Plattling
Verlorenes Mandat: SPD-Ortsverein gibt sich selbstkritisch

25.06.2020 | Stand 18.09.2023, 4:38 Uhr

"Wir hätten mit dem Wahlkampf früher beginnen und öfter Prospekte verteilen müssen", sagt SPD-Urgestein Georg Weiß. −Foto: Häusler/Archiv

"Wir müssen ehrlich sein, wir haben manches versäumt." Dies sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Georg Weiß in der ersten Monatsversammlung des Plattlinger Ortsvereins nach dem Shutdown am Dienstagabend, als er die Ergebnisse der Kommunalwahlen 2020 analysierte. 15 Mitglieder waren froh über den Gedankenaustausch im Stammlokal Alexander. Das Internet bot laut SPD zwar die Möglichkeit, die Mitgliederversammlungen über Bildtelefonie durchzuführen und so den Kontakt aufrechtzuerhalten. Doch dieses Medium könne den direkten Kontakt nun mal nicht ersetzen.

Weiß betonte außerdem: "Die für eine Bürgermeister-Neuwahl enttäuschend niedrige Wahlbeteiligung und die erstmalige Teilnahme der Bayernpartei an den Kommunalwahlen in Plattling hatten gewiss einen Anteil." Zur Selbstkritik: Die SPD habe "den Rückzug der beliebten Stadträtin Bärbel Vollkommer-Würfl durch die weniger bekannten Kandidatinnen leider nicht wettmachen können und ihr Mandat verloren". Fraktion und Vorstandschaft hätten damit gerechnet, dass die SPD zwei Mandate verlieren könnte, wenn neben Bayernpartei auch noch die AfD eine Liste aufgestellt hätte. "Dies ist zum Glück nicht gekommen."

Stephan Bieber habe sich als Bürgermeisterkandidat vorbildlich eingesetzt und laut Weiß sehr gutes persönliches Ergebnis erzielt. Die vergleichsweise zurückhaltende Wahlkampf-Taktik hat nach Ansicht des erfahrenen Wahlkämpfers Weiß am Verlust des einen Mandats Anteil. "Wir hätten mit dem Wahlkampf früher beginnen und öfter Prospekte verteilen müssen." Das Internet habe offensichtlich den Zeitungen an Bedeutung genommen, die massive Werbung der Freien Wähler über Internet und zahllose Plakaten habe ihnen zwar nicht den erhofften Erfolg, aber immerhin ein Mandat mehr eingebracht. "Obwohl die FW nun zwei Frauen in ihrer Fraktion haben, ist die Zahl der Stadträtinnen leider wieder gesunken", bedauerte Weiß.

Dem massiven Materialeinsatz von CSU und FW gegenüber sei bei der Bayernpartei der Einsatz von Werbemitteln sehr bescheiden und themenarm gewesen. Die beiden neuen Stadträte Roland Unholzer und Oliver Leipold hätten jedoch über ihre persönliche Bekanntheit als ehemalige langjährige Vereinsvorsitzende und über ihre aktive Vereinsarbeit und ihren Einsatz bei öffentlichen Veranstaltungen ihre Mandate gewonnen. "Sie versichern, keine zweite CSU sein zu wollen, das nehmen wir gerne zur Kenntnis und freuen uns, wenn es so wird", schloss Weiß seine Wahlanalyse.

Befragt über das Verhalten des neuen Bürgermeisters sind sich die Stadträte Georg Weiß, Reinhold Gems und Herbert Petrilak-Weissfeld einig, dass Hans Schmalhofer sich umgänglich und kooperativ gesinnt verhalte. "Auch wenn wir nicht mit einigen Sichtweisen des neuen Bürgermeisters übereinstimmen, so muss man ihm seine bisherig Haltung zugute halten. Zudem ist es so, dass ihm wie eine Schonfrist von 100 Tagen zusteht, wie jedem anderen ersten Bürgermeister bisher auch. Die Fraktion freut sich auf den Neubeginn und wird diesen wohlwollend begleiten", ergänzte der Fraktionsvorsitzende.

"Leider erweisen sich die hohen staatlichen Zuschüsse allmählich zum süßen Gift für die kommunalen Kassen", leitete Ortsvorsitzender Petrilak-Weissfeld auf die aktuelle Haushaltslage und die Gründe der deutlich sinkenden Höhe der Rücklagen auf nur noch zwei bis drei Millionen Euro in 2021 hin. "Wir haben in den letzten Jahren im Stadtrat gemeinsam neben erforderlichen Pflichtaufgaben auch etliche Projekte zur Verschönerung und Hebung des Erlebniswertes unserer Stadt beschlossen – mit der Folge, dass der neue Stadtrat in diesem Bereich wohl nichts mehr leisten kann." Mit der Renovierung des Stadtplatzes zum Beispiel werde es auf lange Zeit nichts werden. "Denn die Schulden, die wir bereits für Pflichtaufgaben, wie die Sanierung der Mittelschule, aufnehmen müssen, können wir nicht beliebig ausweiten", warnte Petrilak-Weissfeld. Weiß zeigte sich anderer Ansicht, denn aufgrund der überaus günstigen Finanzierung zu Negativzinsen sind für ihn neue Schulden kein Problem. "Für die Sanierung der Deggendorfer Straße bin ich jederzeit bereit, neuen Schulden zuzustimmen und sehe die Problematik insgesamt anders. Denn die meisten Gemeinden im Landkreis fahren gut – auch mit bestehenden Schulden. Solange diese überschaubar bleiben, sehe ich kein Problem."

Der Abend klang aus mit der Sammlung von Ideen zu Aktivitäten außerhalb vereinsinterner Veranstaltungen. Die Erkenntnis: Diese müssten weitgehend im Freien stattfinden, um bestehende Corona-Regeln einhalten zu können. Konkret bleiben zwei Vorhaben übrig: Die turnusgemäßen Neuwahlen der Vorstandschaft und Beisitzer im Juli und ein internes Grillfest am Plattlinger Wasserturm.

− pz