Reisbach
Sepp Steinberger überraschend gestorben: 40 Jahre lang war er Bürgermeister

Trotz Krankheiten kam der Tod am Mittwoch überraschend

13.10.2022 | Stand 19.09.2023, 4:38 Uhr
Monika Bergbauer

Sepp Steinberger auf seinem Bulldog. Über Jahrzehnte hat er nicht nur Reisbach geprägt. −Foto: Archiv mb

Jeder, der Sepp Steinberger kannte, wusste um den desolaten Gesundheitszustand des Alt-Bürgermeisters, der sich kontinuierlich verschlechterte. Nun verließen ihn seine Kräfte am Mittwochabend.



Mit ihm verliert der Markt einen "großen Reisbacher." Nicht nur für Reisbach hat er viel bewirkt, er war für den Landkreis und darüber hinaus als engagierter Politiker bekannt. Beispielhaft war der Einsatz des Ehrenbürgers für "seine" Heimat über die Jahrzehnte. Bei all seinem politischen Wirken auf verschiedenen Ebenen blieb der CSU-Politiker doch auch Privatmann, einer, der die Geselligkeit und den Stammtisch-Diskurs liebte und pflegte.

Wenige Tage nach einem Routineeingriff verstarb er nun doch überraschend. Eine Nachricht, die schnell ihre Kreise zog und nicht nur in der Kommune große Bestürzung auslöste. Der Trauergottesdienst findet am Dienstag um 10 Uhr in der St.-Michaels-Kirche statt. Sepp Steinberger wurde 79 Jahre alt. Vier Kinder, sechs Enkelkinder, seine Theresa und weitere Familienangehörige trauern um ihn.

Er hat das Arbeiten richtig gelernt

Geradlinig und streitbar, so lernten viele Sepp Steinberger als Politiker, vornehmlich ersten Bürgermeister des Marktes Reisbach kennen. Vom Privatmann Sepp Steinberger ist eher weniger bekannt. Dabei hat er einen durchaus bewegten Lebensweg beschritten, beginnend am 14. August 1943.

Wie die meisten Menschen dieser Jahrgänge prägte ihn die entbehrungsreiche und harte Kindheit, hineingeboren in den Zweiten Weltkrieg, aufgewachsen in der Zeit danach. Den Vater lernte er nie kennen, nachdem er von der Front nicht mehr nach Hause kam. Seine Mutter Therese war ihm zeitlebens ein Vorbild. Ab 1953 war er Ministrant in der Pfarrkirche St. Michael und lebte bis zuletzt seinen Glauben. Jede zweite Woche ging er zu Fuß vor dem Schulunterricht die eineinhalb Kilometer in die Pfarrkirche.

Die unterrichtsfreie Zeit wurde unter anderem verbracht, um daheim dazuzuhelfen. Bereits ab 1955 war er neben der Schule als Milchfahrer unterwegs. Zunächst zog er mit dem Fahrrad den Einachs-Hänger, ehe er mit 14 Jahren die Führerscheinprüfung Klasse vier ablegte. Ein Freudentag war ihm der Erwerb des nagelneuen Schlüters im Jahr 1954, mit dem er viel Arbeit verrichtete. Mittlerweile ein Oldtimer, der von ihm noch bis vor einigen Jahren sehr gerne gefahren wurde.

Die Arbeit auf dem Hof und auf Fremdbetrieben in Hötzendorf, Obermünchsdorf und Sommershausen, sowie die Waldarbeit im Winter prägten den Alltag. Drei Winter war er beim "Eisnern" bei der Brauerei Lang. Im November 1960 wechselte er dann zur Ziegelei Girnghuber in Marklkofen, in die er erst mit dem Moped und ab 1962 mit dem eigenen Auto fuhr. Dort übernahm der nach kurzer Zeit die Arbeit im Brennofen, bei bis zu 90 Grad und sehr viel Staub.

Als 21-jähriger bewarb er sich erfolgreich am Flurbereinigungsamt Landau um eine Anstellung. Immer wieder betonte Sepp Steinberger, dass die folgenden zehn Jahre die schönsten in seinem Leben waren. Zum Fleiß kam auch das Glück, denn im zweiten Jahr seiner Tätigkeit ermöglichte ihm eine neue Verordnung vom Landwirtschaftsministerium, die Prüfung zum Flurbereinigungstechniker ohne Lehre abzulegen. Sepp Steinberger war einer der besten Absolventen in Bayern und wurde in den Mittleren Dienst übernommen.

1974 folgte eine große Wende. Bereits seit 1972 im ersten Marktgemeinderat nach der Gebietsreform kam der damalige Bürgermeister Jakob Stünzer auf ihn zu und sah in ihm den geeigneten Nachfolger. Sepp Steinberger trat ohne Gegenkandidaten an, was sich auch sechs weitere Male wiederholte. Letztlich wirkte er 40 Jahre als erster Mann der Großgemeinde Reisbach.

Mitglied in ganzvielen Vereinen

Unzähligen Vereinen war er treues Mitglied, mittlerweile oftmals Ehrenmitglied. Den Einstieg ins öffentliche Leben fand er 1959 beim Heimat- und Trachtenverein Reisbach, wo er auch ein Jahr den Vorsitz innehatte. 1961 trat er der Freiwilligen Feuerwehr Markt Reisbach bei, die ihn 1969 zum Ersten Kommandanten wählte.

Sein politischer Werdegang startete im März 1962 mit dem Beitritt zur Jungen Union. Ab 1965 war er JU-Vorsitzender und Mitglied der Kreisvorstandschaft der Jungen Union und durchaus ein Streitbarer.

Er hatte viele Ämter inne und erhielt viele Auszeichnungen. Einige Meilensteine seien stellvertretend erwähnt. So allen voran die Verleihung des Bayerischen Verdienstordens, die ihm 2015 zuteil wurde. Er war 42 Jahre Mitglied des Kreistages, davon 18 Jahre Vorsitzender der CSU-Fraktion und Junge Bürger, über 30 Jahre Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags Kreisverband Dingolfing-Landau und von 1998 bis 2014 Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags Bezirksverband Niederbayern.

Der Verstorbene war von der Gründung des Abfallwirtschaftsverbands Isar-Inn Mitglied der Vorstandschaft sowie auch ab Gründung des Müllabfuhrzweckverbands Südostbayern Mitglied der Vorstandschaft. Er war 22 Jahre Vorsitzender des Zweckverbandes Wasserversorgung Mittlere Vils und 23 Jahre Vorsitzender des Abwasserzweckverbandes Mittlere Vils. Auch war er maßgeblich beteiligt bei der Gründung der Arbeitsgemeinschaft Fremdenverkehr Niederbayern südlich der Donau und vertrat dort als einziger in den 80er-Jahren den Landkreis Dingolfing-Landau.

"Ehrenbürger" für ihn die wichtigste Auszeichnung

Für eine Reihe von Auszeichnungen seien die Verleihung des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2000 sowie die Kommunale Verdienstmedaille in Silber des Bayerischen Staatsministeriums des Innern 2005 genannt. Für ihn persönlich die bedeutungsvollste Ehrung war die Ernennung zum Ehrenbürger des Marktes Reisbach vom Marktgemeinderat im Jahr 2014.