Girls’ Day an den EDV-Schulen in Plattling
Mehr Mädchen für die Informatik

Schülerinnen lernen Hard- und Software kennen

27.04.2023 | Stand 16.09.2023, 22:59 Uhr

Ins Innere blicken: Sophia Hüttner (l.) und Kiara Ernst von der Nardini-Realschule Mallersdorf nehmen einen „Uralt-Prozessor“ auseinander. −Foto: Bauer

Frauen an den Rechner! Beim Girls’ Day am Donnerstag dürfen Mädchen an den EDV-Schulen reichlich Computerraumluft schnuppern. Das Ziel: das Informatikpatriarchat beenden, mehr Frauen für Nullen und Einsen begeistern. Denn vielen Büros der Branche verleiht allein das Motherboard eine weibliche Note.

133 Schüler und 13 Schülerinnen: „Ein Missstand“

„Ein Missstand“, findet Schulleiter Prof. Dr. Martin Griebl. „Ich glaube, das Problem ist allen klar. Wir brauchen mehr Mädchen in der Informatik.“ Die Zahlen sprechen für sich: An seiner Schule lernen 146 Schüler, 133 Buben und 13 Mädchen. Frauenanteil: magere neun Prozent. „Das ist schon sehr wenig“, meint Heidi Schauer-Köckeis, Lehrerin für Programmierung und Betriebswirtschaftslehre. Sie hat den Girls’ Day organisiert, als Teil einer bundesweiten Kampagne, die seit 20 Jahren das Problembewusstsein schärfen will. „Es gibt noch viel zu tun. Computing is too important to be left to men“, zitiert Schauer-Köckeis die britische Informatikerin Karen Spärck Jones.

Heuer haben sich 34 Acht- und Neuntklässlerinnen aus fünf Schulen für den Girls’ Day angemeldet, teils von weither. Neben der Realschule Osterhofen und dem Comenius-Gymnasium Deggendorf Schülerinnen aus Siegenburg, Kelheim und Mallersdorf-Pfaffenberg. Dass letztere regelmäßig nach Plattling kommen, ist das Verdienst von Patrizia Bogdanow, Schülerin der elften Klasse und „Sonderbeauftragte“ für den Girls’ Day. „Ich war die erste Mallersdorferin, die das gemacht hat. Jetzt schaut jährliche eine Klasse vorbei“, sagt die Schülerin. Dabei hätte es auch anders kommen können: Vor ihrem Ausbildungsstart riet ihr ein Berufsberater von der Informatik ab. Zeitverschwendung, Programmieren sei Männersache, hieß es.

Schulleiter: „Kein Geschlecht ist schlauer als das andere“

Ein Klischee, das noch immer tief in den Köpfen sitzt. Mädchen mögen’s sozial, Buben technisch. Die einen geborene Krankenschwestern, die anderen Ingenieure oder IT-ler. „Völliger Quatsch“, sagt Schauer-Köckeis. Alles erzogen, alles erlogen. Schulleiter Griebl ergänzt: „Kein Geschlecht ist schlauer als das andere. Im Denken besteht absolut kein Unterschied, nur in der Einschätzung.“ Dort setzt der Girls’ Day an.

Station 1, PC-Werkstatt: Betriebssystem-Lehrer Winfried Fichtl leitet die Mädchen an, die Hardware „auseinanderzunehmen“, einen Rechner in seine Bestandteile zu zerlegen. „Das traut sich kaum noch jemand heute. Aber die Scheu zu verlieren, kann Wunder wirken“, sagt Fichtl. Computerkomponenten kennenlernen, vom Mainboard bis zur Grafikkarte – das sorge für manchen „Wow-Effekt“.

Tobias Perl leitet die zweite Station, die „Handy-App-Programmierung“. Dort lernen die Mädchen, wie sie den MIT-App-Inventor nutzen, um einfache Programme fürs Smartphone zu schreiben. Das „Hundespiel“ zum Beispiel: eine Art Tamagotchi, mit dem der Nutzer einen virtuellen Golden Retriever füttern, streicheln oder zum Bellen bringen kann. „Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Man könnte da noch sehr viel dazuentwickeln“, so Perl.

„Grandiose Berufsaussichten“ und „sehr ordentliche Bezahlung“

Die Gestaltungsmöglichkeiten machen die Informatik zum „Beruf der Zukunft“, wie Schauer-Köckeis betont. „Überall steckt sie drin, in jeder Branche.“ Die Vorsilben reichten von der Geo-, über die Bio- bis zur Thermoinformatik. Die Berufsaussichten seien „grandios“, die Bezahlung „sehr ordentlich“.

Wer sich für die Ausbildung zum Fachinformatiker entscheidet, solle jedoch eines beachten: „Englischkenntnisse sind unerlässlich“, so Schauer-Köckeis. Bluetooth, Blackbox, BIOS, Buffern – das Glossar der Informatik besteht großteils aus englischen Begriffen, die Befehle „if“, „do“ oder „not“ fehlen in keiner gängigen Programmiersprache. Mathematische Vorbildung ist dagegen weniger gefragt. „Da fängt man hübsch bei Null an“, erklärt Bogdanow. Wichtiger sei logisches Denken, „Muster sehen, wo Muster sind“.

Unübersehbar ist am Donnerstag der Ehrgeiz der Mädchen, an den Stationen Erfolg zu haben. Sie basteln, tippen und grübeln wie die Berufscomputler. Am Ende ziehen sie ein einhelliges Fazit: Frau und EDV? Klingt doch gut.