Hospitanz bei Erik ten Hag
Ein Dingolfinger bei Manchester United: Als Trainer hat Matthias Strohmaier noch viel vor

19.07.2023 | Stand 14.09.2023, 11:26 Uhr

Als Mitglied der Manchester United-Familie im Osloer Ullevall-Stadion: Matthias Strohmaier begleitete bei seiner Hospitanz das Team des englischen Rekordmeisters. −Fotos: ms

Der Dingolfinger Matthias Strohmaier hat in seiner Fußballerkarriere schon einiges erlebt. Unter anderem spielte er in der Schweiz, gehörte zum Bundesligakader des FC Augsburg und absolvierte einige Spiele in der Juniorennationalmannschaft. Geprägt haben ihn nicht nur die Vereine, bei denen er unter Vertrag stand, sondern insbesondere zwei Trainer während seiner Zeit beim FC Bayern München.



Mit einem seiner Ex-Trainer, Erik ten Hag, kam es in den vergangenen eineinhalb Wochen zu einem ganz speziellen Wiedersehen, denn der 29-Jährige hospitierte beim englischen Kultclub Manchester United. Über diese einmalige Erfahrung spricht der sympathische Niederbayer im exklusiven Interview mit unserer Zeitung. In seiner Trainerkarriere will der A-Lizenzinhaber in den kommenden Jahren voll durchstarten.

Herr Strohmaier, Sie sind 29 Jahre jung und haben im Fußballgeschäft schon einiges erlebt. Wie hat sich das Business in den vergangenen zehn Jahren verändert?
Matthias Strohmaier: Es ist noch Stück weit professioneller geworden. In jedem Bereich wird versucht, das Optimum herauszuholen. In den vergangenen Jahren werden immer mehr Daten erhoben und auch genutzt. Und zwar bis ins letzte Detail, denn letzten Endes können schon 0,1 Prozent über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Sie haben bei Bayern München II, dem FC Vaduz oder auch in Schweinfurt gespielt. Wieso hat es für die ganz große Karriere, obwohl sie Juniorennationalspieler waren, nicht ganz gereicht? Wird der Faktor Glück manchmal doch ein wenig unterschätzt?
Strohmaier: Allgemein habe ich mir tatsächlich schon des Öfteren die Frage gestellt, wieso es bei mir nicht (ganz) gereicht hat, obwohl ich sehr dankbar bin, dass ich so viel erleben durfte. Ich bin mit 18 Jahren im Bundesligakader gestanden; habe mit Vaduz in der Super League und im Europapokal gespielt und unter herausragenden Trainern wie Pep Guardiola oder Erik ten Hag trainiert. Im Großen und Ganzen fehlte mir eventuell das Mindset, das es in der Ellbogen-Gesellschaft Profifußball braucht. Aber auch daraus konnte ich meine Lehren ziehen und mich in meiner Persönlichkeit weiterentwickeln. So habe ich mittlerweile ein sehr selbstbewusstes und meinungsstarkes Auftreten.

Es scheint, als würden Sie immer den perfekten Plan in der Hosentasche haben. Egal, ob Aufbau der Skillers Academy oder der schnelle Einstieg als Spielertrainer. Spielt in Ihrer Vita auch Papa Walter eine Rolle, der als Topmanager selbst die perfekte Berufskarriere hingelegt hat?
Strohmaier: Ich hatte eigentlich ganz andere Pläne und dann kam Corona. So entstand, aus einer Idee heraus, die Skillers Academy. Die Grundidee war eine Fußballschule, die wir Schritt für Schritt weiterentwickelt haben. Und wir passen immer noch regelmäßig an. Natürlich habe ich mir auch hierzu den Rat von meinem Papa geholt, auf den ich unfassbar stolz bin. Sein Rat ist mir immer wichtig und er hat einfach eine unheimlich gute Expertise. Generell baue ich meine Trainerkarriere tatsächlich nach einen Plan auf, denn nur mit einem guten Plan kommt man letzten Endes an das anvisierte Ziel. Wichtig ist zudem, dass man sich immer wieder selbst hinterfragt und akzeptiert, dass man sein ganzes Leben lang dazulernen muss.

Lassen Sie uns kurz in Ihre Zeit bei Bayern München zurückkehren. Was fällt Ihnen ein, wenn Sie den Namen Korbinian Burger hören?
Strohmaier: In meiner ersten Einheit bei den Profis des FC Bayern München hat Pep mich tatsächlich permanent so genannt. Ich hatte aber zu viel Respekt, um ihn zu korrigieren. Das zeigt mein Mindset von damals sehr gut. Mein Respekt war teilweise zu groß, um mich dort beweisen zu können. Erst nach 30 Minuten und ein paar gelungenen Aktionen im Trainingsspiel fragte er „Tiger“ Gerland, wer ich eigentlich bin. Ab da an nannte er mich, in seinem spanischen Akzent, dann Strohmaier. Generell hatte Pep eine unglaubliche Aura.

