Gansch, Paul, Fuchsberger und Hornek
Stadlkang.Zeitreise in Buchet: Therapie für Schlager-Fans wider Willen

11.04.2024 | Stand 11.04.2024, 18:00 Uhr
Josefine Eichwald

Alle drei Monate wiederholen, empfahl Thomas Gansch (3.v.l.) dem Publikum in Sachen „Schlagertherapie“. Dank seines Outfits sorgte er auch optisch für Hingucker, ebenso wie Leonhard Paul (r.), Sebastian Fuchsberger (2.v.l.) und Michael Hornek am Piano. − Foto: Eichwald

Nein, soweit ist es nicht gekommen, dass die rund 120 Zuhörer nach zwei Stunden zu Fans von Helene Fischer mutierten und „Atemlos“ sangen, wie es Thomas Gstettenbauer eingangs prophezeit hatte. Im Gegenteil: Die Schlagerkönigin und ihre aktuellen Kollegen mussten bei den Stadlklängen draußen bleiben, ebenso wie die Politik, wie Trompeter Thomas Gansch vorgab.

Im Programm „Schlagertherapie“ bekommt diese eine ambivalente Bedeutung: Einige Schlager der 1960er bis 1980er Jahre wurden „therapiert“ und vorwitzig aufgehübscht. Teilweise mit verballhornten Texten versehen, wurden sie zum liebenswerten, amüsanten Favorit. Dabei halfen Gansch der Pseudo-Professor Leonhard Paul (Posaune, Trompete, Flöte, Gesang) der vermeintliche „DDr.“ Sebastian Fuchsberger, als „Krawattentenor“ vorgestellt (Gesang, Posaune), und Michael Hornek am Piano. Gansch zelebrierte mit diesem Trio eine Vielzahl an Varianten, die er in „Energieschlager“, „Testschlager“, „Pferde- und Cowboyschlager“ oder „Schlager mit blödem Text“ unterteilte. Schon diese Kategorisierung sorgte für Schmunzeln, z.B. beim Erik-Silvester-Titel „Zucker im Kaffee … Pfeffer im Salat“ von 1969 – auch in der Rubrik „Schlager zum Mitsingen“. Oder besser zum Mitdenken: „Wenn einer schlecht singt, könnte man sich das Mitsingen denken“, flachste Gansch. Dabei kam er nach Schmachtfetzen wie Caterina Valentes Song „Steig in das Traumboot der Liebe“ auch auf „tagesaktuelle Schlager“ zu sprechen, wie den für den insolventen Unternehmer René Benko – von Freddy Quinn schon vor Jahrzehnten geschrieben: „Als er kam war er ein Fremder“ und er glaubte nicht daran, „dass ein Mensch der viel verloren, wieder neu beginnen kann“. Von viel Schluchzen begleitet waren die Zeilen „für die Signa, die er liebte, baute er in Wien ein Haus. Doch die Zinsen stiegen höher, nahmen all sein Hab und Gut, seine unerfüllten Träume, die versanken in der Flut.“

Den Charme des Abends machten nicht nur die Zwischen-Plaudereien und die pfiffig modifizierten Songtexte aus, vor allem die expressiven Klänge von Gansch und den „Kollegen vom Gebläse“ garantierten immer wieder Aufhorch-Momente. Fuchsberger ist ein fantastischer Sänger, was er u.a. mit „I muaß im frühern Lebn eine Reblaus gwesen sein“ , bekannt von Hans Moser, oder mit Peter Alexanders „Sag mir quando“ – auch mit gegebenem theatralischen Gestus – unter Beweis stellte.

Er wolle „das Wichtigste zusammenfassen: in kleinen Gruppen in der Pause das Erlebte zusammenfassen“, gab Gansch dem Publikum therapiemäßig augenzwinkernd mit auf den Weg. Herzensbrecher Julio Iglesias habe 10000 Frauen gehabt und das sind nur die offiziellen Zahlen, feixte er. Und er habe Lieder auf Deutsch gesungen ohne die Sprache zu verstehen, zollte Gansch dem Troubadour angemessen Tribut.

Für akustische und optische Kurzweil sorgte Leonhard Paul, der verzweifelt mit einer Flöte hantierte und sie letzten Endes auf dem Boden schmiss, wobei angesichts von Schock- und Gestalttherapie ein „Winterschlager“ zum Zuge kam. Die Zuhörer waren aufgefordert, mit einem Schlüsselbund das Geräusch eines Schlittens zu imitieren, „Volle Konzentration“, befahl Gansch, als es darum ging den Takt einzuüben und zwar mithilfe eines Textes, der nur zu denken wäre: „Ich bin ein Kind, ein deppertes, in meinem Hirn da scheppert es.“

Der gefällige Abend endete mit viel Beifall, „Wunderbar ist die Welt“ und einem inbrünstigen Gedanken an „Fernando, Alfredo und Jose“ , wie sie Wanda Jackson 1965 in „Santo Domingo“ besungen hat.