. Aktuell habe man „eine hervorragende Abdeckung“, fast flächendeckend könne man die notwendigen Betreuungsplätze stellen, dennoch bezeichnet er die Aufgaben, auf die sich die Gemeinden einstellen müssen, als „gewaltig“.