Wie groß war die Freude, als Sie die Zusage für eine zehntägige Hospitation bei ten Hag und dem Kultclub Manchester United bekamen?
Strohmaier: Da muss ich weiter ausholen, denn wir stehen schon seit zwei Jahren bezüglich einer Hospitation im Austausch. Erst klappte es nicht, weil er mit Ajax Amsterdam bis ins Champions-League-Halbfinale kam. Danach übernahm ich einen Verein und er Manchester United. Als er dann anrief und Mitte Juli 2023 als Termin verschlug, habe ich dem alles untergeordnet und auch das eine oder andere Angebot für eine Trainerstelle ausgeschlagen. Und ich muss nach diesen zehn Tagen resümieren, dass es sich mehr als rentiert hat. Ich habe in den zehn Tagen so viel gelernt und gesehen. Es war einfach beeindruckend.

Dürfen Sie ins Detail gehen?
Strohmaier: Ich war bei jeder Besprechung und in jedem Training hautnah dabei und habe so mitbekommen, wie ein Spiel oder eine Einheit von A bis Z von Erik und seinem Team vor- und aufbereitet wird. Ich bin Erik für diese Erfahrung unfassbar dankbar. Hier zeigt sich auch, dass er ein ganz toller Mensch ist.

Was haben Sie aus diesen zwei Wochen mitgenommen?
Strohmaier: Es sind so viele Eindrücke, die ich auch erst einmal verarbeiten muss. Eines ist klar: Ich will irgendwann auf diesem Level tätig sein. Das wäre mein Traum und großes Ziel, aber ich habe noch sehr viel Zeit und werde mit Demut die nächsten Schritte in meiner Karriere gehen.

Bei Sky waren Sie zuletzt als Experte für den Jugendfußball ebenfalls gefragt. Was hat der deutsche Fußball seit 2014 falsch gemacht?
Strohmaier: Bastian Schweinsteiger hat es einmal richtig gesagt. Er meinte, dass Pep Guardiola den deutschen Fußball verändert habe. Es wurde der Fokus auf Ballbesitz und das Passspiel gelegt. Jeder Trainer eiferte ihm nach. Das ist durchaus legitim, aber leider haben wir gleichzeitig alle wichtigen Tugenden verloren. Jeder hatte Respekt vor den typischen deutschen Eigenschaften wie Kampf, Teamgeist, Leidenschaft und Wille. Da haben wir jetzt ein kleines Problem und das ist sicherlich auch nur schwer in den Griff zu bekommen, wie man in den letzten Spielen gesehen hat.

Andersrum: Wieso sind Länder wie Spanien, Frankreich oder England gefühlt eine Klasse besser?
Strohmaier: Weil sie sich weiter auf ihre Stärken besinnen und diese konsequent weiter ausbauen. Spanien steht für Ballbesitz; Frankreich und England für ein schnelles Umschaltspiel. Wir dagegen rennen oftmals jedem Trend hinterher und vergessen dabei unsere Stärken. Wir müssen wieder unseren eigenen Weg finden.

Hier kommen wir zurück zu Ihrer Skillers Academy. Müssen echte Straßenkicker, Künstler wie Mario Basler oder Mehmet Scholl, die auch Ecken und Kanten haben, wieder gesucht werden?
Strohmaier: Da haben Sie recht. Es gibt momentan nur einen Spieler, der konsequent und auch frech die Eins gegen Eins-Situationen sucht und das ist Jamal Musiala. Wir brauchen wieder Baslers und Scholls, die diese hundertprozentige Siegermentalität haben und es ist doch so: Wer eine Eins gegen Eins-Situation auf dem Fußballfeld für sich entscheidet, der hat sich auf dem Platz einen Vorteil verschafft. Dahin müssen wir wieder kommen.

Momentan sind Sie als Trainer ohne Verein. Was müsste ein Verein Ihnen anbieten, damit Sie sofort zusagen?
Strohmaier: Es muss die Perspektive des Vereins mit meinem Plan übereinstimmen. Ich habe jetzt als Co-Trainer in der Regionalliga und für zwei Clubs als Cheftrainer in der Bayernliga gearbeitet. Jetzt müssen weitere kleine Schritte folgen und jeder Schritt muss natürlich auch wohlüberlegt sein. Denn eines ist klar: Durch die Hospitation ist meine Motivation noch weiter angestiegen und ich will irgendwann auf dem absoluten Top-Level arbeiten. Dafür werde ich alles tun.


Interview: Andy Forster